Decker & Lazarus 09 - Totengebet
zu bewegen, klammerte sie sich an ihn und redete unter Schluchzen auf ihn ein.
»Der Priester scheint sich in ihrer Gegenwart ausgesprochen unwohl zu fühlen«, bemerkte Decker. »Man könnte meinen, er kann sie nicht ausstehen. Oder verhält er sich Frauen gegenüber immer so?«
Rina streichelte die Backe ihres Mannes. »Sehe ich wie Freud aus?«
Decker lachte. Rina klopfte ihm auf die gesunde Schulter und lächelte.
Sie wunderte sich, wie wenig Peter entging.
Bram war Frauen gegenüber immer sehr zurückhaltend … und sie war diesbezüglich keine Ausnahme gewesen. Erst als Unglück und Trauer sie einander näher gebracht hatten, war er ihr gegenüber aufgeschlossener geworden. Rina hatte sein Verhalten stets dem verheerenden Verhältnis zu seiner Schwägerin Dana zugeschrieben. Ihr Blick schweifte über die Menge und blieb an einem Mann hängen, der lebhaft gestikulierte. Er wirkte zu auffällig, um Mitglied von Sparks’ konservativer Kirchengemeinde zu sein.
»Weißt du, wer der Mann dort ist?«, fragte sie.
»Welcher Mann.«
»Der ganz hinten links. Der mit dem gestreiften dunklen Dreiteiler.«
Deckers Blick schweifte suchend durch den Raum. »Donnerwetter, ich wette das ist … Entschuldige mich, Liebes.«
Decker ging und ließ Rina allein. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Bram und Dana. Zwischen den Erwachsenen drängte sich plötzlich ein ungefähr dreijähriger Junge hindurch, rannte auf Abram zu und schrie: »Onkel Bram, Onkel Bram!«
Die Blondine fuhr wütend herum. »Siehst du nicht, dass ich gerade rede?«, brüllte sie den kleinen Jungen an.
Die Leute um sie herum verstummten, starrten auf die Blondine. Das Gesicht des Jungen verzog sich zum Weinen. Mit hochrotem Kopf nahm Bram das Kind in seine Arme, tröstete es, streichelte seinen Rücken. Der Junge schmiegte sich an die Schulter seines Onkels. Die schwarz gekleidete junge Frau begann erneut zu schluchzen. Diesmal reagierte Bram energisch. Er packte sie einfach beim Arm und zerrte sie geradewegs in Richtung Küche.
Fünf Minuten später tauchte der Priester wieder auf, das Kind noch immer auf dem Arm. Er entdeckte Rina und kam auf sie zu. Rina sah den Jungen lächelnd an, strich ihm das Haar aus den hellgrünen Augen.
»Lukes Sohn?«
»Ja.«
»Er sieht aus wie du.« Rina lachte. »Ich meine wie dein Bruder.«
»Nur habe ich bessere Karten als mein Bruder. Ich habe den ganzen Spaß mit dem Jungen und keine Verpflichtungen.«
»Spielt Onkel Bram häufig den Babysitter?«
»Onkel Bram spielt gelegentlich den Babysitter. Aber Onkel Bram hat ein eigenes Leben. Wo ist dein Mann?«
»Er redet mit dem Herrn dort drüben.« Rina zeigte mit dem Finger in die Richtung. »Wer ist das?«
Brams Blick folgte ihrem ausgestreckten Finger. »Reginald Decameron. Einer der Kollegen meines Vaters.«
»Auffällige Erscheinung.«
»Ja, besonders in dieser Ansammlung von erzkonservativen Protestanten.« Er sah seinen Neffen an. »Alles in Ordnung ›Baskerville‹?«
Der kleine Junge nickte.
»Das ist nämlich Peter, Peter, der Hund von Baskerville. Zum Unterschied von Peter, dem Lieutenant. Wir nennen ihn ›Baskerville‹, weil niemand so gefährlich bellen kann wie Peter. Möchtest du Mrs. Laza … Mrs. Decker mal vormachen, wie wunderbar du bellen kannst?«
Der Junge schüttelte nur den Kopf und schmiegte sich enger an Bram. Bram verlagerte das Gewicht des Jungen auf den anderen Arm.
»Wie geht es Luke?«, fragte Rina stumm, indem sie die Lippen bewegte.
Bram wurde ernst. Er schüttelte den Kopf. »Wie wär’s, wenn du Onkel Bram ein Törtchen holst, Peter? Ein Schoko-Törtchen. Meinst du, das könntest du für mich tun?«
Er stellte den Jungen auf die Beine und kniete nieder.
»Hier sind zehn Cents. Du holst mir ein Schoko-Törtchen, dann mache ich aus diesem Zehncentstück zwei Zehncentstücke. Du weißt, dass ich das kann, stimmt’s?«
Peter ›Baskerville‹ nickte ernst. Bram gab ihm einen Kuss auf die Backe. »Dann lauf!«
Der Junge bewegte sich nicht vom Fleck.
»Komm schon. Ich stoppe die Zeit.« Bram sah auf die Uhr. »Auf die Plätze, fertig … los!«
Der Junge rannte davon. Bram stand auf. »Funktioniert immer.«
Rina verschränkte die Arme vor der Brust. »Das mit Luke tut mir Leid.«
»Wenn er auf dem Egotrip ist und sich ausgerechnet bei diesem Anlass betrinken muss, verschwende ich keine Energie an ihn. Ich muss an meine Mutter denken.«
»Wie geht es ihr?«
»Danke, der Nachfrage. Eigentlich geht es
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