Deep Secrets - Berührung
übrigens fertig«, verkündet sie ihm, und ich kann ihre Angst spüren, ihr Flehen um Anerkennung, die sie nicht bekommt. Sie schnappt sich ihre Tasse und geht auf ihn zu, und er tritt beiseite, um sie vorbeizulassen, aber sein Blick ist auf mich fixiert, die Augen bleiben teilnahmslos und undeutbar. Der unsichere Teil von mir, mit dem Michael gespielt hat, zeigt mir sein hässliches Gesicht – der Teil von mir, der Amanda so ähnlich ist. Mir wird heiß, und ich ringe die Aufwallung nieder. Ich würde diesem Mann nur zu gern zu Gefallen sein, und es macht mir Angst, dass ich das immer noch in mir habe.
Du bist nicht mehr dieselbe, die du bei Michael warst, sage ich mir. Ich bin nicht naiv. Ich bin nicht unerfahren. Ich werde mich nicht von der Macht dieses Mannes einfangen lassen, von seiner Präsenz, selbst wenn ich nicht unempfänglich für seine Reize bin. Ich habe alles unter Kontrolle. Außerdem ist er mein Boss, nicht mein Geliebter.
Er schlendert zur Kaffeekanne und schenkt sich einen Kaffee ein. Dann füllt er, ohne zu fragen, meine Tasse wieder auf. Er schaut mir in die Augen, bevor er vorbeigeht, und ich sehe seinen stählernen Blick, sehe die Dominanz in dem eigentlich höflichen Akt. Er hat nicht gefragt, ob ich noch mehr Kaffee will. Er hat einfach beschlossen, dass es so ist, und folglich ist es so. Ich muss diesem Mann Paroli bieten, und das am besten jetzt. Ich werde diese Tasse nicht anrühren.
Im nächsten Moment hat er den Stuhl mir gegenüber eingenommen und damit den ganzen Raum, und ich schaue in diese silbrig grauen Augen und wage es nicht, den Blick abzuwenden. Ich sage mir, dass es eine Zurschaustellung von Stärke sei, aber tief im Innern weiß ich, dass ich unterworfen bin, dass sein Blick eine Anordnung ist, ihn anzusehen.
»Ich war mir nicht sicher, ob Sie heute auftauchen würden«, sagt er schließlich.
»Warum sollte ich das nicht tun?«
Mehrere Sekunden verstreichen, bevor seine Mundwinkel leicht zucken. Er greift in den Ordner und reicht mir einen Bogen Papier und einen Bleistift. »Ich habe Sie eingestellt, ohne auch nur Ihre Referenzen zu überprüfen, aus reinem Instinkt. Meine Instinkte, Ms McMillan, sind sehr gut. Und ich hätte gern, dass Sie beweisen, dass diese Aussage korrekt ist.« Er greift nach dem Kaffeeweißer.
Ich schaue auf das Papier und sehe zehn Fragen. Alle befassen sich mit mittelalterlicher Kunst.
»Fangen Sie an«, befiehlt er leise.
Ich blicke zu ihm auf und sehe, dass er sich auf seinem Stuhl zurücklehnt, offenbar um zu beobachten, wie ich den Test schreibe. Er will mich einschüchtern, und ich will es ihm nicht erlauben. Ich beiße die Zähne zusammen und greife nach dem Bleistift. Ich kann spüren, dass er mich beobachtet, und stelle zu meiner Verwirrung fest, dass meine Hände ganz leicht zittern. Männer wie er übersehen solche Details nicht. Er weiß, warum meine Hand zittert. Er weiß, dass er eine Wirkung auf mich hat.
Ich reiße mich zusammen und zwinge mich, mich auf die Fragen zu konzentrieren, die ziemlich anspruchsvoll sind, aber deutlich innerhalb meiner Sachkenntnisse liegen.
Ich bin schnell fertig und drehe das Papier um, damit er es begutachten kann.
Er lehnt sich immer noch auf seinem Stuhl zurück, trügerisch lässig, während er mich unter halb geschlossenen Lidern beobachtet, die Miene abermals leidenschaftslos. Er greift nicht nach dem Test, sondern richtet seine Aufmerksamkeit stattdessen auf meine Tasse.
»Sie trinken Ihren Kaffee ja gar nicht, Ms McMillan.«
»Für heute bin ich da schon über meine Grenze.«
»Grenzen sind dazu da, verschoben zu werden.«
»Zu viel Koffein macht mich zittrig.« Der Satz – die Lüge – ist heraus, bevor ich es verhindern kann. Woher kommen all diese Lügen?
Er beugt sich vor, und ich kann seinen sauberen, würzigen, männlichen Duft riechen. »Eine Tasse Kaffee miteinander zu trinken«, sagt er, »ist ein wenig wie das Feiern einer neuen Partnerschaft, meinen Sie nicht auch?«
Die Herausforderung knistert in der Luft, zusammen mit einer anderen, undefinierbaren Spannung, die mir die Kehle zudrückt und mein Herz rasen lässt. Es ist nur eine Tasse Kaffee, und trotzdem spüre ich, dass es um so viel mehr geht, dass dies ein weiterer Test ist, der nichts mit meinen Fähigkeiten zu tun hat, sondern vielmehr etwas mit ihm und mir. Und ich weiß nicht, warum ich mich fügen, warum ich ihm gefallen will. Natürlich will ich das, sage ich mir. Er ist der Typ Mann, der von seiner
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