Days of Blood and Starlight
Überraschung und nicht zu seiner Freude, weil Jael ihn zu sich bestellt hatte.
»Der Prinz der Bastarde«, hatte der Kommandant ausgerufen, als er ihn bei seiner Ankunft erblickte. Akiva hatte schon öfters mit ihm zusammenarbeiten müssen, und selbst wenn sie manchmal dasselbe Ziel verfolgt hatten – wie beispielsweise die Zerstörung von Loramendi –, verabscheute er ihn zutiefst und spürte, dass das Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte. Und dennoch. »Was für eine Ehre«, hatte Jael an diesem Morgen zu ihm gesagt. »Ich hätte dich hier gar nicht erwartet. Du musst dich uns unbedingt zum Frühstück anschließen. Ich bin mir sicher, dass du deine ganz eigenen Gedanken über unsere derzeitige Situation hast.«
O ja, die hatte Akiva, aber er würde sie ganz sicher nicht mit dem Anführer der Dominion teilen.
»Der Süden war bisher keine Gefahr, und er ist es auch jetzt nicht«, fuhr Ormerod fort, und Akiva bewunderte seine Direktheit.
Er konnte es wagen, ihm zuzustimmen. »Wer immer die Angriffe auf Seraphim verübt, es sind ganz sicher nicht diese einfachen Leute.«
»Nein, aber die Rebellen müssen sich doch irgendwo verstecken, oder?« Jael seufzte. » Rebellen. Mein Bruder ist außer sich vor Wut. Gerade hat er angefangen, einen neuen Krieg zu planen, da ersteht der alte plötzlich von den Toten auf.« Er lachte über seinen eigenen Witz, aber Akiva war nicht nach Lachen zumute.
Ein neuer Krieg? Schon so bald? Er würde nicht nachfragen. Neugier war eine Schwäche, und sowohl Joram als auch Jael genossen es, sie in ihren Untergebenen zu erzeugen und dann unbefriedigt in ihnen schwelen zu lassen.
Ormerod hatte diese Lektion offenbar noch nicht gelernt. »Was für ein neuer Krieg?«
Jael wandte die Augen nicht von Akiva ab, und sein Blick war direkt, amüsiert, persönlich. »Das ist eine Überraschung«, antwortete er mit einem Lächeln – wenn man es denn als Lächeln bezeichnen konnte, wie sein Mund sich verzerrte und seine vernarbten Lippen ganz schmal und weiß wurden.
Da ist ein Lächeln, das die Rebellen sicher noch verbessern könnten , dachte Akiva. Aber wenn Jael ihn provozieren wollte, dann musste er sich etwas Besseres einfallen lassen. Es gab keine Überraschung. Wer sollte Jorams nächstes Ziel sein, wenn nicht die abtrünnigen Seraphim, deren Freiheit und geheimnisumwobenes Leben fernab des Imperiums ihn schon seit Jahren zur Weißglut brachten?
Die Stelianer.
Für Akiva war das Volk seiner Mutter ein noch größeres Rätsel als die aus dem Nichts auferstandenen Rebellen. Er gab Jael keine Genugtuung. Im Moment galt seine ganze Sorge dem bevorstehenden Kampf und dem Teil der südlichen Länder, den das Engelsfeuer noch nicht zu Asche verbrannt hatte. Was würde jetzt aus den flüchtenden Chimären werden? Man würde ihnen den Weg abschneiden, sie in die Falle locken, gefangen nehmen oder töten. Und was konnte er dagegen tun? Verzweiflung machte sich in ihm breit. Gegen Tausende Dominion-Soldaten konnte er nichts ausrichten.
»Joram ärgert sich vielleicht über diese Rebellion, aber für mich ist sie ein wahrer Segen«, meinte Jael gerade. »Wir brauchen etwas zu tun. Meiner Meinung nach ist ein untätiger Soldat ein Affront gegen die Natur. Würdest du mir da nicht zustimmen, Prinz?«
Prinz. »Ich glaube, die Natur verschwendet keinen Gedanken an uns, sie weint nur, wenn sie uns kommen sieht.«
Jael lächelte. »Da hast du wohl recht. Das Land brennt, die Bestien sterben, und die Monde am Himmel weinen, wenn sie das sehen.«
»Wir sollten besser vorsichtig sein«, warnte Akiva und brachte ein dünnes Lächeln zustande. »Die Tränen der Monde haben die Chimären überhaupt erst erschaffen.«
Jael bedachte ihn mit einem kühlen, prüfenden Blick. »Der große Bestienbezwinger gibt Bestienmythen von sich. Sprichst du etwa mit den Monstern, bevor du sie tötest?«
»Man sollte seine Feinde kennen.«
»Ja, das sollte man.« Wieder dieser Blick: direkt, amüsiert, persönlich. Was hatte das zu bedeuten? Akiva war für Jael doch nur einer von unzähligen Bastarden in der Armee seines Bruders.
Doch als Jael seine Mahlzeit endlich beendet hatte, konnte Akiva nicht umhin, sich zu fragen, ob nicht doch mehr dahintersteckte.
Jael schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Danke für die Gastfreundschaft, Kommandant«, sagte er zu Ormerod. »Wir fliegen in einer Stunde.« Dann blickte er wieder Akiva an. »Es ist mir immer eine Freude, dich zu sehen, mein Neffe.« Damit wandte er
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