Days of Blood and Starlight
Wirklichkeit?
Als die Nacht hereinbrach, wurde es ihr klar.
Sirithar
Akiva folgte Byon durch die letzten Flügeltüren. Eine Duftwolke und ein Schwall feuchter Luft begrüßten sie, Dampfschwaden verschleierten Akiva die Sicht, als er die Schwelle überschritt, und er hörte die Stimme seines Vaters, bevor er ihn sah.
»Ah, Lord Bastard, was verschafft uns die Ehre Eures Besuchs?« Es war eine mächtige Stimme, gestählt auf den Schlachtfeldern der Vergangenheit, wo sie den Monstern den Tod verheißen hatte. Was immer inzwischen aus ihm geworden war – früher war Joram ein Krieger gewesen.
Und so sah er auch aus. Akiva verneigte sich, und als er sich wieder aufrichtete, verzog sich der Dunst, und er bemerkte, dass sie sich in einem Bad befanden und dass Joram nackt war. Der Imperator stand auf den dampfenden Fliesen, rüstig und stabil, die Haut gerötet von der Hitze, umgeben von einer kleinen Dienerarmee, die offenbar nötig war, um seine königliche Person zu reinigen. Ein Bade-Mädchen kippte ihm gerade einen Krug Wasser über den Kopf, und er schloss die Augen. Ein anderes Mädchen kniete vor ihm und wusch ihn mit einer Seife, deren Schaum so dick war wie Schlagsahne.
Akiva hatte sich viele Szenarien für diese Begegnung ausgemalt, doch in keiner davon war sein Vater nackt gewesen. Er hat keinen Verdacht , dachte er. Wenn er misstrauisch wäre, würde er mir angezogen und bewaffnet gegenübertreten. »Imperator, Euer Majestät«, sagte er, »die Ehre ist ganz meinerseits.«
» Unsere Ehre, eure Ehre«, meinte Joram affektiert. »Was sollen wir bloß mit so viel Ehre anfangen?«
»Wir könnten sie am Westtor aufhängen«, meldete sich eine andere Stimme zu Wort, und Akiva musste das narbige Gesicht nicht sehen, um zu wissen, wem sie gehörte. Auf einer gefliesten Bank, so ungezwungen, wie allein er es in der Gegenwart des Imperators wagte, saß Jael. Wie praktisch, denn natürlich konnte Jael genauso wenig am Leben bleiben wie Joram. Zum Glück war er vollständig bekleidet. »Schade, dass es am Galgen keinen Platz mehr gibt«, fuhr er ironisch klagend fort, und ein leises Lachen stieg von den anderen Badbesuchern auf. Akiva ließ den Blick rasch und prüfend über die Gesichter gleiten. Niemand war so entspannt wie Jael, aber alle schienen locker genug, als wären diese Ratsversammlungen im Bad nichts Besonderes.
Joram rang seinem grausamen Gesicht ein Lächeln ab. »Am Galgen lässt sich immer Platz schaffen«, meinte er.
War das eine Drohung? Akiva glaubte es eher nicht, denn Joram sah ihn nicht einmal an. Stattdessen schloss er wieder die Augen und legte den Kopf in den Nacken, um sich von der Dienerin einen weiteren Schwall Wasser darübergießen zu lassen. Danach schüttelte er heftig den Kopf, und das Wasser spritzte in die Gegend. Namais und Misorias, die wie immer ganz in der Nähe standen, blinzelten, rührten ansonsten aber keinen Muskel. Von Jorams Leibwächtern – zwei Brüder – sagte man, dass sie tödliche Krieger waren. Für Akiva stellten sie die erste Hürde dar, die es zu überwinden galt. Auch Silberschwerter waren anwesend, jeweils zwei Paare an gegenüberliegenden Wänden: acht Bruchklingen, die silberne Rüstung dampfbeschlagen, die Federbüsche schlapp von der Feuchtigkeit. Sie machten Akiva keine Sorgen.
Als sein Vater aus dem niedrigen Seifenbecken stieg, sich von den weißgekleideten Mädchen entfernte und auf einen Diener zuging, der ihm den Bademantel hinhielt, lösten sich auch Akivas übrige Sorgen in Luft auf. Vielleicht hatte er in seiner Phantasie nicht an ein Bad gedacht, aber im Grunde fand er hier ideale Bedingungen vor: eine leichte Wachpräsenz in einer eingeschlossenen Umgebung, eine begrenzte Anzahl von Zeugen, deren Wort unbesehen geglaubt werden würde, und das Wichtigste: kein Misstrauen.
Nichts in den Augen dieser Seraphim deutete auch nur auf Vorsicht hin.
Da war der Kronprinz Japheth, mit vor Langeweile glasigen Augen. Er war ein vage gutaussehender Seraph etwa in Akivas Alter, mit einer undefinierbaren Laschheit in den Gesichtszügen, die auf eine gewisse Schwäche hindeutete. Akiva wusste, dass Japheth nicht seinem Wunschbild entsprach. Aber er würde ein besserer Herrscher sein als sein Vater, und nur darauf kam es an. Neben ihm saß der weißhaarige Ur-Magus Hellas, Oberhaupt des völlig nutzlosen Kreises von Magi im Dienst des Imperators. Angeblich hörte der Imperator jedoch auf ihn. Akiva brauchte nur zu sehen, wie herablassend er mit
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