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Dein Blut auf meinen Lippen

Dein Blut auf meinen Lippen

Titel: Dein Blut auf meinen Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gabe
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ändert, wenn wir eine Nacht darüber geschlafen haben!"
    "Jetzt werde ich aber böse!", schrie die Amme aus Julias Kammer.
    Julia warf Romeo einen Handkuss zu und winkte zum Abschied, ehe sie sich in ihr Zimmer zurückzog.
    "Wie konntest du das nur tun?", schimpfte Gräfin Capulet.
    Julia saß mit demütig gefalteten Händen in ihrer Kammer auf der Bettkante und wünschte, sie hätte gewusst, dass die Amme sie nur gerufen hatte, weil ihre Eltern sie zur Rede stellen wollten, denn dann wäre sie vom Balkon gesprungen und mit Romeo auf der Stelle durchgebrannt. Stattdessen saß sie hier herum, musste eine Gardinenpredigt über sich ergehen lassen und sich tausend Mal dafür entschuldigen, dass sie Graf Paris Schweineblut über den Kopf gegossen hatte. Sie wusste, dass ihre Eltern sich erst zufriedengeben würden, wenn sie echte Reue zeigte, aber das lag ihr fern. Und so war vorläufig kein Ende abzusehen, zumal sich auch Julias Vater an dem Gespräch beteiligte. Nur die Amme hatte das Weite gesucht.
    "Ich gebe ja zu, dass ich überreagiert habe", gestand Julia ein. "Aber ich war so wütend, als er sagte, dass er mit euch hinter meinem Rücken Abmachungen getroffen hat."
    "Ist dir eigentlich klar, wie wir jetzt dastehen?", blaffte Graf Capulet. Seine Augen glühten vor Wut. "Graf Paris ist Teil unserer Strategie. Ohne ihn treibt uns der Friedensvertrag ins Verderben! Wir waren schon so weit mit ihm gekommen, und nun hast du alles wieder zunichte gemacht!"
    Die Mischung aus junger Liebe und alter Wut gab Julia die Kraft, ihrem Vater stur ins Gesicht zu blicken und sich nicht von ihm einschüchtern zu lassen.
    "Wenn ihr mir gesagt hättet, dass ihr eine Ehe für mich arrangiert habt, wäre uns das alles erspart geblieben", wies sie die Anschuldigung zurück. "Im Übrigen bin ich sehr wohl in der Lage, mir meinen Bräutigam selbst auszusuchen."
    "Weiche nicht vom Thema ab!", polterte Graf Capulet. "Ich suche Graf Paris jetzt in der Großen Halle und bringe ihn her, damit du ihn um Verzeihung bitten kannst." Damit stürmte er aus dem Zimmer.
    Julia verlor endgültig die Fassung. Sie stand auf und schrie hinter ihm her: "Ich habe es satt, nach deiner Pfeife zu tanzen!"
    Ihre Mutter packte sie am Handgelenk und drehte sie zu sich herum. "Und wir haben deinen Ungehorsam satt! Deine Hochzeit mit Graf Paris -"
    "- ist ein einziger Schwindel!", fiel Julia ihr ins Wort. "Ich kenne den Mann ja nicht mal! Von Liebe ganz zu schweigen."
    "Liebe?" Amüsiert verzog die Gräfin den Mund. "Was weißt du denn von Liebe?"
    Nachdem sie Romeo heute Abend begegnet war, hätte Julia Bände darüber schreiben können, aber das konnte sie ihrer Mutter natürlich nicht sagen. Stattdessen murmelte sie kaum hörbar: "Dasselbe könnte ich dich fragen."
    Ihre Mutter hörte es trotzdem und schüttelte den Kopf. "Ich weiß, dass es vielleicht so aussieht, als liebte ich dich nicht. Dein Vater und ich sind nicht besonders darin geübt, unsere Gefühle zu zeigen. Trotzdem liegt uns dein Wohlergehen am Herzen, und wir wünschen dir und der ganzen Familie nur das Beste."
    Julia senkte den Kopf. Was sollte sie noch sagen? "Warum verlangt ihr dann so schreckliche Dinge von mir?"
    "Mein liebes Kind, wir leben in schweren Zeiten." Die Gräfin ließ Julias Handgelenk los und tätschelte ihr die Schulter. "Da müssen wir alle Opfer bringen. Nur so können wir unsere Lebensweise beibehalten."
    Mit Tränen in den Augen blickte Julia ihre Mutter an. Von dem Gedanken, ihre Liebe zu Romeo zu opfern und ihren Prinzipien untreu zu werden, wurde ihr ganz übel.
    "Gibt es denn keine andere Möglichkeit, Graf Paris auf unsere Seite zu ziehen? Oder sind euch meine Gefühle völlig gleichgültig?"
    Die Gräfin seufzte resigniert, erwiderte aber nichts. Julia hoffte, sie wenigstens ein bisschen zum Nachdenken bringen zu können, nahm ihre Hand und küsste sie ehrerbietig.
    "Bitte, Mutter, hab Mitleid mit mir! Nichts, was in meinem Leben wichtig ist, kann ich selbst entscheiden. Das ist unerträglich."
    Die Gräfin antwortete nicht sofort, doch dann erklärte sie: "Vielleicht gibt es noch andere Möglichkeiten, Graf Paris als Verbündeten zu gewinnen."
    Julia schöpfte Hoffnung. "Soll das heißen, dass ich ihn nicht zu heiraten brauche?"
    Die Gräfin riss sich von Julia los und schwebte zur Tür. "Das heißt nur, dass ich mit deinem Vater nochmal reden werde."
    "Danke!" Julia machte einen tiefen Knicks. Sie wusste, dass sie nichts erreichen würde, wenn sie

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