Dead End: Thriller (German Edition)
und beschleunigte, wild entschlossen, meinem Verfolger keine Gelegenheit zu geben, hinten in den Wagen zu klettern. Im Rückspiegel sah ich, wie der Fahrer mir ungläubig hinterherstarrte. Tom rannte bereits zu Gebäude 33 zurück, und an dessen Vordertür konnte ich Scott Thornton stehen sehen.
Ich bog auf die Hauptstraße ab und fuhr in die Richtung, in der mein Auto stand.
Fast dreihundert Kilometer entfernt grollte das Motorrad noch einmal auf und verstummte wie eine große Dschungelkatze, die sich zu einem Schläfchen niederlässt. Der Fahrer, ein hochgewachsener Mann, zog den Zündschlüssel ab, bockte die Maschine auf und stieg ab.
Alles Licht schien aus dem Tag verschwunden zu sein, und der Regen war anscheinend noch heftiger geworden, als er den Weg hinaufging, der zum Haus führte. Es war ein kalter, beinharter Nordengland-Regen, nur um ein Weniges flüssiger als Hagel. Als der Motorradfahrer den Haustürschlüssel im Schloss drehte, konnte er das Telefon im Flur klingeln hören. Er trat ein, nahm den Helm ab, kratzte sich unter kurzen honigblonden Locken den Kopf und nahm den Hörer ab.
»Harry Laycock.« Verdammt, war er nass. Er war gerade mal fünf Sekunden hier drin und stand schon in einer Pfütze.
»Harry? Harry, sind Sie’s?«
»Meines Wissens nach ja«, antwortete er und klemmte den Hörer gegen die eine Schulter, während er sich bemühte, sich aus seiner nassen Jacke zu winden. Das Wasser rann ihm selbst den Nacken hinunter. Von der Rückseite des Hauses her tauchte die große rote Katze auf, die ihn vor gut einem Jahr adoptiert hatte. Er hatte es aufgegeben, sie schlecht zu behandeln und zu hoffen, dass sie irgendwann weglaufen würde. »Was gibt’s denn, Alice?«
»Ist bei Ihnen alles okay?«
Die Katze schob sich zwischen seine Beine, entweder merkte sie nicht, dass diese in nassem Leder steckten, oder es störte sie nicht. »Mir ist saukalt, ich bin nasser als ein Fischotter und brauche ganz dringend etwas, das ich eigentlich für den ganzen Januar aufgegeben habe«, erwiderte er. »Ansonsten geht’s mir nicht allzu schlecht.«
»Herrgott noch mal, was zum Teufel läuft hier eigentlich?«, fragte Alice, als spräche sie jetzt mit sich selbst oder mit jemandem, der bei ihr im Zimmer war.
Harry bekam endlich einen Arm los und übernahm den Hörer mit der freien Hand. »Sagen Sie’s mir«, meinte er, während seine nasse Jacke auf der Katze landete. Seine Freundin Alice war Amerikanerin und neigte ein wenig mehr dazu, ihr Herz auf der Zunge zu tragen, als die meisten seiner englischen Bekannten, doch es war lange her, dass er sie so erregt erlebt hatte. »Alles okay mit der Familie?«, erkundigte er sich rasch, um seine eigene Unruhe zu ersticken.
»Denen geht’s prima. Harry, haben Sie von Evi gehört?«
Und da war es, mehr war nicht nötig, um ihn daran zu erinnern, dass ein Stück von ihm fehlte.
»Ich höre nie von Evi.« Die Katze schlüpfte unter dem nassen Leder hervor, warf ihm einen verächtlichen Blick zu und stolzierte anmutig den Flur hinunter.
»Sie hat mir vor ein paar Stunden eine Mail geschickt«, sagte Alice. »Seitdem versuche ich, Sie anzurufen. Evi auch, und keiner von Ihnen beiden ist rangegangen.«
»Ist sie okay?«
»Ich leite die Mail an Sie weiter. Machen Sie Ihren Computer an. Sie müssen sich das sofort ansehen. Irgendwas stimmt da ganz und gar nicht.«
Offiziell wird ein Snuff Movie als kommerziell vertriebenes Filmmaterial definiert, das hauptsächlich zum Zwecke sexueller Befriedigung aufgenommen wurde und in dem ein Hauptdarsteller tatsächlich getötet wird. Das Thema war im Rahmen eines Kurses über illegales Bild- und Filmmaterial zur Sprache gekommen, an dem ich an der Polizeiakademie teilgenommen hatte. Ich hatte sogar mal kurze Auszüge von Filmen gesehen, die angeblich Snuff Movies sein sollten. Cannibal Holocaust war einer, an den ich mich erinnerte. The Flower of Flesh and Blood ein anderer. Gegen Ende der Vorführung, als selbst den Männern flau geworden war, hatte man uns gesagt, dass das nicht echt sei.
Der Sergeant, der den Kurs gegeben hatte, hatte sich sehr klar ausgedrückt. Snuff Movies sind ein Mythos, hatte er gesagt, nicht ein einziger bekannter Film habe sich jemals als echt erwiesen. Wir hatten weise genickt. Es war ja auch offensichtlich, wenn man recht darüber nachdachte. Die Spezialeffekte, über die Filmemacher, sogar Amateure, heutzutage verfügen, haben echte Gewalt überflüssig gemacht.
Obwohl man mit harter
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