de la Cruz, Melissa - The Immortals 1
untersetzt. Bliss war auffallend schön, Jordan dagegen völlig unscheinbar. Bobi Ann hackte oft auf ihrer eigenen Tochter herum. »Ein Unterschied wie zwischen Schwan und Elefant!«, jammerte sie. Bobi Ann versuchte immer wieder, Jordan auf irgendeine Art von Diät zu setzen und kritisierte deren Mangel an Modebewusstsein, während sie Bliss mit Komplimenten für ihr Aussehen überschüttete.
»Ihr Mädchen werdet nicht mehr ohne Begleitung ausgehen. Auch du, Bliss, wirst jeden Abend um neun zu Hause sein«, verkündete Bobi Ann, wobei sie nervös an ihrem Daumennagel kaute.
Bliss verdrehte die Augen. Nur weil ein Mädchen in einem Nachtclub gestorben war, bekam sie gleich Ausgehverbot? Seit wann interessierte sich ihre Stiefmutter für ihr Wohlergehen? Seit der siebten Klasse war Bliss auf Partys gegangen und nicht selten erst im Morgengrauen ziemlich betrunken nach Hause gekommen. »Dein Vater besteht darauf«, sagte Bobi Ann. »Ihr habt euch daran zu halten. Verstanden?«
Der Rolls entfernte sich vom Tor der Duchesne, wendete bei der ersten Möglichkeit und hielt vor dem Wohnhaus der Lewellyns genau gegenüber der Schule, auf der anderen Straßenseite.
Sie stiegen aus und betraten ein luxuriöses Wohnhaus. Das Anthetum war eine der ältesten und besten Adressen der Stadt. Die Lewellyns lebten im dreistöckigen Penthouse unter dem Dach. Bobi Ann hatte diverse Innenarchitekten mit der Ausstattung der Wohnung beauftragt und ihr einen blumigen Namen gegeben: Penthouse des Rêves [1] .
Jedes Zimmer war völlig überladen. Man hatte keine Kosten gescheut. In einigen Räumen gab es Stehleuchten aus achtzehnkarätigem Gold und im Schminkzimmer befand sich eine Seifenschale mit eingefassten Diamanten.
Im Versace-Wohnzimmer türmten sich die Antiquitäten eines verstorbenen Designers, die Bobi Ann auf einer Auktion ersteigert hatte. Im Bali-Zimmer reihten sich die Mahagonischränke aneinander, harte Holzbänke und Bambusvogelkäfige sorgten nicht gerade für Gemütlichkeit. Jeder Gegenstand in diesem Raum war ein extrem seltenes, teures südasiatisches Artefakt, doch weil es so viele von ihnen gab, wirkten sie wie Ramsch. Es gab sogar ein Aschenputtel-Zimmer, in dem künstliche Vögel von der Decke hingen. Penthouse de Kitsch wäre passender gewesen, dachte Bliss.
Ihre Stiefmutter war an diesem Nachmittag nervöser als sonst. Bobi Ann regte sich nicht einmal auf, als Bliss schwarze Schuhabdrücke auf dem makellosen Teppich hinterließ.
»Bevor ich’s vergesse, der ist heute für dich gekommen.« Ihre Stiefmutter überreichte ihr einen übergroßen weißen Briefumschlag von beeindruckendem Gewicht. Eine Einladung zu einer Hochzeit? Bliss öffnete ihn und zog eine dicke Karte mit Prägemuster heraus. Sie war vom Komitee der New Yorker Blutbank und enthielt die Aufforderung zur Mitgliedschaft. Es handelte sich dabei um eine der ersten und angesehensten Wohltätigkeitsorganisationen der Stadt, demnach auch um eine der privilegiertesten. Nur Kinder aus prominenten und reichen Familien konnten Juniormitglieder werden. Auf der Duchesne wurde die Organisation abgekürzt Komitee genannt. Jeder, der auf der Schule etwas zu sagen hatte, gehörte zu den Mitgliedern. Dazu zählten die Kapitäne aller Schulmannschaften und die Herausgeber der Schulzeitung und des Jahrbuchs. Das Komitee war versnobt und die Juniormitglieder setzten sich ausschließlich aus Schülern der zehn privaten Eliteschulen zusammen. Der Wohltätigkeitsverein hatte noch nie eine Liste aller Mitglieder veröffentlicht. Nur wenn jemand einen Komitee -Ring oder -Kettenanhänger trug – eine Goldschlange, die sich um ein Kreuz wand –, wussten die Außenstehenden, dass derjenige zum exklusiven Kreis gehörte.
Bliss hatte geglaubt, dass sie bis zum nächsten Frühjahr keine weiteren Mitglieder aufnehmen würden, aber in dem Schreiben wurde ihr mitgeteilt, dass ihr erstes Treffen am kommenden Montag stattfinden sollte, im Jefferson Saal ihrer Schule.
»Warum sollte ich einer Wohltätigkeitsorganisation beitreten?«, fragte sie ihre Stiefmutter.
Sie wollte mit dem ganzen Tamtam um Spendenaktionen und der Planung von Nobelpartys nichts zu tun haben. Dylan denkt sicher genauso, ging es ihr durch den Kopf. Gleich darauf wunderte sie sich darüber, dass ihr seine Meinung so wichtig war. Bliss wusste immer noch nicht, was sie von ihm halten sollte. Jedenfalls fand sie es schrecklich, dass sie ihn auf dem Schulgelände völlig ignoriert hatte. Doch Mimis wachsamer
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