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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
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was ich gespürt hatte? Ich hatte keine Gelegenheit, ihn zu fragen, denn ohne ein weiteres Wort stand er auf. Die Klasse drehte sich zu uns her, als sein Stuhl über den Boden kratzte. Professor Starking unterbrach seinen Unterricht.
    »Ich muss los«, sagte Dante, packte seine Sachen zusammen und knallte mit einem letzten Blick auf mich die Tür hinter sich zu.
    In der nächsten Stunde Rohwissenschaften hatte ich versucht, mit ihm zu sprechen, aber er war zu beschäftigt damit gewesen, unterm Tisch in einem Lateinbuch herumzublättern und etwas in ein ledergebundenes Tagebuch hineinzuschreiben, als dass er mich mit mehr als einsilbigen Antworten gewürdigt hätte. Tatsächlich hatte er mich nicht einmal angeschaut, was mich noch rasender machte.
    »Reichst du mir mal die –«, hatte ich ihn während einer Laborübung gefragt, in der wir die Physik eines Schmetterlingskörpers studieren sollten. Statt sich darauf zu konzentrieren, hatte Dante bloß gelesen. Bevor ich meinen Satz beenden konnte, hielt er mir schon die Lupe hin. Dabei streiften sich unsere Hände. Blitzartig zog er seine zurück.
    »Fass mich nicht an«, sagte er rasch und wandte den Blick ab.
    Seine Worte trafen mich schwer, aber ich konnte ihn nur anstarren. Wie reagiert man auf so etwas? »Was?«
    »Tut mir leid«, sagte er, ohne mich dabei anzusehen. »Ich … das ist mir so rausgerutscht.« Er wandte sich wieder dem Buch in seinem Schoß zu, blätterte eine Seite weiterund fuhr mit dem Finger die Zeilen nach, bis er den Satz gefunden hatte, den er suchte. »Das ist übrigens ein Monarchfalter.«
    »Wie … wie kommst du darauf ? Du hast ja nicht mal hingeguckt …«
    Aber er gab mir keine Antwort. Ich stellte fest, dass es tatsächlich ein Monarchfalter war, und drehte mich frustriert zu ihm rüber. Mit der Lupe vor dem Auge lugte ich verstohlen auf seinen Schoß, um zu sehen, was er da las. Es war alles lateinisch.
    »Ist das für Latein?«, fragte ich. Sein römisches Profil war in der Vergrößerung noch beeindruckender.
    Dante schreckte auf. »Nein.« Schnell klappte er das Buch zu. »Grau«, bemerkte er und starrte durchs Glas auf mein Auge. »Wie der Himmel. Hübsch.«
    Meinetwegen war er auffallend gut aussehend, meinetwegen war seine Stimme wirklich tief und butterweich. Und meinetwegen sagte er geniale Sachen und wusste die richtige Antwort, obwohl er praktisch die ganze Stunde hinter irgendeinem rätselhaften lateinischen Buch geklemmt hatte. Das sollte mich allerdings nicht davon ablenken, dass er genau so war, wie von Eleanor beschrieben: ausweichend, hochmütig und seltsam abwesend. Aber wenn das alles zutraf, fragte ich Annie, warum konnte ich dann nicht aufhören, an ihn zu denken?
    »Das Gruseligste war, wie wir uns die Hände gegeben haben. Er hat meine Finger berührt und meine Hand hat überall geprickelt, so als wäre sie eingeschlafen. Da ist er dann plötzlich aufgestanden und weg. Seitdem hat er mich hauptsächlich ignoriert.«
    Annie lachte. »Ach, Renée. Wenn’s um Jungs geht, bist du immer ganz schön dramatisch.«
    »Nein, ich mein’s ernst. So was hab ich noch nie gefühlt. Es war, wie wenn meine Haut taub würde.«
    Im Hintergrund hörte ich Margeries Stimme. »Ich kann gerade nicht, Mom, das ist Renée «, sagte Annie, bevor sie die Unterhaltung fortsetzte. »Das kapier ich nicht. Hast du dir den Blutkreislauf abgeklemmt oder was? Bist du sicher, dass du nicht einfach nervös warst?«
    Ich runzelte die Stirn. »Nein«, sagte ich. »Ich weiß, es klingt verrückt, aber ich hab’s gespürt. Das war echt.«
    Langes Schweigen. »Keine Sorge«, sagte Annie, »ich glaube dir schon.« Aber sonderlich überzeugend klang es nicht. »Also erklär’s mir noch mal. Wenn dieser Typ ein solcher Idiot ist, warum bist du jetzt so besessen von ihm?«
    »Weil ich glaube, dass er was weiß. Und ich bin nicht besessen«, fügte ich hinzu und erzählte ihr von Benjamin Gallow und was letztes Frühjahr passiert war. Als ich den Herzanfall erwähnte, wurde es wieder still an Annies Ende der Leitung.
    »Zufall, was?«, fragte ich leise.
    Annie zögerte. »Das ist was anderes, Renée. Deine Eltern … waren in einem Alter, wo …«
    »Wo was?«
    »Nichts, nur … Ich bin sicher, die Ärzte und die Polizei verstehen von so was mehr als wir. Keiner außer dir denkt sich irgendwas Komisches dabei, oder?«
    Ich antwortete nicht.
    »Bestimmt passieren solche Sachen viel öfter, als man glaubt.«
    Unter der Decke zwirbelte ich mir das Kabel

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