Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde
Sie. Ich hasse das. Aber wenn Sie darauf bestehen, tue ich es. Also, wenn es Ihnen wirklich wichtig ist.«
Der junge Mann tappte ungeduldig mit dem Fuß. Orly fragte ihn, ob er sie verstehen könnte. Der junge Mann schüttelte den Kopf. Der Fahrstuhl bimmelte. Rina hielt die Tür fest und stieg ein. »Bis da-ann.«
Die Türen schlossen sich, und das war’s. Rina ließ den Rock herunter und drehte ihr Haar zu einem Knoten zusammen. Sie steckte ihre Bluse wieder in den Taillenbund und stieg im dritten Stock aus. Sofort fiel ihr die Wache ins Auge, die im Gang vor einem Zimmer postiert war.
Anscheinend voller Selbstvertrauen ging sie auf ihn zu. Die Sonnenbrille ließ sie auf, weil sie ihr ein offizielleres Aussehen verlieh.
»Polizei«, sagte Rina auf hebräisch. »Ich muß mit dem Jungen reden – Gil Yalom.«
»Können Sie sich ausweisen?«
Und was jetzt? Rina kramte in ihrer Tasche. In der Hoffnung, daß der Wachmann kein Englisch verstand, nahm sie ihren Mietwagenvertrag heraus. »Die offizielle Genehmigung, daß ich ihn vernehmen darf.«
Der Wachmann sagte: »Das ist in englisch.«
Rina setzte eine verzweifelte Miene auf. »Natürlich ist es in englisch. Ich bin die Verbindungsperson zwischen der betreffenden amerikanischen und der israelischen Polizeieinheit. Bombendezernat. Nordwest – Tel Aviv. Das Büro von Sgan Nitzav Kreisman. Sie haben doch gehört, was heute morgen in der Bursa los war, oder?«
Der Wachmann lief rot an.
»Ach!« sagte Rina. »Sie haben noch gar nichts gehört. Kein Wunder, daß Sie nicht wissen, was los ist.« Sie schnappte sich ihren Mietwagenvertrag. »Diese Papiere hier berechtigen mich, Gil Yalom zu vernehmen und sein Auto zu durchsuchen. Er hat einen Subaru. Sehen Sie? Hier.« Rina zeigte ihm den Vertrag. »Subaru. Das hier ist die Modellnummer und das Kennzeichen. Man kann ja schließlich nicht losgehen und Autos ausfindig machen wollen, ohne zu wissen, wonach man suchen soll.«
Sie stopfte den Vertrag wieder in ihre Handtasche zurück und ließ sie zuschnappen. »Ich hab’s eilig, Schalom.«
Der Wachmann ließ sie vorbei.
Sie trat ins Zimmer, und schon sackte ihr das Herz in die Hose. Noch eine Wache. Er stand auf, als er Rina sah, und ging auf sie zu, wobei er ihr den Blick auf Gil Yalom und ebenso Moshe und Tziril Yalom verstellte, die am Bett ihres Enkels wachten.
»Ich habe Papiere.« Wieder zog Rina den Vertrag heraus. Der Wachmann griff danach und las.
»Nett«, sagte er auf englisch, wenn auch mit Akzent. »Sie haben also einen Subaru gemietet.« Er griff sie am Arm. »Sie sind verhaftet.«
Tziril Yalom stand auf und kam zu ihrer Verteidigung. »Sind Sie wahnsinnig? Lassen Sie sie los. Ich kenne sie. Sie ist eine sehr nette junge Dame.«
Der Wachmann hielt Rina immer noch fest. »Ich habe strikten Befehl, niemanden außer den Angehörigen hier herein zu lassen. Befehl ist Befehl –«
»Befehl ist Befehl? Sind wir hier im Dritten Reich?« Tziril trat neben ihn und versetzte ihm einen Puff auf die Schulter. »Ich sage Ihnen doch, daß ich diese junge Frau kenne. Sie ist hergekommen, um zu helfen. Lassen Sie sie los!«
»Nur Verwandte, G’weret. Tut mir leid, aber –«
»Sie ist meine uneheliche Tochter«, verkündete Moshe Yalom.
Alle starrten ihn an.
»Das kommt in den besten Familien vor«, brummte Yalom achselzuckend. »Gehen Sie zur Bursa und fragen Sie jeden, den Sie wollen. Gestern habe ich sie dorthin mitgenommen und allen als meine Tochter vorgestellt.«
Der Wachmann lachte. »Denken Sie, daß ich das glaube?«
»Ja, das tue ich«, sagte Yalom ernst.
Der Wachmann umklammerte Rinas Arm nach wie vor, beäugte Moshe aber unentschlossen.
»Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
»Soll ich meine Frau beschämen, indem ich so etwas laut verkünde?« gab Yalom zurück. »Lassen Sie sie los. Sie ist eine Verwandte.«
Zögernd gab die Wache Rinas Arm frei.
Rina schüttelte die Erniedrigung ab. »Danke.« Sie nahm die Brille ab und umarmte Tziril. »Danke.«
»Ich sollte Ihnen danken«, erwiderte die Frau. »Moti Bernstein hat uns erzählt, was Ihr Mann gestern in der Jeschiwa getan hat.« Tziril nahm sie wieder in die Arme. »Sie haben einen sehr mutigen Mann geheiratet.«
Rina schluckte schwer. »Mrs. Yalom, er hat mich hergeschickt, weil er sich Sorgen um Gil macht.«
»Sie müssen mit ihm reden, nicht wahr?« sagte Tziril und trat mit ihr an Gils Bett.
Rina nickte. Die Großmutter sah ihren Enkel an. Rina musterte Gil. Peter hatte
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