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Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Titel: Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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nicht«, stimmte Decker zu.
    Gold sah ihn verblüfft an. »Sie wissen über Schnorrer Bescheid?«
    Decker nickte. Angeblich sammelten sie Geld für wohltätige Zwecke, aber manchmal waren diese wohltätigen Zwecke einfach nur sie selber. Seit er Rina geheiratet hatte, rannten sie ihm mit ausgestreckten Händen die Bude ein, und zwar stets im unpassendsten Moment. Aber Rina hatte ein weiches Herz und gab ihnen immer etwas.
    Shaul sagte: »Mach die Tür auf, Yochie.«
    Sie gehorchte. Der Chasside berührte die Mezuza, küßte seine Hand und kam herein. Aber Gold schob ihn wieder hinaus. Decker folgte den beiden auf den Gang.
    »Jeden Tag kommt irgendeiner«, knurrte Gold.
    Der Chasside stimmte einen Singsang in fremder Sprache an.
    »Maspeek.« Gold öffnete sein Portemonnaie und nahm einen Zwanziger raus. »Mehr habe ich nicht. Geh.«
    Der Schnorrer rührte sich nicht vom Fleck.
    Gold zeigte dem Mann sein leeres Portemonnaie. »Kein kessef mehr. Lech. Majween?«
    Der Schnorrer sagte: »Ani majween.« Er sah Decker an. Decker pustete Luft aus, zog einen Zwanziger heraus und gab ihn dem Mann. Der Schnorrer steckte das Geld ein, murmelte einen Segensspruch und wandelte den Gang hinunter auf die nächste Mezuza zu.

11
    Es war zwar ihre Aufgabe, aber Marge kam sich trotzdem wie ein Schnüffler vor. Decker hatte sie vor diesem Gefühl gewarnt. Sicher, sie hatte schon andere Häuser vom Deckenbalken bis zur Bodenplanke durchsucht, aber in diesen Fällen waren die Bewohner am Leben gewesen. Marge hatte zwar keine Beweise, daß die Yaloms tot waren, aber es sah nicht gut aus. Die Zeitung kam nach wie vor, und die Post wurde noch ausgeliefert, aber das einzige, was hier im Haus der Yaloms noch lebte, waren die Zimmerpflanzen.
    Also wühlte sich Marge, in der Hand den Schlüsselbund, den Orit ihr überreicht hatte, Stück für Stück voran, ohne daß ihr jemand von hinten über die Schulter sah und lauthals protestierte und sie verwünschte.
    Sie konnten doch nicht einfach vom Erdboden verschwunden sein! Innerhalb von drei Stunden hatte sie einen Lebenslauf der Yaloms in Kurzform zusammengestellt, private Details aufgespürt … und kleine Geheimnisse.
    Dalia Yalom nahm die Pille und war ein heimlicher Fan von Soap Operas. Beleg: in einer Hutschachtel verstaute Zeitschriften mit Beiträgen zu Vormittagsserien und dazu eine unterschriebene Autogrammkarte von einem Mann, der möglicherweise hübsch war, aber ansonsten wie aus Plastik wirkte. Dalias Schränke waren gut gefüllt, wenn auch für eine Frau mit ihren Mitteln nicht unbedingt obszön voll. Aber sie hatte seltsame Vorlieben. Dutzende von Leinenschuhen – perlenverziert, bestickt, bemalt. Sie besaß Tennisschuhe aus jedem erdenklichen Material, von Nubukleder bis Samt, Seide bis durchsichtigem Plastik. Der gläserne Schuh, nur in anderer Ausführung.
    Obwohl Marge die Schuhe einen nach dem anderen inspiziert hatte, war sie auf nichts Außergewöhnliches gestoßen. Deshalb hatte sie die Suche im Elternschlafzimmer aufgegeben und war in die Zimmer der Jungen weitergezogen.
    Dort hatte sie Dovs »kleinen Vorrat« gefunden – nicht mehr als ein paar Krümel Cannabis. Dovs Methode, einem Übervater zu entfliehen. In der hintersten Ecke des Kleiderschranks hatte sie drei Ordner mit einer umfangreichen Zettelsammlung und selbst geschriebenen Erzählungen entdeckt. Nach dem, was Decker ihr erzählt hatte, war sie von Dovs Geschichten über Einsamkeit und Entfremdung nicht besonders überrascht gewesen.
    Was Marge allerdings überrascht hatte, war die heimliche Lyrik des älteren Bruders, Gil. Was für eine empfindsame Seele. Die Texte waren amateurhaft und übertrieben, wie es nur Teenager fertigbringen können, aber sie waren gedankenvoll. Die Gedichte des älteren Jungen sprachen von der Blume, die blühet in des Menschen Schlamm, davon, daß das Gute erwächst aus dem Pfuhl des Bösen, und vom Kind, das geboren ist aus der Asche des Feuers. Marge war sich nicht sicher, auf wen oder was dieses Kind bezogen war, aber die Botschaft dahinter schien ungewöhnlich positiv für einen Heranwachsenden.
    Marge hatte gesehen und gelernt.
     
    Decker drehte die israelischen Pässe in seinen behandschuhten Händen. »Wo hast du die gefunden?«
    »In einer Mappe im Aktenkoffer.« Marge zeigte auf einen schwarzen Attachékoffer aus Leder mit einer goldenen Schnalle. »Beim ersten Mal habe ich dieses Kofferset nicht einmal gesehen, weil die Dachkammer so eine komische Form hat.«
    »War der

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