Dead Man's Song
Strafverteidiger?«
»Nein. Aber er kennt Strafverteidiger.«
»Das heißt nicht, daß er Mietkiller kennt.«
»Es heißt, daß er an einen rankommen konnte.«
»Okay.«
»Frag mal rum, Danny. Es geht um fünfundzwanzig Riesen Versicherungssumme.«
»Das ist nicht viel.«
»Ich weiß. Aber vielleicht ist es genug.«
»Na schön, ich hör mich mal um, mal sehen, was Sache ist.«
»Melde dich bei mir, okay?«
»Wenn ich was höre.«
»Auch wenn nicht.«
»Okay«, sagte Danny und legte auf.
Er meldete sich bei Carella erst am darauffolgenden Sonntag, dem 7. November. Zu diesem Zeitpunkt war der Fall mausetot.
Danny kam in das Etablissement gehumpelt, eine Pizzeria an der Ecke Culver und Sixth, die er selbst als Treffpunkt ausgesucht hatte. Den Kragen seines fadenscheinigen Mantels hatte er zum Schutz vor Regen und Kälte hochgeschlagen. Ein langer, gestreifter Schal war um seinen Hals geschlungen, und er trug Wollhandschuhe. Er schaute sich vorsichtig in dem Restaurant um, als wäre er ein Spion, der den geheimen Bauplan einer Atombombe anzubieten hatte. Carella winkte ihm zu. Dannys Gesicht verzog sich mürrisch.
»Das solltest du nicht tun«, sagte er und schlängelte sich in die Nische. »Schon schlimm genug, daß wir uns in der Öffentlichkeit treffen.«
Carella war bereit, Danny seine gelegentliche Gereiztheit zu verzeihen. Er hatte nie vergessen, daß Danny ihn im Krankenhaus besucht hatte, als er das erste Mal in seinem Berufsleben angeschossen worden war. Es war für Danny nicht so einfach gewesen. Informanten der Polizei halten sich nicht lange in ihrem Job, sobald bekannt ist, daß sie Polizeispitzel sind. Dannys Augen zuckten hin und her und überprüften die Umgebung. Er selbst hatte den Laden ausgewählt, aber jetzt schien es ihm hier ungemütlich zu werden, denn es herrschte für einen Montagmorgen um neun unerwartet lebhafter Betrieb. Wer zum Teufel rechnete schon damit, daß jemand Pizza zum Frühstück aß? Aber er konnte nicht ins Revier gehen, und er wollte Carella nicht in seine beschissene kleine Bude drüben auf der South Side einladen, denn das war ihm peinlich, um ehrlich zu sein. Danny hatte bessere Zeiten gekannt.
Er war noch dünner, als Carella ihn je gesehen hatte. Seine Augen tränten, und seine Nase lief. Er nahm sich ständig Servietten aus dem Spender auf dem Tisch, putzte sich die Nase, knüllte die Servietten zusammen und stopfte sie in die Taschen seines Mantels, den er noch nicht ausgezogen hatte. Er sah nicht gesund aus. Außerdem wirkte er ungepflegt, was für jemanden, der immer Wert auf seine, wie er fand, elegante Kleidung gelegt hatte, ungewöhnlich war. Danny brauchte dringend eine Rasur. Schmuddelige Hemdmanschetten ragten aus seinen zerschlissenen Mantelärmeln. Sein Gesicht war mit schwarzen Mitessern übersät, die Fingernägel hatten schwarze Schmutzränder. Er spürte Carellas prüfenden Blick und lieferte als Erklärung: »Das Bein macht mir wieder mal Ärger.«
»Das tut mir leid.«
»Ja, es quält mich noch immer. Seit ich damals angeschossen wurde.«
»Hm-m.«
Tatsächlich war Danny in seinem ganzen Leben niemals angeschossen worden. Er humpelte, weil er als Kind Kinderlähmung gehabt hatte. Aber so zu tun, als wäre er in einem Gangsterkrieg verwundet worden, verlieh ihm ein gewisses Ansehen auf der Straße, das er als geradezu existentiell notwendig für die Beschaffung von Informationen betrachtete. Carella war durchaus bereit, ihm diese Lüge nachzusehen.
»Möchtest du eine Pizza?« erkundigte er sich.
»Kaffee wäre wahrscheinlich besser«, sagte Danny und machte Anstalten, wieder aufzustehen.
»Bleib sitzen«, sagte Carella. »Ich hole ihn. Möchtest du etwas dazu?«
»Das Gebäck sieht ganz gut aus«, sagte Danny. »Bring mir irgend etwas mit Schokolade, okay?«
Carella ging zur Theke und kam ein paar Minuten später mit zwei Schokoladeneclairs und zwei Tassen Kaffee zurück. Danny hauchte sich in die Hände, um sie anzuwärmen. Ein ständiger Strom von Gästen, die hereinkamen oder hinausgingen, ließ die Kälte von draußen eindringen. Danny griff nach seiner Kaffeetasse und wärmte seine Hände daran. Carella biß in sein Schokoladengebäck. Danny folgte seinem Beispiel. »Lieber Gott«, seufzte er, »das ist köstlich«, und nahm einen zweiten Bissen. »Lieber Gott«, sagte er noch einmal.
»Also, was hast du?« fragte Carella.
Fünfundzwanzigtausend Dollar waren eine ausreichende Summe in einer Stadt, in der man den Tod
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