Decker & Lazarus - 18 - Missgunst
Fünf Männer saßen am Tresen, zwei weitere spielten Billard. In der Bar war es düster, und Marge konnte nicht gut genug sehen, um die klebrigen Stellen auf dem Boden zu umgehen.
Oliver zeigte als Erster seine Dienstmarke, obwohl das nicht nötig gewesen wäre. Marge und er waren enttarnt, sobald sie den Laden betreten hatten. Niemand hier trug ein Seersucker-Jackett zu Leinenhosen. Hier bevorzugte man Jeans mit irgendeinem T-Shirt und Turnschuhe. Drinnen war es fast unangenehm warm.
Der Barkeeper war Ende zwanzig, hatte dunkelbraune Augen und einen milchkaffeebraunen Teint, dazu schwarze, glatt zurückgekämmte Haare. Sein Körper war der eines Eisenstemmers: fette Bizepse, Hände wie Ofenhandschuhe. Ohne besonderes Interesse betrachtete er Olivers Marke.
»Wie geht’s Ihnen?«, fragte Oliver.
Muskelmann zuckte mit den Achseln. »Kann nicht klagen.«
»Ich bin Detective Scott Oliver, und das hier ist meine Partnerin, Detective Sergeant Marge Dunn. Wir suchen Julio Davis.«
»Der ist nicht da.« Er schnappte sich einen Lappen und begann, den Tresen abzuwischen.
»Dürfte ich Ihren Namen wissen?«, fragte Marge.
»Meinen Namen?«
»Genau, Ihren Namen.« Marge betrachtete das Gesicht des Mannes – gezeichnet und geflickt und zernarbt von einer alten Messerstichwunde.
»Sam Truillo.« Er unterbrach seine Putzaktion. Sein Englisch war akzentfrei. »Was wollen Sie von Julio?«
»Nur mit ihm reden«, sagte Oliver.
»Er arbeitet doch hier, oder?«, fragte Marge.
Ein grauhaariger Gast in der Ecke bestellte etwas beim Barkeeper auf Spanisch. Truillo öffnete eine Flasche Corona, steckte ein Stück Limone in den Flaschenhals und stellte sie auf einer Serviette vor dem Mann ab. »Ich habe Julio seit über einer Woche nicht mehr gesehen.«
»Ist ihm etwas zugestoßen?«
»Das weiß ich nicht. Der Boss sagte, ich soll ihn anrufen, aber sein Handy war abgeschaltet.«
»Das klingt nicht sehr vielversprechend«, stellte Marge fest. »Was haben Sie dann gemacht?«
»Nichts. Wenn er nicht arbeiten will, was geht mich das an?«
»Wie lange«, fragte Oliver, »hat er denn hier gearbeitet?«
»Vier … vielleicht fünf Monate.«
»Und seit wann arbeiten Sie hier?«, fragte Marge.
»Ein Jahr.« Traillo zuckte mit den Achseln. »War’s das?«
»Und Sie arbeiten hier Vollzeit?« Marge lächelte. »Ich finde, Sie sehen eher nach einem Trainer in einem Fitnessstudio aus.«
Zum ersten Mal gelang dem Barkeeper ein Lächeln. »Hier wird man besser bezahlt.«
»Also arbeiten Sie tatsächlich in einem Fitnessclub«, sagte Marge. »Bin ich nun Polizistin oder nicht?«
»Ich arbeite als Personal Trainer, aber im Moment gehen die Geschäfte nicht gut. Ich habe ein paar Klienten verloren, und dem Studio laufen Mitglieder weg. Der Boss wollte mir gerade die Stunden kürzen, hat dann aber gesagt, ich könnte hier halbtags arbeiten, um meinen Lohnverlust auszugleichen.«
Wieder bestellte ein Gast etwas. Traillo setzte einen Tequila vor ihm ab.
»Ich bin immer auf der Suche nach einem guten Fitnessstudio«, sagte Marge. »Wo arbeiten Sie?«
»Das ist nichts für Sie«, entgegnete Traillo. »Da riecht’s nicht besonders gut.«
Marge grinste. »In meinem Job auch nicht.«
»Ihrem Boss gehören das Fitnessstudio und die Bar?«, fragte Oliver.
»Vielleicht.« Truillo kniff die Augen zusammen. »Was wollen Sie von Julio?«
»Wissen Sie, wo er wohnt?«
»Nein.«
»Ihr Boss trägt Ihnen auf, ihn zu finden«, sagte Oliver, »und Sie wissen nicht, wo er wohnt?«
»Mein Boss wollte, dass ich ihn anrufe, nicht finde. Und Julio war kein Kumpel, also woher soll ich wissen, wo er gewohnt hat.« Sein Gesicht wurde ausdruckslos. »Sonst noch was?«
Marge schob ihm eine ihrer Karten über den Tresen. »Benachrichtigen Sie mich, falls er hier aufkreuzt?«
Truillo verstaute die Karte in seiner Tasche. »Wenn ich dran denke.«
»Das hoffe ich. Übrigens, wer ist denn Ihr Boss?«
Truillo kniff wieder die Augen zusammen. »Ich gebe ihm Ihre Karte. Wenn er mit Ihnen reden will, dann ruft er Sie an.«
Marge nahm’s gelassen. »Hey, vielleicht probiere ich doch mal Ihren Fitnessclub aus.«
»Ich habe Ihnen nicht gesagt, wo ich arbeite.«
»Nein, haben Sie nicht, oder?« Sie blinzelte ihn an. »Wollen Sie, dass ich es herausfinde, oder sagen Sie es mir?«
»Mal sehen, wie gut Sie als Polizistin wirklich sind.«
»Klar. Danke für Ihre Hilfe.«
»Ich habe Ihnen nicht geholfen.«
»Das stimmt nicht ganz«, sagte Marge. »Man weiß
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