Deadlock
schlicht und einfach, dass ich nichts Wichtiges wüsste.
Mit diesem Gedanken versuchte ich mich auf dem letzten Stück meines Heimwegs zu trösten. Aber hatte ich nicht noch viel weniger gewusst, als man vor zehn Tagen meinen Wagen halb ruiniert hatte? An der Ausfahrt Belmont Avenue kam ich zu der Erkenntnis, dass sämtliche Morde in dieser Sache als Unfälle getarnt worden waren: Champ war über die Kaimauer gefallen, Mattingly überfahren worden und Phillips von einer Maschine erdrückt. Wäre ich - wie vorgesehen - bei meinem Autounfall ums Leben gekommen, so hätte sich wahrscheinlich niemand mehr groß darum gekümmert, dass die Lenkung nicht funktioniert hatte.
Es war mir nicht gelungen, die Polizei davon zu überzeugen, dass zwischen Champs Tod und dem des Nachtportiers ein Zusammenhang bestand, und in dem Anschlag auf mein Leben wollten sie nichts weiter sehen als einen ganz gewöhnlichen Ausbruch von Zerstörungswut. Mit anderen Worten, der Mörder hatte den psychologischen Aspekt genau richtig eingeschätzt. Wie groß waren die Chancen, dass die Polizei nun, da ich bereit war, mein Wissen über Mattingly preiszugeben, eine Verbindung zu Kelvin und Champ herstellte? Sehr gering. Andererseits: Sollten sie meiner Aussage nachgehen, so konnten sie wesentlich einfacher feststellen als ich, wer Mattingly letzten Freitag draußen in Meigs mit dem Wagen abgeholt hatte.
Während ich mir einen Parkplatz vor einem Restaurant aussuchte, damit eventuelle Angreifer von möglichst vielen Zeugen beobachtet werden konnten, beschloss ich, die Sache mit Mattingly und dem Fernglas für mich zu behalten. Ich würde einfach nur sagen, dass er für den Rückflug Bledsoes Flugzeug benutzt hatte.
22
Nächtliche Gaunerei
Ich hatte nicht mehr viel Zeit, mir eine passende Geschichte zurechtzulegen, denn Sergeant McGonnigal wartete vor meinem Haus in einem braunen Dodge auf mich. Als er mich die Stufen zum Hauseingang hinaufgehen sah, stieg er aus. »Guten Abend, Miss Warshawski. Wären Sie so freundlich, mit mir in die Stadt zu kommen? Lieutenant Mallory möchte Ihnen ein paar Fragen stellen.«
»Worüber?« Ich holte meinen Schlüssel aus der Tasche.
McGonnigal schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung - er hat mich nur gebeten, Sie ins Büro zu bringen.«
»Lieutenant Mallory ist der Ansicht, ich solle in Melrose Park wohnen, mit einem Mann und sechs Kindern. Wahrscheinlich will er von mir wissen, ob ich diesem Ziel inzwischen näher gekommen bin. Sagen Sie ihm, er kann mir ja 'ne Weihnachtskarte schicken.« Wenn ich schon einmal beschließe, mich freiwillig bei der Polizei zu melden, dann will ich bitte nicht aufs Revier geschleppt werden.
McGonnigal kniff seinen wohl geformten Mund zu einer dünnen Linie zusammen. »Ich finde Ihren Auftritt nicht besonders witzig, Miss Warshawski. Wir haben Ihre Fingerabdrücke in Clayton Phillips' Büro gefunden. Jeden anderen hätten wir in diesem Fall per Haftbefehl als wichtigen Zeugen vorführen lassen. Nur aus alter Freundschaft zu Ihrem Vater ersucht Sie Lieutenant Mallory, freiwillig mitzukommen und ein paar Fragen zu beantworten.« Ich musste wohl in Zukunft Handschuhe tragen, wenn ich als Einbrecherin Karriere machen wollte. »Na gut. Ich komme freiwillig mit.« Ich schob die Haustür auf. »Zuerst muss ich allerdings was essen. Wollen Sie mich begleiten, damit ich oben nicht vielleicht Zyankali schlucke?«
McGonnigal machte eine ärgerliche Handbewegung und erklärte, er wolle im Wagen warten. Ich sprintete die drei Treppen zu meiner Wohnung hinauf. Mein Vorratsschrank war immer noch leer - zum Einkaufen hatte mir bis jetzt die Zeit gefehlt. Die letzten beiden Scheiben Brot aus dem Kühlschrank bestrich ich mit Erdnussbutter, dazu trank ich aufgewärmten Kaffee, der vom Frühstück übrig geblieben war. Während ich aß, nahm ich Champs Papiere und befestigte sie mit Klebeband in alten Ausgaben von »Fortune«. Anschließend ging ich ins Bad, um mir die Zähne zu putzen und das Gesicht zu waschen. Für die Unterhaltung mit Bobby musste ich mich frisch und munter fühlen. Leichtfüßig rannte ich die Treppe wieder hinunter zu McGonnigals Wagen.
Er hatte den Motor laufen lassen und schoss mit demonstrativem Reifenquietschen davon, noch ehe ich die Wagentür richtig geschlossen hatte. Ich legte den Sicherheitsgurt an. »Sie sollten sich auch anschnallen, wenn Sie in diesem Stil weiterfahren wollen«, sagte ich. »Versicherungsleute und Polizisten, das sind die Einzigen, die man nie
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