Davide
neugierig. Ihr Verhältnis war doch gerade erst
zehn Tage alt!
„Weil
es psychologisch verständlich ist. Sie hatten ja schon immer eine Laus im Pelz
oder einen Feind hinter den Linien, oder wie du das nennen willst! Ich war eben
von Anfang an das bevorzugte Ziel solcher Projektionen!“
„Wie
meinst du das?“
„Naja,
als ich bei Masino anfing, war ich schon fast neunundzwanzig. Und natürlich
bekam ich den Job nur, weil ich Ernestos Geliebte war …“
„Du
warst was ?!“ Davide hoffte, er hatte sich verhört.
„Ich
war gar nichts, aber natürlich dachten das alle. Ich war eigentlich zu alt für
den Job, ich wurde nie ersetzt, ich war irgendwie ein Paradiesvogel – dafür
konnte es schließlich in ihren Augen nur eine Erklärung geben, nämlich
die, dass ich mit dem Boss ins Bett ging. Es war nicht deswegen, weil ich meine
Arbeit machte, ohne launisch zu sein, weil das Marketing festgestellt hatte,
dass ich mich gut verkaufen ließ, nein! Es war nur das Bett.“
„Warum
hast du das nie richtig gestellt? Abgesehen davon, dass ich von diesem Gerücht
nie gehört habe!“
Wieder
zögerte sie mit der Antwort.
„Ernesto
ist fast über Nacht ein alter Mann geworden, nachdem seine Frau gestorben war
und er tat mir leid. Ich habe ihn ja nicht allzu oft zu Gesicht bekommen, aber
diese wenigen Male hatte ich irgendwie fast das Gefühl, als ob ihm die Gerüchte
schmeichelten. Also habe ich es auf sich beruhen lassen. Und man soll die
Lästermäuler ja bekanntlich nicht auch noch dadurch bestätigen, dass man sie
ernst genug nimmt, ihnen zu widersprechen! Nur dass mich jetzt der Neue nahtlos
vom Alten übernommen hat, das war zuviel für die meisten!“ Sie lächelte ein
wenig schief und machte während ihres letzten Satzes mit den Fingern zwei
Anführungszeichen in die Luft, um allen Missverständnissen vorzubeugen. „Ich
brauche das ja nur noch bis Jahresende durchzustehen, dazwischen hab ich noch
ein paar Tage Urlaub und ich habe inzwischen ja auch ein dickes Fell. Wird
schon noch irgendwie gehen. Und dann sehe ich weiter.“
Davide
war sprachlos. Wie hatte er nur so unsensibel sein und ihre Situation so falsch
einschätzen können! Eins war klar, er musste unbedingt die Sache mit
Paltrinieri vorantreiben, so konnte das mit Emma und ihrem Job in seiner Firma
nicht weitergehen!
Sie
fuhr schließlich nach einem Augenblick des Schweigens fort.
„Jetzt
weißt du, wie gut wir befreundet sind, alle miteinander! Deine liebe Simonetta
hat mich übrigens auch vor dir gewarnt! Ich solle mir nichts
erhoffen, du wärst ein – wie hat sie dich doch gleich genannt?“ Sie überlegte
kurz. „Ach ja, für sie bist du ein Vielfraß. So, jetzt weißt du’s. Sind wir
jetzt quitt mit ihren Geschichten?“
„Sind
wir“, er atmete tief durch.
Es
kam ihm nicht in den Sinn, sich seinerseits über den Kommentar der Visagistin
gegenüber Emma aufzuregen. Das war er gewohnt. Und er hielt es auch nicht für
nötig, Emma gegenüber irgendetwas klarzustellen, sie würde schon wissen, woran
sie war.
„Na
schön. Was hast du nun vor? Willst du hier bleiben?“
„Lässt
du mich denn?“ Sein Lächeln war so charmant wie nur möglich, denn ihr war heute
Abend wohl alles zuzutrauen, auch dass sie es fertig brachte, ihn
wegzuschicken!
Sie
zuckte die Achseln, doch immerhin lächelte sie dabei.
„Ja,
von mir aus bleib. Falls du den Käfig erträgst und schön brav bist!“
„Solange
ich nicht auf der Couch schlafen muss!“
Davide
ließ sie tatsächlich in Ruhe an diesem Abend. Sie wunderte sich zwar darüber,
nahm jedoch mit Erleichterung zur Kenntnis, dass er den Wink verstanden und
akzeptiert hatte. Er schickte sie sogar früher zu Bett, um ihr einen Vorsprung
zu geben, und legte sich erst später leise und behutsam zu ihr, als sie schon
tief und fest eingeschlafen war.
Mitten
in der Nacht erwachte sie, ohne sich dessen bewusst zu sein, was sie geweckt
hatte. Einen Moment lag sie ruhig und lauschte. An ihrem Nacken konnte sie den
sanften Hauch von Davides leisen, regelmäßigen Atemzügen spüren. Er lag mit der
Brust an ihren Rücken geschmiegt, hatte seinen Arm um ihre Taille und das
Gesicht an ihr Haar gelegt und schien zu schlafen. Dachte sie zuerst. Die spürbare
Erektion an ihrem Gesäß stand dazu allerdings in einem deutlichen Widerspruch.
Unwillkürlich
musste sie schmunzeln. Wie rücksichtsvoll von ihm! Sich nicht zu bewegen, um
sie nicht zu stören, musste ihm in dieser Situation mächtig schwer
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