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Decker & Lazarus 09 - Totengebet

Decker & Lazarus 09 - Totengebet

Titel: Decker & Lazarus 09 - Totengebet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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absurd, mit fünfunddreißig diese Überlegungen anstellen zu müssen. Aber alte Gewohnheiten sind schwer abzulegen.« Bram wurde nachdenklich. »Außerdem kommt dieses Verhaltensmuster nicht von ungefähr. Meine Geschwister sind mit einem Bruder aufgewachsen, für den Recht zu haben, das elfte Gebot war.«
    Sein Blick schweifte ab ins Leere.
    »Ich habe Debatten geliebt, Auseinandersetzungen. Ich habe immer eine verbale Möglichkeit gefunden, jemanden in Grund und Boden zu reden. Es gab mir ein herrliches Gefühl von Macht.«
    Sein Blick wurde immer entrückter.
    »Ich hatte vor Jahren einen guten Freund. Einen Mann, der noch besser mit Worten umgehen konnte als ich. Wir haben viele Stunden miteinander über Gott debattiert. Ich habe ihn wie einen Bruder geliebt. Eines Tages fing er an, alles doppelt zu sehen. Er wurde krank. Zehn Monate später war er tot.«
    Bram schluckte schwer.
    »Plötzlich war Recht zu haben nicht mehr wichtig für mich.«
    Sparks Augen brannten. Decker sah ihn unverwandt an und verzog keine Miene. Sparks Züge wirkten plötzlich eingefallen, wie eine Wachsfigur, die vor Erschöpfung zu schmelzen begann. »Sollen sie nur auf mir herumhacken. Ich habe Nehmerqualitäten.«
    Er sah auf die Uhr.
    »Es ist spät. Haben Sie nicht Frau und Kinder zu Hause?«
    Decker schwieg.
    »Das war unhöflich von mir. Bitte entschuldigen Sie. Was möchten Sie noch wissen?«
    »Im Moment bin ich zufrieden.« Decker stand auf. »Danke, dass Sie mir Ihre Zeit gewidmet haben.«
    »Falls Ihnen noch etwas einfällt … Bitte rufen Sie mich jederzeit an, oder kommen Sie her.« Der Priester stöpselte das Telefon wieder ein. »Denn eines ist sicher: Ich gehe nirgendwohin.«
     
    Sie knipste das Licht an. Die Handlung hatte eher Symbolwert. Denn Rina hatte den Gedanken an Schlaf längst aufgegeben. Es dauerte eine Minute, bis sich ihre Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten. Sie sah auf die Uhr.
    Halb drei Uhr morgens.
    Peter hatte prophezeit, dass es eine lange Nacht werden würde.
    Eine sehr lange Nacht.
    Ihre Finger glitten über den Telefonapparat. Der Name war ihr entfallen. Eine vage Erinnerung war vorhanden, doch sie konnte sie nicht konkretisieren.
    Entschlossen schwang sie sich aus dem Bett, holte die Gelben Seiten, ging ins Bett zurück und schlug den Buchstaben K für Kirchen auf. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sie die Pfarrei der Kirche des heiligen Thomas gefunden hatte.
    Das war es gewesen.
    War eine Kirche vierundzwanzig Stunden am Tag besetzt? Bei Synagogen war das nicht der Fall. Aber Rabbis, die eine Gemeinde leiteten, hatten einen Pieper für Notfälle.
    Sie wählte die Nummer. Das Rufzeichen ertönte zweimal, dreimal. Dann schaltete sich der Anrufbeantworter ein. Eine Frauenstimme sagte:
    »Sie haben die Nummer der Kirche des heiligen Thomas gewählt. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Piepton. Bei Notfällen und dem dringenden Wunsch mit Pater Abram Sparks zu sprechen, wählen Sie bitte …«
    Rina wartete geduldig, während eine Reihe von Telefonnummern und Hinweise verlesen wurden. Schließlich ertönte der Piepton.
    Rina brauchte einen Moment, bis sie ihre Stimme wieder fand. »Hier ist Rina«, sagte sie und wartete einen Moment. »Hier spricht Rina Lazarus Decker. Ich möchte eine Nachricht für Pater Abram Sparks hinterlassen …«
    »Hallo?«
    Brams Stimme unterbrach sie. Und mit dem Klang brach ein Schwall von Erinnerungen über sie herein. Sie brachte kein Wort heraus. Totenstille herrschte zwischen ihnen.
    »Ich hatte das Telefon ausgestellt und den Anrufbeantworter eingeschaltet, weil ich nicht den Mut hatte, mit jemand zu reden. Aber du …« Seine Stimme brach. »Ich kann dir gar nicht sagen, was das für mich bedeutet.«
    »Bram, es tut mir so Leid …«
    »Ich weiß.«
    Keiner sagte ein Wort.
    »Kann ich irgendwas für dich tun?«, sagte Rina schließlich.
    »Dein Anruf ist genug.« Er hielt kurz inne. »Dein Mann hat mein Büro gerade erst verlassen. Gestern am späten Abend ist er übrigens bei uns zu Hause gewesen.«
    Rina erwiderte nichts darauf.
    »Hat uns Fragen gestellt«, fuhr Bram fort. »Er war sehr feinfühlig. Er ist ein guter Mann, Rina. Ich bin sicher, Yitzy hätte ihn gemocht.«
    Rina fühlte, wie sich ihre Kehle zusammenzog, als die Schatten aus den Gräbern aufzusteigen schienen. »Dein Vater war ein sehr bedeutender Mann. Ich bin sicher, dass Peter jeden verfügbaren Beamten … Mein Gott, das klingt so …«
    Bram sagte nichts.
    »Kann ich denn gar

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