Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde
Teenageralter. Und wie viele andere Halbstarke, die wir kennen und lieben, hat es keine Manieren. Gib ihm Zeit.«
»Worüber sprachen wir gerade?«
»Gershon Klein.«
»Hat Honey dir gegenüber zufällig erwähnt, daß sie versucht hat, sich von ihm scheiden zu lassen?«
»Nein –«
»Na also, das hat sie praktischerweise vergessen.«
»Ich glaube, eins der Kinder kam rein.«
Das Auto begann zu husten, als es die Berge nach Jerusalem hinaufächzte. Die Luft war klar und mit dem durchdringenden Geruch nach Pinien erfüllt.
»Peter, ergibt es denn irgendeinen Sinn, daß Honey Gershon ausgerechnet in der Badewanne ertränkt haben soll?«
»War wahrscheinlich die wirkungsvollste Waffe im Haus.«
»Warum sollte sie ihn dann noch erschießen, in sein Büro schleppen und alles verwüsten, damit es wie ein Raubüberfall aussah?«
Decker schwieg. »Den Teil habe ich noch nicht zu Ende gedacht.«
Noch eine schallende Hupe. Diesmal wurden sie von einer rasenden Autofahrerin überholt. Rücksichtslosigkeit für alle. Decker sagte: »Warum gibt es überhaupt dieses blöde Gesetz?«
Rina drehte sich ihm zu. »Wovon sprichst du?«
»Warum kann die Frau nach jüdischem Recht nicht die Scheidung einreichen? Dieses Gesetz ist nicht nur verdammt archaisch, sondern auch sexistisch. Es ist so ungerecht, daß sich selbst deine unterentwickelten feministischen Nackenhaare dabei sträuben müßten.«
Es wurde still im Wagen.
Decker sagte: »So habe ich es nicht gemeint.«
»Doch, genau so.«
»Ich wollte dich nicht verletzen. Es tut mir leid.«
»Peter, wo steht denn geschrieben, daß man nicht gleichzeitig traditionalistisch und feministisch sein kann? Das eine schließt das andere nicht aus.«
»Du hast recht. Ich entschuldige –«
»Ich weiß, wer ich bin, und ich bin glücklich damit. Es gibt immer noch ein paar Überbleibsel wie mich, die stolz darauf sind, Vollzeitmutter zu sein.«
»Ich bin stolz auf dich, Rina. Ich bin stolz auf das, was du bist, und würde dich um nichts in der Welt ändern wollen.«
Er gab sich wirklich Mühe! Rina verbiß sich ein Lächeln und verzog gespielt verärgert das Gesicht. »Du wanzt dich nur an, weil du ohne mich in Israel aufgeschmissen bist.«
Decker war verletzt. »Ich meine es ernst!«
»Ernst, daß ich nicht lache!« Rina mußte sich nun das Lachen verkneifen. »Übrigens sind es gar nicht die Feministinnen, die uns nicht-berufstätige Mamis schief angucken, sondern alle anderen. Besonders die Männer –«
»Was?«
»Männer haben heutzutage derart unvernünftige Erwartungen –«
»Sollen wir jetzt etwa einen dämlichen Geschlechterkampf austragen?«
»Nicht genug, daß wir armen Frauen den Haushalt und die Kinder versorgen müssen.« Jetzt fing Rina an, an den Fingern abzuzählen. »Nein, wir müssen auch noch schön sein, charmant, sexy, körperlich fit, gute Köchinnen – ach was, Meisterköchinnen müssen wir sein –«
»Ich kann nicht glauben, was ich höre –«
»… die Cappuccino kochen können. Du hast nicht die leiseste Ahnung, wie man Milch aufschäumt, stimmt’s?«
»Da hast du mich erwischt, Rina«, knurrte Decker. »Zu deiner Information, meine Liebe, ich trinke keinen Cappuccino.«
»Und außerdem sollen wir noch Vollzeit arbeiten und genug Geld mit nach Hause bringen, um nicht nur für uns selbst zu sorgen, sondern auch noch etwas für die Kinderkleider und den Babysitter beizusteuern, die Lebensmittel –«
»Bist du bald fertig?«
»So ziemlich.«
»Ich habe dich noch nie aufgefordert, außer Haus zu gehen und zu arbeiten. Und ich habe dich noch nie gebeten, irgendwelche Rechnungen zu bezahlen. Da muß ich diesen anderen Schmocks, von denen du redest, ja wohl haushoch überlegen sein.«
»Aber Peter, es ist doch klar, daß du kein Chauvinist bist, und ein Idiot auch nicht.«
»Wie wär’s dann vielleicht mal mit ein bißchen Anerkennung?«
»Du bist ein Heiliger!«
»Das habe ich nicht gesagt! Wie sind wir überhaupt auf dieses blöde Thema gekommen?«
»Du sprachst von der jüdischen Scheidung«, stellte Rina ungerührt fest. »Das Gesetz selber ist nicht schlecht, das Problem ist die Anwendung. In biblischer Zeit hatten die Rabbis ihre Mittel und Wege, einen Mann gefügig zu machen, wenn er nicht kooperieren wollte. Sie konnten ihn hungern lassen oder ihn schlagen, bis er seiner Frau einen Get ausstellte. Solche harten Methoden wurden nicht als inhuman betrachtet.«
»Jemanden hungern zu lassen oder ihn zu schlagen findest du
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