Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
haben jetzt ein echtes Vakuum, was es schnellstmöglich zu füllen gilt.«
Erst der nüchterne Report von Forrester machte deutlich, wie groß das Dilemma wirklich war. Und anscheinend wurde erst jetzt einigen bewusst, wie schmerzhaft die tragischen Unfälle der verstorbenen Piloten waren. Der Verdacht war nicht von der Hand zu weisen: Es sah wie Sabotage aus. Irgendjemand verfolgte das Ziel, STS-124 nicht starten zu lassen. Aber solange die Beweise fehlten, spekulierte man nur.
»Kann man nicht einfach die Ersatzpiloten der STS-125 nehmen? Wie viele andere Piloten hat die NASA, die man einsetzen könnte?«, erkundigte sich Frank Harris vom CIA und blies einen Rauchkringel seiner Zigarette in die Belüftungsschächte unter der Decke.
»Leider können wir nicht so einfach die Piloten tauschen. Die Piloten von STS-125 sind genau auf diese Mission trainiert. Da gibt es tausende von Prozeduren, die gelernt und eingehalten werden müssen. Würden wir die Piloten von STS-125 für STS-124 abziehen, hätten wir dort das nächste Problem. Sie müssen sich vorstellen, dass jede Mission ganz spezifisch ist. STS-125 fliegt nicht zur Internationalen Raumstation, sondern zur dringend notwendigen Reparaturmission ans Hubble-Teleskop. Das ist ein ganz anderer Einsatz. Wir brauchen für die vor uns liegende STS-124 neue Piloten, die zusätzlich bestimmte Montageausbildungen bei uns im Johnson Space Center in Houston absolviert haben. Sie kennen sicherlich alle dieses Wasserbecken, wo die Astronauten die Schwerelosigkeit und den Einsatz mit Spezialwerkzeugen trainieren. Da gibt es ganz genaue Ablaufpläne, wer da wann drin ist und was trainiert. Und dieses Wissen qualifiziert dann eben für bestimmte Missionen. Das alles bereitet uns jetzt sehr viel Kopfzerbrechen. Und ich sehe derzeit auch nur drei …«, Forrester zögerte, »vier Personen, die wir auf die STS-124 schicken könnten. Und eine davon ist Ihre Tochter, Mr President.«
George T. Gilles hatte Forrester aufmerksam zugehört, aber noch keine Lösung für das Problem parat. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und drehte einen Kugelschreiber in seinen Händen, ein Zeichen dafür, dass er sehr konzentriert über Alternativen nachdachte. Während alle Anwesenden eine Antwort vom Präsidenten erwarteten, unterbrach Spacy das Schweigen, wobei er sich in erster Linie Forrester zuwandte.
»Ihr könntet also die Ersatzcrew der STS-125 nehmen, und zur Hauptcrew auf der STS-124 machen. Zusätzlich habt ihr noch zwei weitere Astronauten, die schon mal in früheren Missionen unterwegs waren und denen ihr zutraut, dass sie einen Crashkurs auf das Einsatzprofil STS-124 erfolgreich bestehen. Verstehe ich das richtig, John?«
»So schaut es aus. Wie die meisten hier wissen, ist Tracy Gilles neulich in die Ersatzcrew der STS-125, also in die Jubiläumsmission, nominiert worden. Sollte auch der Hauptcrew der STS-125 etwas vor dem Start zustoßen, würde Ms Gilles – wenn wir den jetzigen Status Quo berücksichtigen – aus dem zweiten Glied in die erste Reihe nach vorne rücken und Pilotin der Jubiläumsmission werden. Andererseits könnten wir sie auch – persönliche und politische Konsequenzen hin oder her – sofort auf der STS-124 einsetzen. Das ist der Stand der Dinge«, fasste Forrester die Situation präzise zusammen und beobachtete interessiert, wie die Politiker die Sachlage beurteilten.
»Ich möchte eine Hypothese aufstellen«, meldete sich der eher schweigsame Direktor der National Security Agency, Bob Dreyfus, zu Wort. »Nehmen wir einmal an, wir haben es hier wirklich mit einem gezielten Ausschalten der Astronauten zu tun. Und nehmen wir weiter an, die Terroristen verfolgen das Ziel, die Tochter des Präsidenten damit auf den Pilotensitz zum Jubiläumsflug, also Mission STS-125, zu zwingen. Dann hätten wir ein Szenario, das absolut besorgniserregend wäre. Wenn dann ein Anschlag erfolgen würde, wäre der Präsident doppelt geschwächt.«
Die Teilnehmer der Sitzung realisierten langsam, welches Horrorgemälde Bob Dreyfus da gerade zeichnete. Wenn dieses Gedankenspiel wirklich stimmen sollte, stände dies dem 11. September in nichts nach. Eine bedrückende Stimmung machte sich im Situation Room breit. An so etwas Ungeheuerliches hatte bisher niemand gedacht. Nachdenklich malten sich alle Anwesenden dieses Bild gerade aus.
»Es gibt noch eine zweite Variante, über die wir ebenfalls noch nicht nachgedacht haben. Und ich glaube, sie ist sogar noch
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