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Days of Blood and Starlight

Days of Blood and Starlight

Titel: Days of Blood and Starlight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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Lügen dafür gesorgt, dass sie isoliert und allein blieb. Akiva – ihr Feind – hatte ihr das Turibulum gebracht, das ihr vielleicht … vielleicht … Brimstone zurückgeben würde.
    Würde es?
    Karou öffnete das Gefäß. Eine halbe Sekunde verstrich. Die Seele berührte ihre Sinne.
    Und dann wusste sie es.

Die Macht des Imperators
    Ein nackter Fuß mit hohem Spann. Goldreifen um den schlanken Knöchel.
    Nevo wollte nicht hinschauen, aber als das Mädchen durch die Tür trat, zog die leise Musik der Goldreifen seine Aufmerksamkeit auf sich, und so sah er für einen kurzen Moment, was er nicht sehen sollte, bevor er den Blick hastig auf den Boden senkte.
    Die Konkubine dieser Nacht, die den Harem verließ, um sich über die Himmelsbrücke ins Allerheiligste des Imperators bringen zu lassen. Wie üblich trug sie ein langes, unförmiges Gewand, das selbst ihre Flügel bedeckte, ihr Gesicht war unter einer Kapuze verborgen, und man hätte sie kaum als Frau erkannt, wenn die nackten Füße nicht gewesen wären. Mehr sah Nevo nie von den Konkubinen des Imperators, und er hatte nicht damit gerechnet, welche Wirkung der Anblick diesmal auf ihn haben würde.
    Sofort wollte er ihr helfen.
    Ihr helfen, was zu tun? Fliehen? Ein lächerlicher Gedanke. Es war seine Pflicht sicherzustellen, dass sie genau das nicht tat. Er war Teil der Silberschwert-Eskorte, die nur darauf wartete, Jorams Konkubine zum Turm der Eroberung zu bringen. Sie waren zu sechst, schon fast eine Parade. Es war verrückt: sechs Wachen, um ein Mädchen über eine Brücke zu führen.
    Ein Mädchen – keine Frau? Nevo hätte nicht sagen können, warum er das dachte – es konnte wohl kaum an ihrem Fuß liegen –, aber er schätzte, dass sie jung war. Und dann zögerte sie.
    Als die Türen des Harems sich hinter ihr schlossen, blieb sie wie angewurzelt stehen.
    Nevo konnte ihre fieberhafte Energie durch all die hauchdünnen Stoffschichten spüren. Er sah, wie ihr Schleier unter ihrem raschen Atem erbebte und wie sie am ganzen Körper zitterte – nicht vor Kälte, sondern vor Angst. Es musste das erste Mal sein, dass sie diesen Weg ging.
    Der Gedanke ging ihm durch Mark und Bein.
    Er hatte mehrmals in der Woche »Paradendienst«, wie sie die Eskorte nannten, und wusste inzwischen, dass man viel an der Haltung einer Frau ablesen konnte, selbst wenn sie derartig verhüllt war. Daran, ob ihre Schritte langsam und ruhig waren oder schnell und hektisch, ob sie den Kopf hocherhoben trug oder sich ruhelos umblickte und durch ihren Schleier auf die Welt außerhalb ihres Gefängnisses spähte. Nevo hatte schon einiges gesehen – oder zu sehen geglaubt: Müdigkeit und Resignation, Stolz, Niedergeschlagenheit … aber er hatte bisher noch nie gesehen, dass ein Mädchen erstarrte, und er spannte sich an, weil er befürchtete, sie würde versuchen wegzulaufen.
    Die Himmelsbrücke war ein schmaler Glasbogen, der sich hoch über die Stadt spannte, und manchmal beschlossen die Frauen, lieber zu springen, als sich darüberführen zu lassen. Unter den schweren Mänteln waren ihre Flügel bewegungsunfähig, und so war Fallen gleichbedeutend mit dem Tod – oder zumindest dem Versuch zu sterben. Einer der Wachmänner würde ihr hinterherspringen – wenn er sie einfing, würde sie bestraft, wenn er sie nicht einfing, würde er bestraft.
    Es war beides schon passiert, wenn auch nicht in seiner Zeit hier. Nevo war erst zwanzig; er hatte sein silbernes Schwert seit zwei Jahren und war vor gerade mal zwei Monaten in die persönliche Einsatztruppe des Imperators befördert worden. Er hatte keine Ahnung, was er in so einer Situation tun sollte.
    Die anderen Gardisten standen reglos da, und keiner sagte etwas. Sie warteten einfach, also wartete Nevo auch, obwohl die unerklärliche Nervosität in seinem Inneren mit jeder Sekunde, die verstrich, weiter anwuchs. Und dann setzte das Mädchen sich endlich in Bewegung, langsam, zögerlich, und in diesem Moment wurde ihm plötzlich etwas klar. Er hatte gedacht, die Sechs-Mann-Parade wäre lächerlich: Damit auch bestimmt niemandem entging, wie mächtig der Imperator war, wie viele Frauen er hatte und wie viele Bastarde er zeugte, wurden sechs Wachmänner, von denen jeder mit seinem extravaganten Helmschmuck über zwei Meter aufragte, nur zu dem Zweck eingesetzt, aller Augen auf das Spektakel zu ziehen.
    Aber vielleicht steckte doch mehr dahinter. Denn in diesem Moment hätte Nevo nicht schwören können, dass er, wenn er das Mädchen

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