Dead Souls: Horror (German Edition)

Wasser und Geist.
    Benjamin kehrte in die Mitte des Kreises zurück. Er nickte den anderen zu, die dann langsam herantraten und genau am Kreisumfang neben den Pentagrammen stehenblieben. Dann schloss er die Augen und schwor: »Ich stehe hier in der Mitte des magischen Kreises, wo ich mit der Autorität der göttlichen Geister von Jesus Christus und Osiris handeln werde. Ich respektiere euch beide, meine Götter, und werde in Übereinstimmung mit eurer göttlichen Herrschaft handeln. Wir beten zu den Herren.«
    Und die Familie erwiderte gemeinsam: »Ihr Herren, erhört unsere Gebete!«
    Er öffnete die Augen und blickte auf seine Familie. Ihre Augen waren geschlossen, aber ihre Lippen spiegelten immer noch das Kerzenlicht wider, was einen magischen Anblick vermittelte. Ihre Gesichter waren mit einem goldenen Schweißfilm überzogen, nass und schimmernd. Benjamin horchte aufmerksam auf die Umgebung: Der Wind … er hatte aufgehört zu toben, das schrille Pfeifen, das einst durch die Scheunenritze wehte, war jetzt verschwunden. 20 Sekunden lang existierte nur Stille … eine Stille, die eine nervenaufreibende vorausschauende Beschaffenheit mit sich brachte. Dann drang plötzlich ein fernes Donnern durch die Luft, das in der Ferne wie ein ominöser Zauber hing. Seltsames gelbes Licht schien durch das verstaubte Fenster oben in der Scheune, ein strenges, scharfes Aroma mit sich führend, das nach Batteriesäure roch. Draußen fing Pilate zu bellen an.
    Benjamin kniete sich hin und hob den Stab auf, den er vor Tagen in das Dreieck gelegt hatte. Als versuchte er Blitze anzuziehen, stand er auf, hielt den Stab über seinen Kopf und malte mit dem geformten Ende ein Anch-Kreuz in die Luft. Er stellte es sich in goldener Farbe vor und sagte: »Für Bryan Conroy ist die Zeit gekommen, dem Herrn Osiris seine Treue zu schwören, wie wir es bereits getan haben, damit wir als eine Familie für alle Ewigkeit zusammenbleiben können. Hiermit weihe ich dich, du Werkzeug des Lebens nach dem Tod, mit himmlischer Kraft, sodass du als göttliches Werkzeug bei unserem Streben, den allmächtigen Osiris anzuflehen, benutzt werden kannst.«
    Elizabeth kniete sich hin und hob das schwarze Seidentuch in der Mitte des Pentagramms vor ihr auf, was das Siegel von Osiris zum Vorschein brachte; wie die anderen war es ebenfalls auf ein ledernes Pergament gezeichnet. Sie nahm das Pergament und faltete es auseinander, dann lief sie durch den Kreis und legte es in die Mitte des Dreiecks. Benjamin senkte den Stab und holte aus seiner Tasche die Pferdebremse, die er auf das Pergament legte. Als er die Kerze von der äußersten Spitze des gemalten Dreiecks entfernte, sprach er das Gebet zu Osiris: Mit der allwaltenden Hoheit Gottes rufe ich dich herbei und flehe dich an, oh Geist des Osiris aus der unendlichen Astralebene, dem Kind Bryan Conroy eine Verbindung zu unserem Ziel zu gestatten, damit auch er von deinem befähigenden Geschenk profitieren kann …
    Anschließend entflammte er ein Streichholz und legte es auf das Pergament. Das gekritzelte Gebet und die Pferdebremse lösten sich beide unter der wachsenden Flamme auf.
    Benjamin trat zurück und sah zu, wie die Flammen in die Höhe stiegen, seine Augen folgten den Rauchsäulen, die sich nach oben zu der gewölbten Scheunendecke schlängelten. Währenddessen stellte er sich vor, dass er als eine fliegende Gestalt abhob, die Erde als eine winzige Kugel unter ihm drehte sich um ihre eigene Achse. Er verspürte eine plötzliche Flut von Allmacht, als würde er im Zentrum des Universums stehen, umgeben von Galaxien und Sternen. An der Spitze der Rauchsäule bildete sich eine weiße leuchtende Kugel. Diese wurde größer und fing bald an sich zu senken. Sie drückte den Rauch nach unten, dabei stieß sie ein lautes windähnliches Geräusch aus, das ihn fast taub machte. Er hielt den Stab in die Höhe und zog das weiße Licht in seinen Körper hinunter, während er das Wort Matah von seinen Lippen vibrieren ließ.
    Mit dem Stab fuhr er über seinen Torso, konzentrierte sich auf sein Herz. Das Licht verblasste zu einem Lichtstrahl und verknüpfte sich mit ihm, zuerst mit seinem Herzen und als er dann den Stab über seinen Körper hielt, mit seiner Leiste. » Alkuth« , sprach er mit der monotonen Stimme eines andächtigen Liedes. Er berührte jede Schulter, der Lichtstrahl folgte dem Ende des Stabes und entzündete es leicht. Jetzt konnte er die geformte Kontur in der Dunkelheit erkennen: Ein Anch-Kreuz,