Decker & Lazarus 09 - Totengebet
hat auch eine Filiale mit Labors hier in der Nähe, in einem Industriepark in Irvine.« Marge wandte sich an Oliver: »Ist leider nicht Florida, Scotty. Aber wie gesagt … alles alligatorenfrei.«
»Sagen wir lieber ›keimfrei‹. Und das ist ja gerade so beschissen«, brummelte Oliver. »Ich hasse diese sterilen neuen Firmenparks mit ihren pseudo-hawaiianischen Palmengärten und künstlichen Wasserfällen. Alles Plastik. Zum Kotzen.«
»Trotzdem würde ich lieber dort als in irgendeinem muffigen Schuppen in der Innenstadt arbeiten«, behauptete Gaynor.
»Großer Gott, lass mich tot umfallen, falls ich je so denken sollte …«
»Scotty!«, mahnte Marge.
»Ist schon okay«, beschwichtigte Gaynor. »Ich verstehe Scotty. Früher habe ich auch mal so gedacht. Aber mit dem Alter ändern sich die Perspektiven …«
»Niemals!« Oliver streckte zwei überkreuzte Finger seiner rechten Hand gegen Gaynor aus. »Fort mit dir! Ich habe Knoblauch gegessen. Heb dich hinweg!«
»Um zehn seid ihr auf der Straße«, sagte Decker.
»In Ordnung«, antwortete Marge.
»Bert und Tom, ihr überprüft morgen sämtliche Alibis«, fuhr Decker fort. »Ich möchte einen genauen Zeitplan von den Hauptakteuren in diesem Stück. Wo sie vor, während und nach dem Mord an Sparks waren.«
»Geht klar.«
»Und den Papierkrieg kriege ich, was?«, fragte Gaynor.
»Ganz der deine, Farrell.«
»Kann ich den Computer in deinem Büro benutzen?«
»Barrel, wir haben sechs Computer, die nutzlos im Bereitschaftsraum rumstehen.«
»Aber deiner ist mit mehr Datenbanken verbunden«, konterte Gaynor.
»Okay«, seufzte Decker. »Sobald ich weg bin, kannst du mit meinem Computer machen, was du willst.«
»Was hast du vor, Chef?«
»Ich bin in einer Stunde mit Dr. Berger verabredet. Und vielleicht gelingt es mir ja nach Berger und dem Papierkram, mich noch vor Azor Sparks’ Gedenkgottesdienst kurz aufs Ohr zu legen.«
»Sie halten einen Gedenkgottesdienst, bevor der Tote offiziell aufgebahrt, der Rosenkranz für ihn gebetet und er begraben wurde?«, wunderte sich Martinez.
»Sparks wird nicht nach katholischem Ritus beerdigt, Bert. Sparks war ein fundamentalistischer Protestant.«
»Trotzdem wollte die Familie nicht bis nach der Freigabe der Leiche mit der Beerdigung warten?«, beharrte Martinez.
»Offensichtlich nicht.«
»Wann findet der Gedenkgottesdienst statt?«
»Um drei Uhr nachmittags.«
»Dürfte interessant werden«, bemerkte Marge. »Alle an einem Ort zusammen. Ich wäre gespannt wie ein Flitzebogen, wie die Herrschaften so aufeinander reagieren.«
»Was glaubst du, weshalb ich hingehe?«, entgegnete Decker.
11
Zuerst registrierte er das Geräusch als Pochen in seinem Schädel. Bis ihm klar wurde, dass jemand an der Tür war. Bram hob den Kopf und versuchte die aufsteigende Übelkeit niederzukämpfen. Er war, den Kopf auf die Arme gelegt, an seinem Schreibtisch eingeschlafen.
Sein Mund fühlte sich an wie Sandpapier, seine Glieder schmerzten, sein ganzer Körper war ein Geflecht aus bloßliegenden Nervenenden. Seine Finger krochen wie Spinnenbeine über den Schreibtisch, tasteten nach der Brille. Endlich wurden sie fündig. Er setzte sie auf. Die Welt um ihn herum gewann mit einem Mal wieder an Konturen. Er stand auf und ging auf unsicheren Beinen, die Tür zu öffnen.
Luke. Er trug noch immer den schlapprigen Pullover und die Jeans, und roch mittlerweile reichlich abgestanden. Dasselbe traf inzwischen vermutlich auch auf Bram zu.
»Entschuldige. Habe ich dich geweckt?«
Bram sah auf die Uhr. »Hätte sowieso gleich aufstehen müssen. Um sechs ist Messe. Ich muss duschen. Nicht zu fassen, dass ich eingeschlafen bin. Eine Tasse Tee, Bruderherz?«
»Sicher, Bruderherz.« Luke stakste über den Fußboden voller Bücher und Akten, während Bram zum Heißwassergerät trottete. Der Priester griff sich einige Teebeutel, warf sie in Plastikbecher und goss heißes Wasser darüber. »Setz dich. Was gibt’s Neues zu Hause?«
Luke sank auf einen Klappstuhl. »Eva hat sich gegen zwei verabschiedet, Mag und Mike sind eine halbe Stunde später ins Bett. Und ich? Ich bin rumgefahren und rumgefahren und rumgefahren …«
Bram reichte dem Bruder einen Becher Tee und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. »Wie wär’s, wenn du endlich mal nach Hause fahren würdest?«
»Ich hab da eine prima Idee. Abram. Ich leg den Priesterkragen um und les die Messe. Du fährst nach Hause zu Dana …«
»Lucas!«
»Was hat sie gesagt, als du
Weitere Kostenlose Bücher