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Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen

Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen

Titel: Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Plötzlich fiel ihm auf, daß es unheimlich still im Haus war, noch nicht mal der Hund bellte. Sofort war er beunruhigt.
    »Ist jemand da?«
    »Wir sind im Kinderzimmer, Peter«, rief Rina.
    Er atmete erleichtert auf. Es war lächerlich, sich gleich Sorgen zu machen, aber er konnte nicht anders. Dann dachte er über das Wir in Rinas Mitteilung nach. Wir sind im Kinderzimmer. Dort war ursprünglich sein Arbeitszimmer gewesen.
    Er ging hinein. Sammy hatte einen Schlafanzug an, sein Kopf lag auf dem Kissen, die Decke reichte ihm nur bis zur Taille. Seine Wangen waren ein wenig gerötet, die Stirn feucht. Sein hellbraunes Haar war zerzaust und wurde von einer Jarmulke aus braunem Leder gekrönt. Er lächelte, doch es wirkte gezwungen. So im Bett liegend, sah er viel jünger aus als zwölf – und viel verletzlicher. Rina spielte mit ihm Karten; ein Stapel abgelegter Karten lag auf einem Tablett auf dem Bett. Sie trug ein cremefarbenes Umstandskleid. Ein rotes Tuch um ihren Hals gab ihrem Gesicht ein wenig Farbe. Ihre Haare waren geflochten und zum Teil von einem goldenen Netz bedeckt. Goldene Ringe schmückten ihre Ohrläppchen. Wie eine Frau in so einfachen Kleidern und ohne jedes Make-up so schön sein konnte, war ihm unbegreiflich.
    Rina sah zum Anbeißen aus. Doch da Sammy zu Hause war, waren die Aussichten auf eine nachmittägliche Romanze gleich Null. Decker ging zu seinem Stiefsohn, fühlte ihm die Stirn und dann die Wangen.
    »Geht’s dir nicht gut?«
    Sammy zuckte die Achseln.
    »Kann ich dir irgendwas holen, mein Sohn?«
    »Ich hab alles.«
    »Möchtest du was zu Mittag?« fragte Rina. »Ist zwar noch ein bißchen früh.«
    »Ich mach mir schon was.«
    »Nein, setz dich. Ich bring’ dir ein Sandwich.«
    »Wo ist Ginger?«
    »Sie kriegt ein Antiflohbad und wird gebürstet, die Arme. Du weißt doch, wie sie in der Hitze leidet. Ich sollte sie vielleicht abholen, solange du noch hier bist. Macht es dir was aus, Shmuli ein bißchen Gesellschaft zu leisten?«
    »Ob es mir was ausmacht?« Decker setzte sich auf die Bettkante. »Es ist mir ein Vergnügen.«
    Sammy lächelte schwach.
    »Sollen wir sagen, diese Runde war unentschieden?« fragte Rina. »Was meinst du?«
    »Klar, Ima.«
    Rina packte die Karten zusammen und steckte sie in die Schachtel. »Ich komm gleich wieder. Truthahnsandwich okay?«
    »Perfekt.«
    Decker tätschelte lächelnd die warme Hand seines Sohnes. »Das war heute morgen einfach so da?«
    Sammy nickte.
    »Na ja, wird schon wieder. Du mußt viel trinken, Sammy. Trinkst du genug?«
    »Ich laufe schon über, Peter.«
    »Das ist gut.« Decker legte dem Jungen einen Arm um die Schultern und spürte, wie er sich ein wenig verkrampfte. »Ist mein Arm dir zu schwer?«
    »Ich will nicht, daß du dich ansteckst.« Sammy machte sich los. »Ima hab ich auch gesagt, sie soll mir nicht zu nah kommen. Du weißt schon, wegen dem Baby und so.«
    Decker küßte ihn auf die Wange. »Mach dir wegen mir keine Sorgen. Ich hab starke Ab Wehrkräfte.«
    Doch Sammy blieb auf Distanz. Decker wußte, daß das ganz normal war. Stiefväter übernehmen nicht von heute auf morgen die Stelle von richtigen Vätern. Noch nicht mal über einen Zeitraum von drei Jahren. War es tatsächlich schon so lange her, daß er Rina kennengelernt hatte? Er hatte damals an einem Vergewaltigungsfall gearbeitet; Rina war eine Zeugin gewesen. Seitdem war einiges passiert.
    Rina kam mit einem Truthahnsandwich und einem Haufen Krautsalat auf einem Pappteller ins Zimmer. In der anderen Hand hielt sie einen Krug mit bläßlichem Orangensaft.
    »Das ist für dich.« Sie reichte Decker den Teller und stellte dann den Krug auf den Nachttisch. »Und das ist für Sammy. Achte drauf, daß er was trinkt, Peter.«
    »Das hatten wir doch schon, Ima.«
    »Bis später, Jungs.« Sie küßte ihren Sohn auf die Stirn, dann küßte sie Decker auf den Mund und tippte ihm leicht auf den Kopf, bevor sie hinausging. Auf diese sanfte Art erinnerte sie ihn, eine Jarmulke aufzusetzen, bevor er aß.
    »Tschüs«, sagte Decker. Schweigend lauschten er und Sammy, wie Rina durch das Haus ging. Einige Sekunden später fiel die Tür ins Schloß, und Decker wandte sich dem Jungen zu.
    »Wie geht’s denn so?«
    »Du kannst ruhig essen, Peter. Laß dich von mir nicht stören.«
    »Ich muß mir erst die Hände waschen. Hast du vielleicht eine Kippa, die ich mir leihen kann?«
    »Oberste Schublade rechts.«
    »Danke.« Decker fischte eine Batman-Jarmulke aus der Kommode und

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