Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen
Handgelenke. »Dann bin ich also frei?«
»Frei würd ich das nicht unbedingt nennen, Mikey.« Decker lächelte. »Sagen wir mal so … vorläufig sind Sie aus dem Schneider.«
28
Marges Honda stand in der Einfahrt. Das bedeutete, daß an Schlaf immer noch nicht zu denken war. Die Flüssigkristallziffern zeigten zwölf Uhr mittags statt Mitternacht. Er hatte nie herausgefunden, wie man den roten Punkt umstellt. Aber wenn man seit einundzwanzig Stunden auf den Beinen ist, was kümmern einen dann noch die Tageszeiten?
Er parkte den Plymouth, stieg aus und warf einen Blick in den Honda. Den Kopf ganz nach hinten gekippt, den Mund auf, die Augen geschlossen, sah Marge aus wie tot. Doch er hatte sie schon öfter schlafen gesehen – auf vielen langen Fahrten zu den verrückten Zeiten, zu denen sie ihren Dienst taten. Er klopfte an die Beifahrertür. Sie fuhr mit dem Kopf hoch, gähnte und streckte sich. Dann stieg sie aus dem Auto. Sie hatte einen Aktenkoffer in der Hand.
»Sagt man jetzt schon guten Morgen oder immer noch gute Nacht?«
»Wir haben die Grenze überschritten, Detective Dunn.« Decker schloß die Tür von seinem Haus auf, beruhigte den Hund und schaltete eine der Lampen im Wohnzimmer an. »Dann schütt mal Onkel Pete dein Herz aus.«
Marge machte die Tür hinter sich zu, kam blinzelnd ins Zimmer und kraulte Ginger am Hals.
»Kaffee?« fragte Decker.
»Diese Nacht nicht. Ich hab das Gefühl, als ob mein Magen schon in Säure schwimmt. Vielleicht krieg ich ja ein Magengeschwür.«
»Vielleicht solltest du mal ein bißchen schlafen.«
»Wie wär’s mit einem Kräutertee?«
Decker warf seine Jacke auf die Couch. »Ich geh mal gucken, ob Rina so was in der Küche hat. Du brauchst übrigens nicht zu flüstern. Es ist keiner da. Komm, Ginger, ich laß dich raus.«
»Diese Ehe hat also ganze acht Monate gehalten.« Marge ließ sich auf das Sofa fallen. »Ungefähr solange wie meine Beziehungen.«
»Bring Rina nicht auf dumme Gedanken«, rief Decker aus der Küche. Einen Augenblick später kam er zurück. »Es ist ein Beweis für ihre Gutmütigkeit, daß sie mich nicht rausgeschmissen hat, als Lilah Brecht mitten in der Nacht hier aufgetaucht ist. Ich hab Wasser aufgesetzt. Müßte jede Minute kochen. Bist du bei der Kautionsverhandlung von Totes gewesen?«
»Yeah«, sagte Marge. »Fünftausend auf fünfzig Tage.«
»Konnte er die zehn Prozent stellen?«
»Lilah hat sie für ihn gestellt.«
»War sie bei der Verhandlung?«
»Nein, aber ich hab einen kurzen Blick auf den Vertrag werfen können.« Sie rieb sich die Augen. »Lilah ist die Bürgin. Opfer stellt Kaution für seinen Angreifer. Da werden die Geschworenen ihren Spaß dran haben.«
»Und der Staatsanwalt hat alle Hände voll zu tun.«
»Hast du Lust, mir von heute Abend zu erzählen?« fragte Marge.
»Ich hol dir erst deinen Tee.«
Eine Minute später reichte Decker Marge den dampfenden Becher. Sie nippte immer wieder, während er redete. Der Hund schlief zu ihren Füßen. Als Decker fertig war, sah Marge ihn mit roten Augen an. »Scott Oliver ist also ein ganzer Kerl, was?«
Decker setzte sich in einen der Wildledersessel und legte die Füße auf ein zerrissenes Lederkissen. »Sabber nicht beim Sprechen, Margie, du bist doch kein Pawlowscher Hund. Und um die Spitzenmeldung des Tages auf einen Punkt zu bringen, noch ist Oliver verheiratet.«
»Yeah, das ist wirklich zu schade.« Sie streckte sich auf der Couch aus. »Weiß er denn, was er tut, rein jobmäßig?«
»Er hat Kelley Ness wie ein Profi behandelt. Ich hab größtenteils nur zugesehen.«
»Dann ist also die Mordkommission Devonshire zuständig.«
»Nein, Burbank.« Decker schleuderte seine Schuhe von sich. »Donnally war bereits tot, bevor er verbrannt wurde – laut dem vorläufigen Bericht war seine Lunge sauber. Man hat auch bereits festgestellt, daß das Blut in Merritts Büro mit dem von Donnally übereinstimmt, aber das Labor will noch einige genauere Tests durchführen.«
»Während du dich mit dem Supermann unterhalten hast, hab ich Laborberichte durchgesehen. Kingston Merritt hatte Schmauchspuren an der rechten Hand. Es wurden aber keine Schußwaffen am Tatort gefunden.«
»Wir haben Kelley danach gefragt. Sie schwor, sie hätte keinerlei Waffen vom Tatort entfernt, und wir konnten sie auch nicht aufs Glatteis führen. Das ist Burbank bei Eubie Jeffers auch nicht gelungen.«
»Also entweder haben sie das Ganze gut abgesprochen, oder jemand anders hatte die
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