Dead End: Thriller (German Edition)
klatschnass. Er stupste mit der langen weißen Nase an die Taschen meiner geborgten Wachsjacke. Sein Schwanz wedelte, die Ohren hatte er zurückgelegt, und er wusste ganz einfach, dass meine Finger dazu gemacht waren, ihn dahinter zu kraulen. Als ich damit aufhörte, stellte er sich auf die Hinterbeine, die Vorderpfoten auf meiner Brust. Viel kleiner als ich war er nicht.
Konnte ein Hund, dieser Hund, die Geräusche gemacht haben, die ich gerade gehört hatte? Das glaubte ich nicht.
Oh, also, das Gesicht abgeleckt zu bekommen, das war ein Kompliment, auf das ich verzichten konnte.
Dann hörte ich Gebrüll von der Wiese direkt hinter der Hecke. Ich erkannte Nicks Stimme und die dünne, keuchende Stimmlage des silberhaarigen Jim. Das hier musste der Hund von der Schafweide sein. Wenn ja, dann waren sie ihm dicht auf den Fersen. Gleich würden sie hier sein.
»Komm«, flüsterte ich dem Tier zu. Gehorsam, wie nur Hunde es sein können, folgte er mir zu meinem Auto. Ich suchte meinen Schlüssel hervor und entriegelte per Knopfdruck die Türen.
»Rein mit dir.« Der Hund sprang hinein und ließ sich auf meinem Rücksitz nieder.
»Lass ja den Kopf unten«, wies ich ihn an, ehe ich zum Haus zurückging. Als ich schließlich meinen Mantel gefunden hatte, waren Nick und die anderen zurück.
»Und, hattet ihr Glück?«, fragte Liz Nick und ignorierte ihren Mann vollkommen. Nick schüttelte den Kopf und wandte sich an mich.
»Sie verlassen uns schon?«
»Muss früh raus«, log ich. »Danke für die Einladung.«
»Ich bringe Sie zu Ihrem Wagen«, erbot er sich.
»Nein, wirklich, Sie sollten sich um Ihre Gäste kümmern.«
»Sie sind doch mein Gast.«
Wir waren draußen und gingen über den Seitenhof.
»Haben Sie schon einen Hausarzt?«, erkundigte er sich, als wir zehn Meter von meinem Auto entfernt waren und ich sicher war, glänzende Augen vom Rücksitz aus auf mich gerichtet zu sehen.
»Wieso, sind Sie auf Patientensuche?«, fragte ich zurück und sah das Wedeln eines weißen Schwanzes. Ich war ja so was von erledigt.
»Im Gegenteil, ich wollte Sie bitten, nicht zu mir zu kommen«, erwiderte er.
»Wieso denn das?«, fragte ich, was nicht besonders klug war, zugegeben, aber da sah ich, dass jeweils eine weiße Pfote auf der Rückenlehne der Vordersitze stand und eine lange weiße Nase genau auf mich zeigte. Jeden Augenblick …
»Weil, wenn Sie unsere Patientin sind, kann ich Sie nicht fragen, ob Sie mit mir es– … Was zum Henker?«
Hund und Mann beäugten sich von beiden Seiten des Beifahrerfensters aus. In Anbetracht der Tatsache, dass der eine erst vor wenigen Minuten versucht hatte, den anderen zu erschießen, schien der andere bemerkenswert erfreut, den einen zu sehen.
»Bitte sagen Sie mir, dass das nicht …« Er verstummte und sah mich einfach nur an. Ich musste zugeben, er war süß. So groß wie Joesbury, aber nicht ganz so kräftig. Nicht dass ich jemals wirklich auf Bodybuildertypen gestanden hätte.
»Na ja, das würde ich ja gern tun«, fing ich an. »Ich war nur noch nie eine besonders gute Lügnerin.« Was an und für sich wohl schon eine Lüge war. Ich war schon lange eine hervorragende Lügnerin.
»Wissen Sie eigentlich, welchen Schaden ein Hund auf einer Weide mit trächtigen Mutterschafen anrichten kann, wie viele Tausend Pfund da draufgehen können?«
»Hat er aber doch nicht, oder?«, wandte ich ein. »Es war kein Tröpfchen Blut an ihm dran. Dieser Hund hat nichts getötet.«
Nick öffnete den Mund, machte ihn wieder zu, sah sich um, machte den Mund wieder auf. Ich glaube, er war vielleicht der einzige Mann auf der Welt, bei dem eine so jämmerliche Nummer reizvoll aussah.
»Wissen Sie auch, dass ich und mehrere andere Männer in diesem Haus durchaus berechtigt sind, ihn abzuknallen, und zwar in Ihrem Auto?«, fragte er.
»Dazu müssten Sie mir erst die Schlüssel abnehmen«, erwiderte ich. »Und nein, das sind Sie nicht.«
Er blinzelte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar, so dass es senkrecht zu Berge stand. »Bitte?«
»Wenn ein Hund Vieh angreift und man ihn nur davon abbringen kann, indem man ihn erschießt, dann können Sie sich juristisch darauf berufen, wenn der Besitzer des Hundes Einwände dagegen erhebt«, erklärte ich. »Sie haben aber kein Recht, ein Tier ohne die Einwilligung des Besitzers zu töten. Die Befugnis dazu hat nur ein Richter.«
»Was zum Teufel sind Sie, Anwältin?«
Okay, jetzt befand ich mich auf gefährlichem Gelände. Nicht nur war ich
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