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Deadline 24

Deadline 24

Titel: Deadline 24 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A John
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Häufchen zusammengescharrt lagen sie herum wie Abfall. Sally holte tief Luft und schaute an der gläsernen Wand empor. Über dem Eingang hing eine Art Seil, eine graue Schlange aus Kunststoff, so in sich verschlungen, dass ihre Windungen Buchstaben bildeten, bleibende Buchstaben, die sich nicht veränderten und auch nicht Deadline 24 ergaben. Aber bedeutsam schienen sie Sally trotzdem, zumal sie ein Wort in der Sprache ihrer Ahnen bildeten: »MagicStore« stand über dem Eingang – ein Zauberladen.
    »Ich lasse euch jetzt mit euren Kostbarkeiten allein«, sagte die Frau. »Mir ist es zu heiß hier neben der Säule. Aber ganz wichtig: Hände weg von den richtigen Juwelen drüben in dem anderen Laden. Die sind für die Lords reserviert!«
    Sally hörte kaum hin. Sie kniete auf dem Boden, wühlte in den Hüllen und die Tränen liefen ihr übers Gesicht. Lauter magische Scheiben, lauter durchsichtige kleine Dinger mit goldenem Punkt und tanzenden Buchstaben. Lauter Deadlines 24.
    »Es tut mir so leid, Sally!« Monnia fasste sie um die Schultern und drückte sie. »Nimm’s dir doch nicht so zu Herzen. Du hast ja immer noch das wispernde Tuch.«
    Sie glaubte, Sallys Kummer rühre daher, dass einer ihrer Schätze gar keiner war. Nur ein blödes Teil, das in Massen herumlag und das jeder sich nehmen konnte. Aber das war es nicht. Genau genommen fühlte Sally gar keinen Kummer, sie fühlte fast so etwas wie Glück. Aber darüber reden konnte sie nicht, nicht jetzt, wo ihr das Herz so voll war, dass ihr die Tränen strömten. Vater war hier gewesen, ganz sicher, es gab keinen Zweifel mehr. Dies waren die Säulen, von denen er in ihrem Traum gesprochen hatte. Hier hatte er gestanden, wo sie jetzt kniete, hatte in den Hülsen gewühlt, wie sie es tat. Seine Schritte, seine Bewegungen, seine Gedanken konnte sie nun rekonstruieren! Von dort drüben war er gekommen, vom Korridor und der Drehtür. Es war noch dunkel gewesen, im Licht seiner Lampe hatte er den Raum durchquert bis zur hinteren Wand. Bei der Säule hatte er sich niedergelassen, weil er immer nur nachts unterwegs war und sich freute, die Sonne gleich wiederzusehen. Dann war es hell geworden, und staunend hatte er diese Ladenzeile, oder was immer es war, erforscht. Er hatte die Plastikhüllen gefunden, eine Scheibe herausgenommen, sie nachdenklich betrachtet. Was dann? Er konnte lesen, was die Buchstaben bildeten, er war mit Angelina verheiratet, er kannte das Wort. Er kannte es!
    War ihm die Scheibe aus der Hand geglitten, so wie es Sally passiert war? Vielleicht. Aber im Gegensatz zu ihr brauchte er sich nicht die Mühe zu machen, nach ihr zu suchen, er wusste ja, wie viele es noch gab. Was tat jemand, der völlig ratlos war? Betete er zu Gott, bat Ihn um Aufklärung? Möglicherweise. Sally jedoch glaubte, dass ihr Vater, nachdem er den ersten Schock überwunden hatte, einfach das Nächstliegende tat: Er durchsuchte den Laden, kehrte das Unterste zuoberst, um weitere Hinweise zu finden.
    Also versuchte Sally das auch, doch es erschien ihr als völlig nutzloses Unterfangen, in diesem Durcheinander etwas zu finden. Sie glaubte nicht, dass Vater dieses Chaos angerichtet hatte, es sah eher aus, als ob ein Wirbelsturm hier gewütet hätte. Mutlos zerrte sie einige der namenlosen Dinge zur Seite. Darunter lag etwas, das wie dunkles Glas aussah. Hastig grub sie weiter und fand eine klumpige, harte Pfütze aus verschmortem Kunststoff, der sich, so vermutete sie, unter Einfluss großer Hitze in den Hallenboden hineingefressen hatte und nun eine glänzende Schicht bildete. Die legte sie mit tastenden Händen frei, und endlich erspürten ihre Finger eine Unregelmäßigkeit, eine Zartheit wie die Fasern eines spinnwebfeinen Tuchs.
    Das war es! Sally nahm keine Rücksicht mehr auf die schlafenden Lordleute, warf scheppernd alles zur Seite, schaufelte den glänzenden Fleck frei und musste sich doch auf den Bauch legen und mit den Augen ganz nah herangehen, um zu erkennen, was ihre Hände ertastet hatten: Ein winziges Stück feinen, tuchähnlichen Materials ragte aus der verschmorten Masse heraus, war dem Feuer oder der sengenden Hitze entgangen, nicht mehr als ein oder zwei Zentimeter zerfranstes Gewebe. Und doch war es dasselbe Material, dafür hätte Sally, auf der Stelle und ohne zu zögern, ihre Seele verwettet. Das flüsternde Tüchlein und der verschmorte Kunststoff hatten einmal zusammengehört, hatten Vater eine Geschichte erzählt, die es nun nicht mehr gab. Seine Worte

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