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Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Titel: Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Fünfzigern durch die Innentür, der ein klein wenig ungepflegt aussah – zerknitterter Hemdkragen, verrutschter Schlips, ungebügelte Hosen. Das graumelierte Haar über der beginnenden Glatze war zur Seite gekämmt. Er war kräftig gebaut, mit breitem Brustkorb und massigen Handgelenken, und sah aus wie jemand, der an körperliche Arbeit gewöhnt ist und sich in dem schwarzen Anzug, den er da trug, nicht unbedingt wohl fühlte. Sein Blick wirkte schneidend, der Ausdruck mißtrauisch. Aber er bemühte sich um Freundlichkeit und streckte die Hand aus. Decker nahm sie.
    »Ich habe die ganze Nacht telefoniert.« Der Mann hatte einen schweren Akzent. »Es ist meschugge, daß Arik einfach so verschwindet. Es ergibt überhaupt keinen Sinn.«
    »Shaul Gold?« fragte Decker.
    »Ja, ja, natürlich.« Gold war irritiert. »Wer sollte ich sonst sein? Lassen Sie uns in mein Büro gehen. Yochevet ist zwar vertrauenswürdig, aber sie hat einen großen Mund.«
    »Nicht so groß wie deiner«, tönte die verstärkte Stimme der Empfangsdame.
    Gold winkte mißmutig ab, aber sie schien nicht beleidigt zu sein. »Hier entlang.«
    Yochevet ließ sie mit dem Summer durch. Decker folgte Gold einen kurzen Flur entlang in ein Büro, das hell wie ein Atrium war. Zwei gläserne Wände ließen den Blick auf alles frei, was sich da unten in der Tiefe so tat. Nicht gerade das richtige für jemanden mit Höhenangst. Oder jemanden, der Klaustrophobie hatte.
    Das Büro war nämlich winzig.
    Es war angelegt wie eine Eßtheke. Unter einen schwarzen Bartresen aus Resopal waren zwei Hocker geschoben. Gold holte einen davon hervor und bedeutete Decker mit einer Handbewegung, sich zu setzen. Er selber ging auf die andere Seite und setzte sich ebenfalls, im Rücken einen Panoramablick auf den Pershing Square, der immer noch eine einzige Baustelle war. Zu seiner Rechten stand ein Tresor aus gebürstetem Stahl. Darüber TV-Bildschirme, auf denen der Vordereingang und die kleine Passage zu sehen waren. Im Moment war die Luft rein. Zwischen den Bildschirmen hing ein Porträt des kürzlich verstorbenen Lubavitcher Rebbe. Ein schwarzer Hut bedeckte seinen Kopf, und der größte Teil des Gesichtes verschwand hinter einem Vollbart. Aber man sah gleich, daß der große Rabbi auf dem Foto lächelte – und auch die freundlichen, zerknitterten Augen.
    Da Arik ihm als nichtreligiös beschrieben worden war, fragte Decker sich, ob der Rabbi wohl auf Golds Initiative zurückging. Er wirkte eigentlich gar nicht religiös. Er trug keine Jarmulke.
    Deckers Blick wanderte wieder zum Tresen zurück. Auf der Platte sah man eine Waage, eine kleine Schaufel, eine Juwelierlupe und einen Tischkalender, auf dem Termine und sonstige Verpflichtungen mehrfarbig mit Tinte und Bleistift in die Kästchen eingetragen waren. Auf dem fünfzehnten lag ein Häufchen loser Diamanten, das sich zum sechzehnten hinüber ergoß.
    Decker verzog keine Miene, aber der Anblick machte ihn fast fertig. Da lagen Tausende von Dollar in Edelsteinen achtlos verstreut auf einem alten, vollgeschriebenen Terminkalender. Gold spielte liebevoll damit herum.
    »Das mache ich später fertig.« Mit einer einzigen Handbewegung griff er nach der Schaufel und wischte die Steine vom Papier. Dann hielt er inne und sah Decker prüfend an. »Es sei denn, Sie sind interessiert. Ich mache Ihnen einen guten Preis.«
    Decker lächelte. »Vielleicht ein andermal.«
    »Einmal ein Kaufmann …«, sagte Gold. Er schüttete die Diamanten in einen Umschlag und verstaute sie hinter der Theke. Er hatte gar keine schlechten Gesichtszüge – helle, sanfte Augen bildeten den Ausgleich zu einem breiten Kinn und einer Knubbelnase, einer genetisch und nicht etwa durch Alkohol bedingten. Gold rieb sich die Arme. »Sicher, daß Sie nicht interessiert sind? Es ist eine ganz neue Lieferung.«
    »Ganz sicher«, griente Decker. »Lassen Sie Ihre Diamanten immer so offen herumliegen?«
    Gold sah Decker gerade in die Augen. »Ich habe einen Revolver unter der Theke. Wenn hier irgend jemand was Blödes anfangen will, mach ich dem schnell ein Ende. Wollen Sie meinen Waffenschein sehen?«
    »Nicht nötig.«
    Gold sagte: »Und außerdem sind Sie von der Polizei. Wenn Sie mich bestehlen, ist das schlimmer für Sie als für mich.«
    »Woher wissen Sie, daß ich bei der Polizei bin?«
    »Ich habe Ihren Dienstausweis durch die Kameras gesehen, als Sie ihn Yochevet vorgezeigt haben. Wenn mir nicht gefällt, was ich sehe, lasse ich den Betreffenden nicht

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