Deep Secrets - Berührung
werde ich dieses Café lieben. Ganz zu schweigen von der Einrichtung, die in warmen Brauntönen und Leder gehalten ist, mit einem Hartholzboden. Das Ganze wirkt unendlich beruhigend und widerspricht so dem Koffeinschub, den man sich hier verspricht. Ich kann etwas Beruhigung gut gebrauchen.
Ich schaue mich um und sehe nette runde Holztische, auf der anderen Seite der Gebäckvitrine zieren Hussen die Stühle. Ich beobachte gern Menschen, also wähle ich einen Platz in der Mitte des Cafés, damit ich sehen kann, was um mich herum vorgeht. Dabei geht es mir im Moment gar nicht so sehr um fremde Menschen – ich glaube, ich will nur lernen. Wie überaus ironisch für eine Lehrerin, denke ich mit einem Schnauben, und schelte mich sofort wegen schlechter Manieren, die ich mir nicht länger leisten kann.
Es dauert nicht lange, bevor der Junge hinter der Theke läutet und mein weißer Schokoladenmokka fertig ist, und da es nach zwei Uhr ist und ich noch nichts gegessen habe, rechtfertige ich gleich noch einen Schokoladenmuffin in der Größe von Texas und verspreche mir lahm, zum Abendessen fettarmes Popcorn – meine Schnelldiätlösung – zu essen. Schließlich sitze ich an meinem Tisch, warte darauf, dass mein Kaffee durchläuft, und knabbere an meiner Schokoladensünde. Bedauernd hole ich mein Netbook hervor und wünschte, es sei eins von der tollen Marke – hoffnungsvoll, dass ich mir vielleicht bald ein solches leisten kann.
Sobald ich den Computer eingeschaltet habe, lege ich den Weinverkostungsführer auf meinen Tisch. Während ich durch das Buch blättere, stelle ich fest, dass es in der Annahme geschrieben ist, ich wüsste etwas über Wein. Ich rufe Amazon auf, tippe »Wein für Dumme« ein und bekomme mehrere Wahlmöglichkeiten gezeigt. Als ich eine ausgesucht habe und bereit bin zu lesen, ist mein Kaffee gekommen, und ich nippe an dem glühend heißen, süßen Gebräu. Es ist himmlisch, und ich kremple im Geiste die Ärmel hoch und beginne zu lesen.
Ich habe keine Ahnung, wie lange ich gelesen habe, aber ich bin halb durch die Einführung durch und fühle mich immer noch wie ein Dummchen, da höre ich: »Sie müssen Sara sein.«
Als ich aufblicke, steht eine schöne Lateinamerikanerin, etwa Mitte dreißig, mit großen, auffallend braunen Augen vor mir. Sie trägt eine Schürze, daher vermute ich, dass sie hier arbeitet.
»Ja«, antworte ich. »Ich bin Sara.«
»Ich bin Ava, die Besitzerin des Cafés.« Sie stellt eine Tasse vor mich hin. »Weißer Schokoladenmokka. Corey von der Kasse hat mir erzählt, was Sie bestellt haben. Mark hat angerufen und gesagt, ich solle Ihnen als Belohnung für die volle Punktzahl servieren, was immer Sie bestellt haben. Es geht aufs Haus.« Sie lacht, schnalzt mit der Zunge und macht ein aufreizendes Geräusch. »Klingt sexy.«
Ich verdrehe die Augen. »Wenn es sexy ist, auf alles getestet zu werden, angefangen von Kunst bis Oper, bitte, erschießen Sie mich jetzt.«
Sie lacht. »Ich hätte es mir denken können. Ich kenne die Truppe nebenan gut genug, um zu wissen, dass er sie alle durch die Mangel gedreht hat.«
»Wie lange kennen Sie sie schon?«, frage ich und denke an Rebecca.
»Wir haben seit fünf Jahren offen, und ich kenne Mark seit dem ersten Tag.« Sie hebt eine Augenbraue. »Warum? Wollen Sie tratschen?«
Bei diesen Worten merke ich auf. »Es gibt etwas zu tratschen?«
»Schätzchen, es gibt immer etwas zu tratschen.« Das Telefon klingelt, und sie schaut über die Schulter. »Corey hat Pause. Ich komme gleich wieder.«
Sie eilt davon, und plötzlich zieht sich ein Kribbeln an meinem Ausschnitt entlang und lenkt meine Aufmerksamkeit auf den Rand der Gebäckvitrine zu meiner Linken. Vor Überraschung bleibt mir der Mund offen stehen angesichts des unglaublich erotischen Mannes, der einige Schritte entfernt sitzt. Es ist nicht irgendein unglaublich erotischer Mann, sondern derselbe, der meine Gedanken während der letzten vierundzwanzig Stunden fast genauso heimgesucht hat wie Rebecca. Chris Merit ist hier. Ich kann es nicht fassen. In meinem Magen flattern Schmetterlinge, während ich ihm in die Augen schaue, und ich sehe Erheiterung in seinen Zügen. Er ist nicht einfach nur hier. Er hat mich beobachtet, und ich habe keine Ahnung, wie lange er schon dasitzt.
Warum ist er nicht an meinen Tisch gekommen? Warum kommt er jetzt nicht? Sollte ich zu ihm gehen?
»Da bin ich wieder«, erklärt Ava, bevor ich mich entscheiden kann, was ich als Nächstes tun
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