Decker & Lazarus 11 - Der wird Euch mit Feuer taufen
Southwest University of Technology vorbei, lag die Rentnerstadt Santa Martina – altes Geld, hoch aufragende Magnolienbäume, ausladende Platanen, gepflegter, smaragdgrüner Rasen und zweistöckige Häuser. Ein Ort der Republikaner, Episkopalkirchen, Martinis vorm Essen und Strickpullover. Die Enklave hätte als exklusiv gelten können, aber sie war wegen ihrer schlechten Lage dem Smog ausgesetzt und litt in den Sommermonaten unter hohen Ozonwerten. Den Bewohnern machte das nichts aus. Hitze bedeutete, dass man auf Kreuzfahrt zu saubereren Gefilden ging.
Die Adresse der Farranders erwies sich als kittfarbene Hacienda an einem grünen Hügel. Zwei zwölf Meter hohe Trauerweiden rahmten das Haus ein, und der Vorgarten war mit üppig blühenden Azaleen bepflanzt. Decker parkte am Straßenrand und ging zu der bogenförmigen, zurückgesetzten Tür hinauf. Er drückte auf die Klingel; innen erklang harmonisches Glockengeläut. Eine blond gelockte Frau Ende sechzig oder Anfang siebzig öffnete die Tür, ohne vorher zu fragen. Sie hatte ein breites Gesicht mit glatter Haut, die sich straff über die ausgeprägten Wangenknochen spannte, und ihre schmalen Lippen waren rosa angemalt. Geliftete Tränensäcke umgaben ihre braunen Augen. Die schlaffe Haut an ihrem Hals verriet ihr wirkliches Alter. Sie trug eine beige Strickhose und einen weißen Pullover mit Zopfmuster. Ihre nackten Füße steckten in braunen Lederslippern.
»Ja?«
»Cecile Farrander?«, fragte Decker.
»Ja, die bin ich.«
Decker zeigte ihr seinen Ausweis. »Lieutenant Peter Decker vom Los Angeles Police Departement. Dürfte ich Sie kurz sprechen?«
Sie sah auf die Uhr, obwohl sie nicht in Eile zu sein schien. »Sind Sie gerade beschäftigt?«, fragte Decker. »Ich kann auch später wiederkommen.«
»Worum geht es?«
»Es betrifft Ihre Enkeltochter.«
Ihr Mund formte ein O. »Welche?«
»Lyra.«
Sie sah ihn verständnislos an.
»Lyra … Moriahs Tochter …«
Ein weiterer verständnisloser Blick.
»Moriah«, wiederholte Decker.
»Mori … ach, Sie meinen Maureen.« Sie errötete vor Verlegenheit. »Geht es ihr gut?«
»Ja, es geht ihr gut«, sagte Decker. »Aber eigentlich wollte ich mit Ihnen über Ihre Enkeltochter sprechen. Darf ich hereinkommen?«
Doch die Frau zögerte. »Mein Mann ist nicht zu Hause … vielleicht hätte ich das nicht sagen sollen. Sie könnten ja sonst wer sein. Er sagt immer, ich sei sehr naiv.«
»Ich kann später wiederkommen«, bot Decker noch einmal an. »Wann würde es Ihnen passen?«
»Wie wär’s mit Mittwoch?«
»Heute ist Mittwoch.«
»Ich hatte nächsten Mittwoch gemeint.«
Sie wollte die Frage um das Wohlergehen ihres Enkelkindes tatsächlich um sieben Tage verschieben. Das klang ganz und gar nicht nach der besessenen, Briefe schreibenden, mit der Polizei drohenden Großmutter, die der Orden ihm geschildert hatte. Decker überlegte, wie er weiter vorgehen sollte. Aus dem Inneren des Hauses hörte er das langsame Ticken einer Großvateruhr. »Es wäre gut, wenn wir uns früher unterhalten könnten.«
Wieder spitzte sie die Lippen. »Na gut. Kommen Sie herein.« Sie zögerte. »Könnte ich Ihren Ausweis noch mal sehen?«
Decker reichte ihn ihr. Sie hielt ihn auf Armeslänge von sich weg. »Na ja, Sie sehen wirklich aus wie der Mann auf dem Foto.« Sie nickte. »Ein bisschen grauer.«
Decker lächelte. »Das stimmt.«
»Wann ist das Foto aufgenommen worden?«
Falls sie sich Sorgen um Lyra machte, verbarg sie sie gut. »Vor etwa zwei Jahren.«
Endlich machte sie ihm den Weg frei.
Decker betrat die zweistöckige Eingangshalle, in der die tickende Großvateruhr stand, und ging weiter in ein Wohnzimmer voller Licht und Staub. Große, schmutzige Fenster gewährten nach allen Seiten Aussicht. Der Fußboden bestand aus dicken, dunkelbraunen Eichenplanken. Die Möbel schienen Jahrzehnte alt zu sein. Der Couchtisch und die Beistelltische waren aus Glas mit Walnussholzrahmen und mit uralten Zeitschriften und Kunstbüchern bedeckt.
»Sie können Platz nehmen, wo Sie wollen.«
Decker wählte die eine Seite des Sofas, Cecile die andere. Er sagte: »Danke, dass Sie mich so kurzfristig empfangen haben, Mrs. Farrander. Ich würde mich Ihnen nicht aufdrängen, wenn ich es nicht für wichtig hielte.«
»Nennen Sie mich Ceese.«
Decker wartete einen Moment. »Okay.« Er nahm seinen Notizblock heraus. »Es geht um Lyra … Ihre Enkeltochter.«
Die Frau faltete schweigend die Hände.
»Sie wird vermisst«, sagte
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