Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
ein, welches nun die Worte der Kidnapper in einem ganz anderen Licht erschienen ließ.
Als die Räder der Gulfstream IV den harten Beton auf der Landebahn des Luftwaffenstützpunkts in Vandenberg berührten und sich das Cockpit des schnittigen Jets nach unten senkte, überkam den Admiral eine Vorahnung. Diesmal ging es um mehr, als eine alleine gegen die USA gerichtete Forderung.
Wahrscheinlich haben wir es hier weder mit fanatischen Mullahs noch mit verblendeten Taliban zu tun, sondern mit Leuten, die noch viel gefährlicher sind. Diese Welt wird immer verrückter …
Gebannt harrte der kampferprobte Admiral vor dem Monitor aus, als das Flugzeug mit dem dezenten NUSA Logo am Heck schon längst seine endgültige Parkposition erreicht hatte.
KAPITEL 80
27.04., 07.01 Uhr
Vandenberg, AFB
S pacy blickte kurz vom Laptop auf, als ein außerhalb der riesigen Montagehalle ausrollendes Flugzeug seine Aufmerksamkeit erregte. Bereits am Geräusch der Triebwerke konnte er den Typ identifizieren. Ein genauer Blick auf das Heck der Gulfstream IV brachte ihm Gewissheit. Soeben war Admiral Adamski wie angekündigt mit dem NUSA Jet gelandet. Ohne dem geparkten Flugzeug weitere Aufmerksamkeit zu schenken, warf er Hunter einen vielsagenden Blick zu und konzentrierte sich wieder auf die Fernsehübertragung im Webstream. Spacy war in höchster Sorge darüber, was Tracy unter Androhung von Gewalt vortragen musste. Aus ihrem Mund klang die Botschaft der Terroristen extrem glaubwürdig. Man konnte fast den Eindruck gewinnen, als ob die Kidnapper genau diese Wirkung beabsichtigt hatten. Spacy überkam ein ungutes Gefühl. Der Inhalt der übermittelten Botschaft könnte auf der ganzen Welt Sympathisanten finden, die nicht nur aus dem Lager der Feinde Amerikas kamen. Mit wachsender Unruhe lauschte er den Worten, ebenso wie die versammelten Techniker in den weißen Schutzoveralls, deren besorgte Blicke hinter den Schutzmasken nichts Gutes erahnen ließen.
»Armut und das Ungleichgewicht der Verteilung von Reichtum ist das größte Problem der Menschheit«, las Tracy weiter und schaute kurz auf, als sie durch einen frei umher schwebenden Kugelschreiber vor ihrem Gesicht irritiert wurde. Eine Hand fuhr ins Bild und fing den um die eigene Achse rotierenden Gegenstand ein. Tracy setzte ihren Vortrag fort. »Wenn die reichen Länder der Erde, also die Industriestaaten und einige stark wachsende Schwellenländer, nichts gegen diese Missstände unternehmen wollen, muss eben von außerhalb Einfluss auf einseitig kapitalistische Ausbeutungsprinzipien genommen werden. Wir – die Besetzer der internationalen Raumstation und des Flugkontrollzentrums im texanischen Houston – werden dieser tatenlosen Gleichgültigkeit der Regierungen nicht weiter zusehen. Seit 1975, seit auf Anregung des französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d’Estaing und des deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt der Weltwirtschaftsgipfel ins Leben gerufen wurde und seit die sogenannten G7 beziehungsweise G8 jährlich über Wirtschaft, Außenpolitik, Terror-, Waffen- und Drogenprobleme, Umweltschutz, Energiepolitik, Arbeitslosigkeit und Schuldenkrise reden, hat sich die Weltbevölkerung um fast fünfzig Prozent erhöht. Mehr als zwei Milliarden Menschen sind hinzugekommen, und die meisten von ihnen wachsen in den Entwicklungsländern auf, unter meist katastrophalen Bedingungen. Die Industrienationen züchten sich ein Heer von ausgehungerten und unmündigen Arbeitern heran, deren Leben menschenunwürdig ist. Und zwar deshalb, weil die eigene Profitgier und das Verlangen nach Konsum befriedigt werden will. Die Reichen schotten ihre Grenzen ab und verlieren sich in halbherzigen Versprechen, den Armen helfen zu wollen. Statt dringend benötigte Hilfe in die betroffenen Länder zu entsenden, gönnen sich genau jene G8-Staaten dieses überflüssige Prestigeprojekt im All, für welches bis heute Kosten von über vierzig Milliarden US Dollar angefallen sind. Sollte man so viel Geld nicht viel sinnvoller anlegen?«
Tracy musste ein neues Blatt unter das Klemmbrett heften, den Zuschauern wurde eine kleine Verschnaufpause gegönnt. Sie ließ sich nicht anmerken, über den letzten Teil der Botschaft alles andere als erfreut zu sein.
»Sieht wie eine Nachhilfestunde in Wirtschafts- und Entwicklungspolitik aus. Bin gespannt, was diese Typen eigentlich wollen«, sagte Hunter an Spacy gerichtet. »Ob wir jetzt alle Geld spenden sollen?«
»Keine Ahnung. Aber warten wir ab, bis
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