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Dead End: Thriller (German Edition)

Dead End: Thriller (German Edition)

Titel: Dead End: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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ersten Spielfeld an. Dort konzentrierte ich mich auf die Mannschaft aus Cambridge und machte zwei Kandidaten aus, die vielleicht in Frage kämen. Ich fotografierte die beiden Männer und fuhr zum nächsten Rugbyplatz.
    Bei diesem Spiel brauchte ich länger, weil es ein Match zwischen zwei Colleges war, Magdalene gegen King’s. Als ich fertig war, hatte ich drei Anwärter. Auch von ihnen machte ich Fotos und fuhr weiter.
    Das Spiel auf dem dritten Platz ging gerade zu Ende, als ich ankam, und es war nicht leicht, einen genauen Blick auf die Spieler zu werfen. Als sie sich schließlich auf den Weg in die Kabine machten, sah ich vier mögliche Kandidaten, doch sie zu fotografieren wäre sehr auffällig gewesen.
    Ich würde erst am Samstag wieder Gelegenheit haben, weitere Rugbyspiele auszuspionieren, und wenn die Temperaturen weiter sanken, würden die Plätze wahrscheinlich zu hart gefroren sein, um darauf zu spielen. Nun ja, wie heißt es doch so schön, Rache genießt man am besten kalt.
    Beim Nachhausefahren machte ich einen Umweg und folgte einem der beliebtesten Fußpfade in Cambridge. Nachdem ich die Cam überquert hatte, wandte ich mich nach Süden, um die Backs zu umrunden. Die Sonne ging unter, und die Gebäude zu meiner Rechten begannen zu glühen, als leuchteten sie von innen.
    Als die Backs wird das Gelände zwischen der Queen’s Road und den Colleges am Fluss bezeichnet, St. John’s, Trinity, Clare, Trinity Hall, King’s und Queen’s. Ein Teil davon besteht aus eleganten Rasenflächen oder Parklandschaften, ein Teil sind Viehweiden, andere Wiesen voller Wildblumen.
    Ich fuhr weiter und genoss die Stille, doch ich fühlte mich mit jeder Sekunde einsamer. Drei Tage hier, und schon jetzt war es um mein seelisches Wohlbefinden, selbst zu besten Zeiten ein wenig angekratzt, nicht gut bestellt. Der Fall, den Joesbury und ich erst vor ein paar Monaten bearbeitet hatten, war so grauenhaft gewesen, wie es überhaupt nur ging. Ein Serienkiller hatte London heimgesucht und uns kaum Zeit zum Blinzeln gelassen, ehe wieder ein neues Opfer entdeckt worden war. Das wäre ja schon schlimm genug gewesen, doch während die Verbrechen immer zahlreicher wurden, schienen sie immer näher zu kommen, bis es den Anschein hatte, als wäre ich die dicke, saftige Fliege, um die herum das kunstvolle und blutige Netz gesponnen wurde.
    Es war vorbei, der Killer war gefasst, doch wie jeder Polizist, der mit Gewaltverbrechen zu tun hat, Ihnen sagen wird, man schließt nicht über Nacht mit so etwas ab.
    Ich hatte gedacht, ich käme einigermaßen zurecht. Die Wahrheit war, ich hatte mich so sehr in die Arbeit gestürzt, dass ich keine Zeit gehabt hatte, daran zu denken. Ich war lange aufgeblieben und hatte es erst dann riskiert zu schlafen, wenn ich völlig erschöpft war. Ich hatte hart trainiert, weil es mir die Illusion verschaffte, mein Leben unter Kontrolle zu haben, wenn ich die Kontrolle über meinen Körper hatte. Jetzt war mir die stabilisierende Struktur aus Routine und Vertrautheit entzogen worden, und ich trieb in einem Meer aus vagen Befürchtungen und halb ausformulierten Problemen. Ich verbrachte zu viel Zeit ohne jede andere Gesellschaft als den Gedanken in meinem Kopf.
    Inzwischen wurde mir ernstlich kalt, und ich beschloss zurückzufahren. Ich machte kehrt und starrte beinahe ehrfürchtig auf die Kulisse vor mir.
    Der Tag war kalt und der Himmel wolkenlos gewesen, und der Sonnenuntergang hatte einen breiten Streifen dunkles Orangerot von der Farbe reifer Früchte am Horizont hinterlassen, so weit das Auge reichte. Der Fluss vor mir schimmerte wie Licht auf einer alten Goldmünze. Die Silhouetten der Bäume am anderen Ufer trennten diese beiden Streifen mit ihrem dunklen Braun, glänzenden Schwarz und sanften Anthrazitgrau. Direkt vor mir tauchten jetzt die vier Türme der King’s College Chapel auf wie ein Märchenschloss.
    Ein Ruderboot kam längsseits, ein langes, schmales Gefährt aus Fiberglas, das unmöglich stabil genug sein konnte, um die beiden Männer zu tragen, die darauf hockten, aber irgendwie ging es doch. Die Ruderer bremsten das Boot und wendeten es dann mit der Anmut und der Präzision einer Ballerina. Kaum dass sie das Wasser aufwühlten.
    Und da fiel es mir wieder ein. Raue, schwielige Hände auf meinen nackten Schultern. Frei weg, hatte er gesagt, das bedeutete losfahren, und dann kurze Wende. Beides waren Ruderbegriffe. Der langhaarige Kerl von gestern Nacht war Ruderer.
    Ich musste mich beeilen.

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