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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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bisher noch nie nackt vorgestellt. Sie setzten sich in dem kleinen Lokal an einen Ecktisch, und er bestellte für sie einen Wodka-Martini und für sich selbst Whisky. Der Kellner brachte eine Schüssel mit Oliven; sie nahm eine und lachte.
    »Wie gefällt Ihnen denn das Leben auf dem Land?« fragte er.
    »Ausgezeichnet«, antwortete sie.
    »Es scheint Ihnen zu liegen«, meinte er. »Ich weiß, daß Sie über Ihre Arbeit nicht sprechen können, deshalb will ich Ihnen die tiefsten Geheimnisse der Personalabteilung erzählen.«
    »Erzählen Sie mir lieber von New York«, sagte sie. »Ist Spencer-Barr schon abgereist?«
    »Nein, noch nicht. Erst in etwa vierzehn Tagen. Er rief mich an und lud mich zum Lunch ein. Er wollte etwas über meine Kontakte hören.«
    »Sind Sie hingegangen?«
    »Ja, ich habe die Einladung angenommen. Ich habe das Teuerste bestellt, was es auf der Speisekarte gab, habe mir einen angetrunken und dem Saukerl nur Belanglosigkeiten erzählt. Er hat das natürlich gemerkt, konnte aber nichts sagen. Er zahlte die Rechnung und verschwand. Ich ging leicht schwankend ins Büro zurück und schlief über dem Anfangsbuchstaben B in der Kartei ein.«
    »Warum bei B?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Ich habe wohl versucht, ihm auf die Spur zu kommen – in der Hoffnung, sein Name sei Barrikow oder so ähnlich. Jedenfalls wird er mit meinem Rumänen nicht viel Freude haben. Wenn er ihm mit der gestelzten Redeweise kommt, rennt ihm Gregory Vitescu davon. Dann sind drei Jahre harter Arbeit vertan … Der Ostdeutsche wird eventuell mitmachen. Er will Geld und hat vielleicht Vertrauen zu dem Typ. Ich persönlich hoffe aber, daß er bei beiden eine Bauchlandung macht.« Er kippte seinen Drink fast mit einem Zug hinunter. »Ich habe noch nie jemanden gehasst. Aber ihn hasse ich. Ich frage mich nur – warum eigentlich?«
    »Weil er ein eingebildeter, rücksichtsloser kleiner Streber ist«, sagte Davina. »Und Sie haben mir erzählt, daß er Sie einfach beiseite gedrängt hat, um den Posten zu bekommen. Das ist Grund genug.«
    »Ja, Sie mögen recht haben«, meinte er mit leiser Stimme. »Und trotzdem ist das, glaube ich, nicht alles. Ich bin schon früher solchen Scheißern begegnet; es gibt sie in unserem Dienst wie überall. Schieben einen beiseite, als ob man Luft wäre. Schön, ich war wütend über die Art und Weise, wie man mich abberief. Ich war empört, von irgendeinem dahergelaufenen jungen Schnösel verdrängt zu werden, der die Früchte meiner harten Arbeit einheimsen wird. Aber von alldem abgesehen, habe ich bei ihm ein ganz ungutes Gefühl: Ich glaube, er ist gemeiner und skrupelloser als irgend jemand, der mir je begegnet ist. Und er ist noch jung, Davina – fünfzehn Jahre jünger als ich. Ich sollte eigentlich fähig sein, mit ihm Schlitten zu fahren.«
    »Ich fragte mich, was er von Ihnen hält«, sagte sie, »unterschätzen Sie sich nicht, Peter, Sie können ein ganz schöner Dickkopf sein.«
    »Er verachtet mich«, antwortete Harrington. »Er hat mich verachtet, weil ich zu viel trank und weil ich mir anmerken ließ, daß mir die Geschichte was ausmacht, als wir zusammen zu Mittag aßen. Er verachtet mich, weil ich versucht habe, ihm alle Informationen vorzuenthalten, die ihm hätten nützlich sein können. Er wußte genau, was los war. Ich habe Ihnen ja erzählt, daß er mir draußen vor dem verdammten Restaurant einfach den Rücken kehrte und wegging.«
    »Sie dürfen sich das nicht so nahe gehen lassen«, sagte sie nachdenklich. »Er geht nach drüben, und wenn er Ihre beiden Kontakte verliert, wird ihn der Brigadier dafür zur Rechenschaft ziehen. Denken Sie nicht soviel an ihn, Peter. Warum genießen Sie das Leben nicht ein bißchen, jetzt, wo Sie mehr Zeit haben? Ich erinnere mich, daß Sie sich immer darüber beklagt haben, nicht zum Kricket gehen zu können, daß Sie gerne geheiratet hätten – aber wer würde sich schon mit einem solchen Leben abfinden – und so weiter. Gegen den Strom zu schwimmen, wird Ihnen nicht helfen. Arbeiten Sie in der Personalabteilung, nehmen Sie's auf die leichte Schulter, und warten Sie ruhig ab, bis dieser kleine Miesling auf die Nase fällt. Dann gehen Sie zum Chef und erinnern ihn sanft an Ihren alten Job.«
    Er lächelte und ergriff ihre Hand. Er hielt sie fest, bis sie sie ihm entzog.
    »Sie sind eine großartige Frau, Davy. Und Sie haben natürlich vollkommen recht. Ich befinde mich auf dem Abstellgleis, und je stärker ich meine

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