Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
Vom Netzwerk:
um, und das Licht im Schlafzimmer ging plötzlich an. Harrington saß im Bett. Er sah zerzaust aus und hatte verquollene Augen.
    »Was machst du denn da draußen?«
    »Ich konnte nicht schlafen«, sagte sie. Sie ging ins Zimmer zurück und drückte die Zigarette in dem blechernen Aschenbecher aus. »Ich wollte dich nicht wecken, deshalb bin ich auf den Balkon hinausgegangen. Es ist eine herrliche Nacht. Ich sah ein Schiff hereinkommen.«
    »So?« Er stand auf und zog sich den Pyjama zurecht. »Schauen wir uns das einmal an.« Er trat auf den Balkon hinaus.
    »Ein Schiff für Kreuzfahrten«, sagte er. Er kam wieder herein und zog die Vorhänge zu. Er suchte nach den Zigaretten und betätigte sein Feuerzeug mehrmals, bis es brannte. Er sah sie an und zog an der Zigarette.
    »Weißt du, was ich glaube?« Davina schüttelte den Kopf. »Ich glaube, das wird unser Fluchtweg sein.«
    »Das Schiff?«
    »Ja, ich hatte eben so ein Gefühl, als ich es hereinkommen sah … genau zum richtigen Zeitpunkt.« Er ging wieder zum Fenster und schaute hinaus.
    »Auf dem Landweg würden sie nie hinauskommen«, sagte er leise. Es klang, als führe er ein Selbstgespräch. »Auch nicht mit allen ihren Papieren. Es bliebe nicht genug Zeit, bevor der Alarm losgeht … Es muß das Meer sein.«
    Er drehte sich zu Davina um. »Über das Meer in die Türkei und dann auf dem Luftweg nach England. Mit Hilfe der NATO. Das muß es sein. Warum haben sie uns nichts davon gesagt?« Er drehte sich wieder zum Fenster um und zog an der Zigarette, bis sie rot aufglimmte. »Warum habe ich nicht schon früher daran gedacht?«
    »Spielt das jetzt noch eine Rolle?« fragte Davina. »Der Gedanke scheint dich zu beunruhigen … gewiß, es ist bestimmt sicherer, als zu versuchen, sie auf dem Landweg herauszuholen.«
    Sie sah ihn stirnrunzelnd an. Sein Körper war vor innerer Spannung versteift, er lehnte sich gegen den Fensterrahmen, und die glühende Zigarette bebte in seiner zitternden Hand. »Sie würden sie nie auf dem Landwege hinausbringen«. … Sie war es gewohnt, Nuancen wahrzunehmen. Acht Monate mit Sasonow hatten ihre Instinkte geschärft. Gewiß, wir würden sie nicht hinausbringen … Aber er hatte gesagt: »sie«, als ob er von der anderen Seite spräche. Sie verspürte so etwas wie einen inneren Alarm. Es war ihm nur so herausgerutscht, und man brauchte es vielleicht nicht so ernst zu nehmen. Er hatte in den letzten Tagen wieder zu trinken angefangen; das bereitete ihr größere Sorgen. Es zeigte, daß sich die Belastung auf ihn auswirkte. Und er mußte völlig nüchtern und handlungsfähig sein für die kommenden Ereignisse. Wenn er recht hatte und ihre Flucht über See vorgesehen war … Sie trat ans Fenster und stellte sich neben ihn. Von dem Schiff war nichts mehr zu erblicken. Den Hafen konnten sie von ihrem Balkon aus nicht sehen. Zu ihrer Überraschung legte er ihr den Arm um die Schulter und zog sie an sich.
    »Für solche Sachen werde ich allmählich zu alt«, sagte er. »Du bist ein tapferes Mädchen, Davy, wie wäre es, wenn du mir etwas heimatlichen Trost spenden würdest?«
    Davina löste sich aus seinem Arm. »Nein«, sagte sie. »Bestimmt nicht. Fang bitte nicht wieder damit an, Peter.«
    »Warum nicht?« fragte er. »So unansehnlich bin ich doch schließlich auch nicht, oder? Ich habe jetzt zehn Tage im selben Bett mit dir geschlafen, und ich bin sehr brav gewesen. Das kannst du nicht leugnen.«
    »Ich leugne es auch gar nicht«, sagte sie ruhig. »Aber ich liebe dich nicht, und ich schlafe auch nicht mit dir. Warum legen wir uns nicht noch ein paar Stunden hin?«
    Er warf seine Zigarette durch das offene Fenster. Die Glut zeichnete einen hellroten Bogen in die Dunkelheit.
    »Würdest du mir glauben«, sagte er langsam, »wenn ich dir sage, ich sei in dich verliebt? Würdest du dich dann anders verhalten?« Die Haare standen ihm wirr vom Kopf ab. In dem grellen elektrischen Licht sah er müde und abgespannt aus. Er blieb am Frisiertisch stehen und nahm den noch warmen Stummel ihrer Zigarette aus dem Aschenbecher. Er sah ihn an und ließ ihn auf den Boden fallen. Davina trat zu ihm und schob ihre Hand unter seinen Arm.
    »Du bist nicht in mich verliebt«, sagte sie dann. »Ich bin einfach nur hier, das ist alles. Uns bleiben noch weniger als vierundzwanzig Stunden, hoffentlich behältst du recht, und dieses Schiff bringt uns fort. Warum gehst du nicht wieder hinein und schläfst noch ein paar Stunden? Es ist kurz vor

Weitere Kostenlose Bücher