Deadwood - Dexter, P: Deadwood
Sie stand auf und ging zur Tür. »Vielleicht fühlt es sich so an, wenn man die Frau ist«, sagte er.
Darüber lachte sie, allerdings ohne sich umzusehen, und machte sich auf den Weg nach unten. Charley zog die Tür hinter sich zu und war plötzlich blind. Dafür war es kühler, und er konnte Mrs. Langrishe auf der Treppe unter sich hören, sie ging ruhig und sicher, als könnte sie in der Dunkelheit sehen. Sie mochten zehn Minuten oben gewesen sein.
Als sie zurück im ersten Stock waren, hörte er auch die Party wieder. Sie blieb am Fußende der Treppe stehen und wartete auf ihn, dann nahm sie seinen Arm, um mit ihm den Flur entlang zum ersten Treppenabsatz zu gehen.
Sie wirkte völlig frisch, und während sie ins Erdgeschoss hinuntergingen, wurde ihre Haltung zunehmend distanzierter, und als sie dann am Fußende der Treppe seinen Arm losließ und nach Gästen Ausschau hielt, die sie umschmeicheln konnte, war es, als wären sie beide überhaupt nie oben gewesen.
Ihr Ehemann war der Erste, den Charley sah, nachdem Mrs. Langrishe ihn verlassen hatte. Er stand mit einer Frau, die Charley nicht kannte, zwischen Treppenhaus und Vorderzimmer. Er hielt ein langstieliges Weinglas in der einen und eine Zigarre in der anderen Hand und redete über die erbärmliche Lage der schönen Künste in den Black Hills.
Er begegnete Charleys Blick, ohne sich zu unterbrechen. Charley erwiderte den Blick und fühlte sich dabei gar nicht so unwohl, wie er es erwartet hätte, obwohl er immer noch feucht war von Mrs. Langrishes Körperflüssigkeiten. Das Wissen, dass Jack Langrishe kein Interesse an Frauen hatte, änderte seine Einstellung. Welche Abmachungen auch immer es zwischen ihm und seiner Frau gab, Charley hatte nicht gegen sie verstoßen.
Langrishe nahm einen langen Zug von seiner Zigarre und blies den Rauch um den Kopf der Frau. Dann ging er um sie herum und bot Charley die Hand an. Charley gestattete Langrishe, ihm die Finger zu quetschen. »Ich hoffe, Sie amüsieren sich«, sagte Langrishe. Charley wusste nicht, ob das eine tiefere Bedeutung hatte oder nicht.
Die Frau hinter Langrishe lächelte ihn an. Langrishes Zigarrenqualm hüllte ihren Kopf ein wie ein Schwarm Sommerinsekten. »Was für eine nette Idee«, meinte Charley, »eine Party für Mrs. Hickok zu geben.«
»Eine charmante Lady«, sagte Langrishe. Er hielt immer noch Charleys Hand und drückte seine Knöchel zusammen. Von da an wurde Charley immer argwöhnisch, wenn er mitbekam, wie ein Mann anderen Männern die Hand zerquetschte.
»Sie ist selbst eine Art Künstlerin«, sagte Langrishe. »Ich hoffte, sie überzeugen zu können, lange genug zu bleiben, um in einer unserer Inszenierungen aufzutreten.«
»Ich glaube nicht, dass sie Gefallen an der Schauspielerei findet«, meinte Charley. Er dachte daran, wie schüchtern sie war. »Ihre Talente liegen auf anderen Gebieten.«
Langrishe ließ Charleys Hand los. »Eine Darbietung ist eine Darbietung, habe ich recht?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Charley. Die Worte klangen seltsam vertraut, und als er sie aussprach, tauchte Mrs. Langrishe auf. Sie hielt sich an Solomon Stars Arm fest, was Charley daran erinnerte, dass er sie vorhin in ihrer Gegenwart gesagt hatte.
Sie sah ihn auf eine Weise an, die man als freundlich bezeichnen könnte, wandte sich dann aber Solomon Star zu. »Ich fürchte, ich muss Sie ständig im Auge behalten, Mr. Star«, sagte sie, »denn andernfalls verlassen Sie uns. Haben Sie schon Mr. Tan kennengelernt? Ich habe ihn gerade hier drüben gesehen … Einige unserer Chinesen sind hervorragende Geschäftsleute …«
Charley ging in den vorderen Raum und nahm dem Neger ein langstieliges Glas Wein ab. Es schmeckte schon erheblich vertrauter als das erste, und er setzte sich auf einen Stuhl neben dem Fenster und trank in kleinen Schlucken. Als der Neger wieder vorbeikam, stand Charley auf und tauschte die Gläser – leer gegen voll. Dabei erhaschte er einen Blick von sich selbst im Spiegel zwischen zwei der nach vorn hinausführenden Fenster. Es sah aus, als passte es zu ihm, ein Weinglas in der Hand zu halten. Beim nächsten Glas war der Wein auch schon erheblich leichter zu schlucken, er gewöhnte sich an den Geschmack.
Er versuchte sich zu erinnern, wie es sich angefühlt hatte, mit Mrs. Langrishe zusammen zu sein, und fragte sich, ob er wieder mit ihr zusammen sein wollte. Er wusste es nicht. Er nahm ein weiteres Glas Wein und schaute sich im Raum nach ihr um. Er entdeckte weder sie
Weitere Kostenlose Bücher