Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde
Marge.
»Sie meinen die Firma?«
»Versuchen Sie’s mal in Südafrika«, rief ein anderer Geschäftsmann herüber.
Jetzt merkte Decker, daß sich langsam eine Menschenmenge um sie bildete. Der blonde Mann streckte seine Hand aus und sagte: »Ronnie Guttenberg. Warum kommen Sie nicht mit in mein Büro?«
Decker tauschte einen Blick mit Marge, dann nahm er dankend an. Guttenberg führte sie zum Expreß-Fahrstuhl, der sie in fünfzehn Sekunden fünfunddreißig Stockwerke nach oben beförderte. Sie stiegen aus und gingen mit Guttenberg in eine kleine Büroeinheit, die der von Gold nicht unähnlich war. Der Schnitt war fast identisch – Vorzimmer, Korridor, dann das Büro selbst. Guttenbergs Niederlassung war in warmen Holztönen und geöltem Leder eingerichtet, aber nicht übertrieben. Er deutete auf zwei Polstersessel, und Marge und Decker setzten sich. Guttenberg nahm hinter seinem Schreibtisch Platz.
»Sie sind von der Polizei?«
Marge und Decker nickten.
»Können Sie mir etwas über den Mord an Arik Yalom sagen?«
Decker nahm sein Notizbuch heraus. »Warum fragen Sie nach dem Mord an Yalom?«
»Weil Sie von der Polizei sind und ich Angst habe. Ich kannte Arik nur flüchtig. Aber darum geht es nicht.« Guttenberg biß die Zähne aufeinander. »Diamanten sind ein riskantes Geschäft. Man kommt jedes Mal um vor Angst, wenn man von so was hört. Und auch noch seine Frau! Hatte Yalom Kinder?«
»Ja, das hatte er«, sagte Decker. »Sie werden vermißt.«
»Vermißt?« Guttenberg zog die Stirn in Falten. »Sie meinen, jemand hat sie entführt?«
Marge antwortete: »Wir sind nicht sicher.«
Guttenberg wechselte das Thema. »Warum fragen Sie nach VerHauten?«
»Weil wir im Telefonbuch keine Eintragung finden können«, sagte Marge.
»Das liegt daran, daß sie in den USA keine Niederlassung haben. VerHauten gilt als Monopol, und als solches ist es ihnen nicht gestattet, in den Vereinigten Staaten Geschäfte zu machen. Wir haben hier ein Kartellrecht.«
Einen Moment lang herrschte Stille im Raum.
Marge nahm ihr Notizbuch heraus und zog die Augenbrauen hoch. »Wollen Sie damit sagen, daß sie keine Geschäfte in den Vereinigten Staaten machen?«
»Nein, damit will ich sagen, daß sie sich hier nicht niederlassen können. Aber sie machen eine Menge Geschäfte in den USA. Wir würden allesamt auf der Straße sitzen, wenn es VerHauten nicht gäbe.«
Guttenberg faltete die Hände und legte sie auf den Tisch.
»Das sind so die Feinheiten der Kartellverordnung von Sherman. Alles vollkommen dumm und zwecklos, und das Ergebnis ist, daß wir Schleifer und Händler gezwungen werden, Geld für Reisen aus dem Fenster zu schaufeln, damit wir in Übersee an unsere Steine kommen.«
»In Antwerpen?« Decker nahm seinen Notizblock zur Hand.
»Ich persönlich gehe nach Tel Aviv, um meine Steine zu kaufen. Aber VerHauten macht seine Geschäfte mit Antwerpen. VerHauten ist Antwerpen.«
Guttenberg lächelte.
»Ich übertreibe, aber nur ein bißchen. VerHauten mag ja von unserem Grund und Boden verbannt sein, aber sie kontrollieren uns, und zwar völlig.«
»Warum gehen Sie nach Tel Aviv?« fragte Marge.
»Ich bin nicht groß genug für eine Box von VerHauten. Also entspricht Antwerpen meinen Bedürfnissen nicht so richtig.«
»Eine Box?« fragte Marge.
»Die Großen im Geschäft – also die richtig, richtig Großen – bekommen ihre Steine direkt aus den Minen in Südafrika, frisch vom Schlot sozusagen. Die Branchenriesen geben ihre Bestellungen ab, und dann bekommen sie zweimal im Jahr eine Box mit Diamanten von VerHauten. Die Firma gibt sich große Mühe, es ihren Kunden recht zu machen, aber selbst die Großen im Geschäft sind gezwungen, Steine abzunehmen, die sie eigentlich gar nicht wollen.«
»Gezwungen, Steine abzunehmen?« Marge sah von ihren Notizen hoch. »Wie meinen Sie das?«
»Sie nehmen entweder alles – und zwar widerspruchslos –, oder Sie kriegen gar keine, was bedeutet, daß Sie ab sofort nicht mehr in der ersten Liga mitspielen.«
Decker sagte: »Man muß die Boxen nehmen, wie sie sind?«
»Absolut. Die einzig zulässigen Fragen betreffen Dinge wie die Einstufung – Qualität, Farbe, solche Sachen. Und selbst da liegt die endgültige Entscheidung bei VerHauten. Die sind Gott in dem Geschäft.«
»Was wäre denn etwa ein richtig, richtig Großer in der Branche?« fragte Marge.
»Wie wär’s zum Beispiel mit Sir Maxwell Ogdenbaum?«
Maxwell Ogdenbaum. Sein Name war seit fünfzig Jahren mit
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