Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
reagieren würden. Nein, werte Kolleginnen und Kollegen, die HAMAS richtet ihre Aggressivität ausschließlich gegen Israel und insbesondere gegen dessen Zivilbevölkerung. Meine Kontakte dort unten lassen jedenfalls nicht den Rückschluss zu, dass der uns vorliegende Erpresserbrief wirklich von der HAMAS stammt. Es gibt keinen Namen in der Region, der mit einem solchen Vorgehen in Verbindung gebracht werden kann. Niemand bekennt sich dort öffentlich zu einer solchen Forderung. Ich bleibe dabei, dieses Ultimatum wird von Personen gestellt, die HAMAS nur als Deckmantel benutzen.«
Die offene und ehrliche Einschätzung des Außenministers verblüffte Spacy und auch die anderen Teilnehmer am Konferenztisch. Während an den Monitoren immer noch die Bilder des Flugzeugabsturzes liefen, welche mittlerweile per Lauftext den Piloten der Maschine als Charles Frank Bolden bestätigten, blickte eine ratlose Runde in Richtung des Präsidenten, der nun die Aufgabe hatte, die Analyse seines weitsichtigen Außenministers zu kommentieren.
George T. Gilles entschied sich, seine Verteidigungsministerin und die Nachrichtenleute von CIA und NSA anzuhören, obwohl ihm schon klar war, dass diese keine neuen militärischen oder nachrichtenerkennungsdienstlichen Meldungen liefern würden. Von deren Standpunkt aus würde wahrscheinlich argumentiert werden, es sei im Sinne der Prävention, schon jetzt Druck in der Region auszuüben, den Israelis Geld rüberzuschieben, damit diese ein paar gezielte Tötungen innerhalb der HAMAS durchführen konnten.
Der Präsident unterdrückte ein Seufzen und ließ seine Mitarbeiter zu Wort kommen. Das Ergebnis war eine einstündige, stellenweise hitzig geführte Diskussion, in deren Verlauf Spacy und Admiral Adamski ungewollte Passivität abverlangt wurde.
Schließlich beendete George T. Gilles die erste Runde und beriet sich außerhalb des Konferenzraums mit seinem Sicherheitsberater. Als er wieder zurückkehrte, wandte er sich eindringlich an die Teilnehmer des Meetings.
»Ich habe eine Entscheidung getroffen, und diese ist mir nicht leicht gefallen. Aber dennoch, mein Entschluss steht fest. Aufgrund der unklaren Herkunft des Erpressungsvideos, das nicht eindeutig als Urheber die palästinensische HAMAS erkennen lässt, folge ich der Empfehlung meines Sicherheitsberaters sowie der des Außenministers. Es wird keine verschleierte Aktion in Form von gezielten Tötungen geben. Ich möchte die Region stabilisieren und keine neue Lunte an dem Pulverfass im Nahen Osten zünden. Da wir keine Anhaltspunkte für verhaltensauffällige Aktivitäten im westpazifischen Raum, insbesondere in der Nähe unseres Luftwaffenstützpunktes Andersen Air Force Base auf Guam haben, beobachten wir weiter die Lage und erhöhen sicherheitshalber unseren Verteidigungsbereitschaftszustand von DefCon4 auf DefCon3. Ich unterzeichne das entsprechende Dokument und darf die Verteidigungsministerin bitten, den entsprechenden Teilgattungen des Militärs dies unverzüglich mitzuteilen. Noch irgendwelche Fragen, Charlotte?«
Die Verteidigungsministerin schüttelte den Kopf und unterdrückte ein Lächeln, weil die Situation es so gebot. Normalerweise hätte der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs, der sogenannte Joint Chief of Staff , dies direkt von seinem Oberbefehlshaber hören müssen. Aber der Präsident war neu im Amt, und die Verteidigungsministerin, die zwei Jahrzehnte in Führungspositionen der größten Waffentechnologiekonzerne des Landes verbracht hatte und sich mit den Befehlsstrukturen des US Militärs bestens auskannte, verzieh diesen Fauxpas und würde auch nichts davon durchsickern lassen. Die eiserne Lady , wie sie in Fachkreisen in Anspielung an die ehemalige englische Premierministerin Margret Thatcher respektvoll genannt wurde, stand loyal hinter George T. Gilles, auch wenn sie seine vorurteilsbelastete Meinung bezüglich der Streitkräfte nicht immer teilte.
»Sollten Sie keine weiteren Fragen mehr haben, schlage ich nun eine kurze Pause vor, damit wir uns alle ein wenig stärken können. Wir machen dann in dreißig Minuten weiter und versuchen eine Lösung, auch was die Presse anbelangt, für das NASA-Problem auszuarbeiten«, schloss Präsident George T. Gilles die erste Runde und erhob sich.
Spacy und Admiral Adamski schnappten sich John Forrester, um ein intensives Gespräch zu führen, zu dem bisher die Zeit gefehlt hatte. Spacy wich von seinem Vorhaben ab, den Präsidenten auf die rhetorische gelungene
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