Decker & Lazarus 11 - Der wird Euch mit Feuer taufen
die Kinder viel eher Risiken eingehen würden.«
»Kinder sind unzuverlässig«, erwiderte McCarry.
»Nicht die Kinder des Ordens«, widersprach Marge. »Die sind programmiert wie kleine Roboter.«
Sie dachte an das Gespräch mit der vierzehnjährigen Vega, wie deren Augen aufgeleuchtet hatten, als sie von den Abenteuern des Kleinen Prinzen in magischen Welten erzählte. So ein intelligentes Kind, aber sie hatte ihr kurzes Leben hinter Betonmauern verbracht, den Kopf voll gestopft mit schwer verständlicher Wissenschaft und dem Pseudoglauben eines Gurus und ehemaligen Astrophysikers. Marge spürte, wie ihr ein Stich durchs Herz fuhr.
McCarry redete immer noch. »… als ob sie auf Befehl von jemand anderem sprach?«
»Die Frau am Telefon?«, fragte Marge.
McCarry konnte seine Gereiztheit kaum verbergen. »Ja, Detective. Die Frau am Telefon. Klang sie so, als würde sie einem Befehl gehorchen?«
Marge dachte nach. »Für mich klang ihre Verängstigung echt.«
»Selbst wenn es ein Trick war, um uns aus der Reserve zu locken, können wir ihn nicht ignorieren«, meinte Oliver.
»Die Einsatzleitung arbeitet bestimmt schon daran«, beschwichtigte Decker.
»Warum bist du nicht bei denen?«, fragte Oliver.
»Mich wollen sie wohl nicht haben.« Decker gähnte, fragte dann McCarry: »Und was ist Ihre Ausrede? Wieso hängen Sie mit uns Verlierern herum, wo Sie doch bei den großen Tieren mitmischen könnten?«
McCarry zuckte die Schultern. »Ich mag Verlierer.«
Decker lächelte. Er konnte sich denken, warum McCarry bei ihnen blieb. Zum einen hatte Decker einen – wenn auch nur geringen – Einfluss bei Bob. Vielleicht wollte der FBI-Agent auf dieser Welle mitreiten. Aber Decker ahnte, dass auch McCarry die sinnlosen Besprechungen leid war. Er erwärmte sich allmählich für den Agenten, spürte auch bei ihm ein langsames Auftauen. Es gab kleine Anzeichen gegenseitigen Vertrauens. Zum Beispiel hatte McCarry für Deckers Leute frischen Kaffee mitgebracht, als er aus dem Wagen des Einsatzkommandos gestiegen war.
Der Agent fragte: »Wo sind die anderen beiden? Blondie und der Schnauzbart?«
»Webster und Martinez?«, korrigierte Decker. »Sie besorgen sich eine Verfügung, um Asnikovs Unterlagen einzusehen.«
»Zu welchem Richter hast du sie geschickt?«, wollte Marge wissen.
»Ryan.«
»Gute Wahl.«
»Asnikov ist ein Schweinehund«, knurrte McCarry. »Informationen zurückzuhalten, wo da drinnen Kinder sind.«
»Asnikov behauptet, nie jemanden aus dem Orden gerettet zu haben«, sagte Oliver.
»Haben Sie ihn im Orden mal erwähnt? Wie war die Reaktion?«, fragte McCarry.
Marge nickte. »Mehrfach.«
»Für sie ist er der Teufel, stimmt’s?«
»Allerdings.«
McCarry nahm einen Schluck Kaffee. »So viel nackten Hass löst nur aus, wer sich richtig mit ihnen angelegt hat. Allein das Büro in L. A. hat fast fünfzig Beschwerden gegen ihn wegen Entführung bekommen.«
»Beschwerden des Ordens?«, fragte Marge.
McCarry schüttelte den Kopf. »Der Orden würde sich wegen Asnikov nie an das FBI wenden. Erst mal sind sie selbst Kidnapper. Und zweitens haben die Gurus alle eine zwielichtige Vergangenheit, davon bin ich überzeugt. Nein, die meisten Beschwerden gegen Reuben kommen von geschiedenen Eltern. Sie kennen das Szenario. Dad beschließt, es Mom heimzuzahlen, indem er Söhnchen entführt.«
»Entführt er die Kinder für den, der das Sorgerecht hat, oder für den anderen?«
»Sowohl als auch. Wir haben mindestens fünfzehn Fälle, wo er das Kind der Partei entführte, der das Gericht das Sorgerecht zugesprochen hat. Obwohl es bei manchen Fällen so aussieht, als hätte das Gericht einen Fehler gemacht. Aber hauptsächlich scheint er dem Elternteil, der das Sorgerecht hat, das Kind wiederzubringen.«
»Das ist doch in Ordnung«, sagte Marge. »So was nennt man Familienzusammenführung.«
»Theoretisch ja.« McCarrys Blick wurde stahlhart. »Aber es sind seine Methoden.«
»Wenn es Ihr Kind ist, Sie das Recht auf Ihrer Seite haben und das System versagt …« Marge zuckte die Schultern.
»Das ist Selbstjustiz.«
»Für mich ist das Gerechtigkeit.«
Der Agent ging nicht näher darauf ein. Decker schaute hinüber zu der Absperrung, hinter der sich alles drängte – Menschen, Autos, Laster, Kleinbusse, dazu die Medienleute mit ihren Kameras, Scheinwerfern, Maskenbildnern, Verstärkern und Mikrofonen. In den letzten zwei Stunden schienen sich die Leute durch Zellteilung vervielfacht zu haben. Ein
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