Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
Veranstaltung ist.«
Oliver sagte nichts mehr, er schien besänftigt.
»Jedenfalls hab ich bei der Gelegenheit auch was über Joachims Eltern erfahren. Sie sind gute Kunden und treue Mitglieder des Science-fiction-Buchklubs bei Mycroft & Cranepool. Kriegen Ermäßigung auf alle SF-Bücher und ein monatliches Mitteilungsblatt mit den Neuerscheinungen.«
»Beam me up, Scotty«, sagte Marge und schob gleich hinterher: »Das ist ein Spruch aus Star Trek und keine Aufforderung zum Anbaggern, Scotty.«
Scott Oliver war erledigt.
»Ist Joachim auch Mitglied in diesem Buchklub?« fragte Webster.
»Das hat James nicht gesagt, und ich hab ihn nicht gefragt.«
»Spielt Sean Scrabble?« fragte Marge.
»Hab ich auch nicht gefragt. Kam mir zu aufdringlich vor.«
Webster lockerte seine Krawatte. »Da haben wir also Sean Amos. Den scharfen Typ mit den scharfen Klamotten und dem scharfen Cabrio. Das Tennis-As, das ein bißchen rabiat mit den Mädchen umspringt … seine Freundin anbumst und dann sitzen läßt.«
»Wenigstens hat er die Abtreibung bezahlt«, sagte Marge.
»Der schwimmt nur so im Geld«, meinte Webster. »Außerdem wird er denken: Gott nimmt und Gott gibt. Und dreimal dürft ihr raten, wen er für Gott hält.«
»Tommy, sag uns, was du wirklich von diesem Sean Amos hältst«, sagte Marge.
»Ihr hättet sehen sollen, wie der mit seiner Schwester umgesprungen ist. Als wär sie Dreck.«
»Da fragt man sich doch, warum so ein cooler Typ wie Sean Amos mit dem Bücherwurm Joachim Rush spricht. Dem bettelarmen, zerlumpten Professorensohn mit dem alten Saab«, sagte Decker.
»Die zwei wirkten nicht gerade wie Blutsbrüder«, bestätigte Webster.
»Wer sagt denn, daß sie Freunde sind«, sagte Martinez. »Ich hab sie nur miteinander sprechen sehen.«
»Und warum hast du dich an den Bücherwurm angehängt, Bert?«
»Gute Frage.« Martinez sortierte seine Gedanken. »Ich glaube deshalb, weil Sean ihn angesprochen hat, und nicht umgekehrt.«
Decker zückte das Notizbuch. »Und dann?«
»Viel mehr war nicht. Sie gingen zusammen zu Joachims Saab und haben dabei geredet. Meist hat Sean gesprochen.«
»Wirkte er nervös?« fragte Marge.
»Eher lebhaft«, sagte Martinez. »Hat mit Händen und Füßen geredet. Joachim dagegen schien gar nicht richtig hinzuhören. Hat nur ab und zu genickt, irgendwie apathisch. Dann stieg Joachim in sein Auto, und Sean redete weiter. Auch als Joachim schon drin saß. Schließlich griff Sean in die Tasche, zog einen Briefumschlag raus und gab ihn Joachim.«
»Eine Übergabe?« fragte Marge erregt.
»Sah ganz so aus«, sagte Martinez. »Denn gleich danach griff Sean wieder durchs Fenster. Ich nehme an, das war ein Handschlag. Dann fuhr Joachim los.«
»Er hat ihn ausgezahlt«, sagte Webster.
»Okay, fassen wir zusammen.« Oliver lehnte sich zurück. »Da ist Joachim, ein Eierkopf …«
»Eher ein Spinner«, warf Webster ein. »Läßt sich Cyberword nennen und ist Scrabble-Fan.«
»Meine Kinder spielen auch Scrabble«, warf Decker ein. »Ich spiele auch Scrabble. Ich bin kein Eierkopf, ich bin kein Spinner, ich bin auch kein Auftragskiller. Wir wissen nicht das geringste über diesen Jungen. Und wir phantasieren hier drauflos, daß mir ganz schwindlig wird.«
Keiner sagte etwas.
Decker lächelte schwach. »Wenn ich allerdings fürs Fernsehen die Rolle des Außenseiters besetzen müßte, würde ich einen Typ wie ihn nehmen. Hat ein Stipendium in einer Schule für Reiche. Ist ein Einzelgänger, weil er aus dem sozialen Raster fällt. Seine Eltern sind nicht nur Professoren, sondern auch fanatische SF-Leser. Und er ist ein fanatischer Scrabble-Spielen Bei Fanatikern werd ich immer mißtrauisch …«
»Auch bei Religionsfanatikern?« fragte Oliver provokativ.
»Bei Religionsfanatikern erst recht«, konterte Decker. »Die Familie Rush scheint mir nicht typisch für die Bevölkerung des West Valley zu sein. Weder die Eltern noch der Sohn.«
»Und dazu kommt noch die Kohle, die Sean Amos ihm rübergereicht hat«, sagte Oliver.
»Wer redet denn von Geld?« fragte Martinez. »Ich sagte: Briefumschlag.«
»Was soll’s denn sonst gewesen sein?« fragte Webster.
»Möglich ist vieles …«
»Zum Beispiel das Geld für einen Mord, der wie eine Überdosis aussehen sollte und letzte Nacht über die Bühne ging …«
»Nur zu«, sagte Decker. »Bin gespannt, wo wir noch hinkommen mit diesen wilden Theorien. Aber interessant klingt das schon. Schade nur, daß wir nichts davon
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