Decker & Lazarus 09 - Totengebet
Einsatzbereichs.«
»Ich bin mir meiner Pflichten wohl bewusst, Marge.«
Marge sah zur Decke. »Ich möchte nur vermeiden, dass geredet wird. Okay?«
»Geredet? Worüber?«
»Dass du das Morddezernat allen anderen Abteilungen vorziehst.«
»Mord hat immer Vorrang.«
»Nicht, wenn andere Dinge deswegen vernachlässigt werden.«
Decker musterte sie wütend. »Was soll das werden? Willst du mich belehren, wie ich meinen Job machen soll?«
Marge wich seinem feindseligen Blick nicht aus. »Ja.«
Decker schwieg. »Wird denn schon geredet?«, fragte er schließlich.
»Ein, zwei Bemerkungen sind gefallen, ja.«
»Mit welchem Inhalt?«
»Mit dem Inhalt, dass du ziemlich ausgeprägte Vorlieben hättest.« Marge sah ihn an. »Gestern wurde ein großer Hehlerring gesprengt. Ein paar der Jungs haben sich gefragt, warum du bei Sparks’ Totenfeier gewesen bist, anstatt ihnen ein bisschen auf die Schultern zu klopfen.«
»Erinner mich, dass ich eine Hitliste für gute Taten aufstelle!«
»Pete!«
»Schon gut, schon gut.« Er fuhr sich durchs Haar. Sie hatte Recht. Es war ein großartiger Durchbruch gewesen. Und es stimmte. Er hätte großzügiger mit Lob sein können. Aber er war mit den Gedanken woanders gewesen …
Marge ließ die Brieftasche in eine Plastiktüte gleiten. »Rein aus Neugier, Pete … Warum überlässt du nicht Webster und Martinez die Beweisaufnahme am Tatort?«
»Die beiden untersuchen gerade Sparks’ Wagen.«
»Dann frage ich mich, was jetzt wichtiger ist.«
Wieder hatte sie ins Schwarze getroffen. »Ich ruf die beiden an«, sagte Decker. »Sie sollen herkommen.«
»Nichts für ungut, Pete?«
»Nichts für ungut.« Decker faltete die Hände vor der Brust. »Ich seh mich hier ein bisschen um, bis der Arzt, die Spurensicherung und Webster und Martinez kommen. Findet das dein Einverständnis, Detective?«
»So empfindlich der Herr?«
»Was machst du Sonntagabend?«, fragte Decker.
»Ich hab eine feste Verabredung mit meinem Videoladen. Da gibt’s zwei Videos zum Preis von einem.«
»Komm zum Essen zu uns.«
»Die Leute könnten reden. Von wegen Lieblingsschülerin.«
Decker grinste und legte den Arm um Marge. »Lass sie reden.«
21
Wortlos drückte Shockley auf den Liftknopf in der Eingangshalle. Seine wütenden Blicke wanderten zwischen Oliver und Marge hin und her. Als die Lifttür aufging, trat er zuerst ein. Die Fahrt nach oben verlief ebenso schweigend wie der Weg den Korridor entlang und in sein Büro. Der Direktor öffnete die Tür und ging hinein. Sobald Marge und Oliver eingetreten waren, schlug er die Tür zu.
»Im Gegensatz zu dem, was Sie denken, bin ich hier nicht der allzeit verfügbare Großonkel.« Shockley musterte sie finster. »Ich bin ein Angestellter, und ich habe einen Job zu erledigen. Wenn ich das nicht schaffe, gibt’s Stunk!«
»Tut mir Leid, dass wir unangemeldet reinplatzen …«, begann Marge.
»Tut Ihnen Leid? Sie holen mich aus einer wichtigen Besprechung mit dem Aufsichtsrat, nachdem sie meine Sekretärin praktisch mit Waffengewalt gezwungen haben …«
»Sir, mit Waffengewalt nun wirklich nicht!«
»Sie haben sie zu Tode erschreckt, sie bedroht …«
»Kein Mensch hat hier jemanden bedroht.«
»Ich kann nur hoffen, dass Sie einen verdammt triftigen Grund haben!«
»Kenneth Leonard ist tot«, erklärte Oliver ohne Umschweife. »Genau wie Reg Decameron. Es war Mord. In beiden Fällen.«
Shockley schnappte nach Luft. »Was?«
»Möchten Sie sich setzen?«, fragte Marge.
Das war eine rhetorische Frage. Shockley hatte sich bereits in seinen Schreibtischsessel fallen gelassen. Er versuchte etwas zu sagen, brachte jedoch kein Wort heraus.
»Detective Dunn und ich sind heute Nachmittag zum Tatort gerufen worden«, begann Oliver. »Beide Männer hat man in Decamerons Haus ermordet aufgefunden. Wir haben Leonards Taschen durchsucht, haben jedoch nicht viele persönliche Dinge gefunden. War er verheiratet? Oder gab es eine Lebensgefährtin?«
»Jemanden, den wir benachrichtigen müssen?«, sprang Marge ihm bei.
Shockleys Hände zitterten. Er antwortete nicht.
Marge trat vor ein Lackschränkchen und öffnete die Tür. Sie nahm eine Karaffe mit einer braunen Flüssigkeit und ein geschliffenes Kristallglas heraus. »Möchten Sie einen Schluck?«
Shockley nickte. Marge schenkte zwei Finger breit von der rotbraunen Flüssigkeit ein. Shockley leerte das Glas mit einem Schluck. Augenblicklich stieg ihm Röte in die Backen. Nur die Stimme versagte ihm
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