Dead End: Thriller (German Edition)
Schatten, war selbst nicht viel mehr als ein Schatten. Das würde nichts ändern. Sie würde ihn erkennen. Joesbury stand regungslos da. Er wusste, wenn sie in seine Richtung blickte, könnte eine Bewegung ihn verraten.
Gerade eben erst hatte er die drei maskierten Gestalten in die Nacht davonschlüpfen sehen und sich an ihre Fersen geheftet. Er hatte den Wagen gesehen, mit dem sie weggefahren waren, hatte sich Marke und Kennzeichen eingeprägt und beides bereits durchgegeben. Nicht dass er sich große Hoffnungen machte. Höchstwahrscheinlich handelte es sich um ein gestohlenes Auto, das sie nach der heutigen Nacht irgendwo abstellen würden. Unter normalen Umständen wäre er vielleicht zu seinem eigenen Wagen gesprintet und hätte es drauf ankommen lassen. Normale Umstände hieß, wenn er keinen angeknacksten Lungenflügel gehabt hätte und Lacey nicht in der Obhut verantwortungsloser Volltrottel gewesen wäre. Stattdessen war er zu der Grünfläche zurückgejoggt.
Kurz vor der Wohnheimtür geriet sie ins Straucheln, und Joesbury machte unwillkürlich einen Schritt vorwärts.
Das war der größte Scheißfehler seiner ganzen Polizeilaufbahn gewesen, sich überreden zu lassen, sie hierherzuholen. Er konnte einfach nicht richtig funktionieren, wenn es um sie ging.
Und jetzt, wo der Spaß vorbei war, fiel er allmählich einigen der Studenten auf, die noch auf der Grünfläche herumhingen. Ein paar lange Schritte, und er war verschwunden.
»Hallo?«
Keine Hintergrundgeräusche. Bestimmt war sie in diesem winzigen Zimmer, das mit dem unfassbar schmalen Bett an der Wand unter dem Fenster.
»Habe ich Sie geweckt?« Er wusste, dass er das nicht getan hatte. Sie hatte nicht genug Zeit gehabt zu duschen, Tee zu trinken, sich mit den anderen Mädchen darüber einig zu sein, was Männer doch für Schwachköpfe waren, ihnen gute Nacht zu sagen und einzuschlafen.
»Nein.«
Schweigen. Er konnte sie doch nicht fragen, ob alles okay sei. Konnte ihr nicht sagen, was es ihn gekostet hatte zuzusehen, wie sie das alles durchmachte, und niemanden dafür krankenhausreif zu prügeln. Seine Narbe schmerzte wieder. Er hob die Hand und presste die Finger dicht unter der rechten Schläfe gegen die Haut.
»Danke für den Bericht«, sagte er. »Sehr ausführlich.«
Sie versuchte, sich eine sarkastische Erwiderung auszudenken.
»War mir ein Vergnügen«, sagte sie. »Wo sind Sie?«
Joesbury trat noch einen Schritt näher zum Fenster. Vom dritten Stock des Hotels aus konnte er den Turm und ein paar der höheren Gebäude des St. John’s College sehen. Ihr Zimmer lag genau in seiner Blickrichtung.
»Thames Embankment«, antwortete er. »Auf dem Nachhauseweg. War ein langer Tag.«
Ein winziger Seufzer, der beinahe ein statisches Knistern in der Leitung hätte sein können. Oder, wenn er es nicht besser wüsste, der Ansatz eines Aufschluchzens. »Schade«, sagte sie.
»Warum?«, fragte er, ehe er sich beherrschen konnte.
Ein Atemholen. Dann ein Schlucken. »Ach, nichts. Ich könnte nur im Moment was zu trinken und ein bisschen Erwachsenenkonversation ganz gut gebrauchen.«
Joesbury wandte sich wieder dem Zimmer zu, dem ordentlich gemachten Doppelbett mit der dunkelroten Tagesdecke, und sah Laceys Kopf auf der roten Seide. Die Arme ausgestreckt, ihr Haar fiel bis auf den Teppich.
»Ist alles okay?«, fragte er.
»Ja, bin nur müde. Ich sollte Sie nicht länger aufhalten. Danke für die Rückmeldung. Gute Nacht, Sir.«
»Lacey, seien Sie vorsichtig.« Idiot. Das hätte er nicht sagen sollen.
»Wieso? Was ist denn?« Wieder hellwach.
»Tun Sie einfach mal zur Abwechslung das, was man Ihnen sagt«, sagte er. »Nur nicht den Kopf verlieren. Bis bald.«
32
Es ist verblüffend, was für einen Appetit man von ein bisschen pseudo-mittelalterlicher Demütigung bekommt. Ich wachte früh auf und ging schnurstracks in die Buttery, wo ich mir Rührei mit Schinken holte, das erstaunlich gut war. Als der Saal sich langsam füllte, wurde ich mir immer mehr der verstohlenen Seitenblicke in meine Richtung und der halblauten Gespräche bewusst, die gerade eben außer Hörweite geführt wurden.
Mein Instinkt befahl mir, erhobenen Hauptes jedem eine zu knallen, der sich im Ton vergriff. Der gesunde Menschenverstand ließ mich weiter bei unterwürfiger Körpersprache bleiben und jeglichen Blickkontakt meiden. Ich war Laura, nervös und bedürftig. Laura würde sich nicht wehren.
Als ich ging, war die Buttery fast voll, und draußen hatte sich
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