Dein Blut auf meinen Lippen
Ähnlichkeit mit Julia.
Von da war es nur noch ein kleiner Schritt zu dem Gedanken, dass dieser Albtraum niemals enden würde.
"Welcher von diesen nichtswürdigen Lumpen hat meinen Neffen getötet?", fragte die Frau.
Jetzt gab es keinen Zweifel mehr, dass es sich um Gräfin Capulet handelte, Romeos Schwiegermutter. Wenn sie erführe, dass Romeo heimlich ihre Tochter geheiratet und dann auch noch ihren Neffen ermordet hatte, würde sie so in Rage kommen, dass keiner der Umstehenden vor ihr sicher wäre.
"Ich verlange zu erfahren, was hier geschehen ist", erklärte der Fürst und richtete seinen herrischen Blick auf Benvolio.
Romeos Cousin schien sich jedoch davon nicht einschüchtern zu lassen. Ganz ruhig stand er da und antwortete: "Romeo Montague ist für Tybalts Tod verantwortlich."
Die Gräfin runzelte die Brauen über den glühenden Augen und sagte: "Dann sagen Sie uns, wo er ist, damit wir ihn hinrichten können."
"Ich weiß nicht, wo er ist, und wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnen nicht verraten", sagte Benvolio wütend und zeigte auf Mercutios leblosen Körper. "Ihr feiner Herr Neffe hat Romeo zu einem Kampf auf Leben und Tod herausgefordert. Doch Romeo war so vernünftig, sich nicht darauf einzulassen. Er hat sich auf den Friedensvertrag berufen und es abgelehnt, Tybalt Schaden zuzufügen. Mercutio, den Sie hier niedergestreckt sehen, hat jedoch das mordlüsterne Glitzern in Tybalts Augen gesehen und erkannt, dass dieser Vampir um jeden Preis auf Blut aus war. Also hat er die Herausforderung angenommen. Tapfer hat er sich Tybalt entgegengestellt, aber Romeo ging dazwischen und versuchte, die beiden auseinanderzubringen. Als Tybalt sah, dass Mercutio abgelenkt war, hat er getan, was kein rechtschaffener Mann getan hätte: Wie ein wildes Tier hat er sich auf Mercutio gestürzt und ihn getötet. Wenn Sie mich fragen, hat er dafür genau das bekommen, was er verdient hat."
Romeo konnte der Gräfin ansehen, dass sie vor Wut fast überschäumte.
"Ich kann Ihr Blut riechen", sagte sie und pochte Benvolio mit einem langen, scharfen Fingernagel auf die Brust. "Sie sind ein Montague und würden alles tun, um Ihre Familie zu schützen. Deswegen ist alles, was Sie gesagt haben, eine einzige Lüge."
Romeo lehnte sich an die Wand neben dem Fenster und wünschte, er könnte etwas tun, um seinen Cousin zu schützen.
Der Fürst verschränkte die Arme vor der Brust und sprach einen der umstehenden Männer an: "Hast du gesehen, was hier vorgefallen ist?"
Der Mann trat vor und stellte sich zwischen Gräfin Capulet und Benvolio. Dann nahm er respektvoll den Hut ab, ehe er redete.
"Jawohl, mein Fürst. Und ich schwöre beim Grab meiner Mutter, dass alles, was Benvolio erzählt hat, der Wahrheit entspricht. Viele haben den Kampf beobachtet. Sie würden alle dasselbe sagen, wenn Sie sie fragen."
Der Fürst schwieg einen Moment. Dann sagte er: "Dennoch haben Tybalt und Romeo den Friedensvertrag gebrochen."
"Das stimmt, Hoheit", sagte Benvolio. "Aber Tybalt hat angefangen. Ich habe zwar nicht zu entscheiden, aber Romeo deswegen hinzurichten, wäre eine große Ungerechtigkeit."
Es rührte Romeo, das zu hören. Sein Cousin riskierte eine Menge, um ihm das Leben zu retten. Würde er je Gelegenheit haben, Benvolio für seine Loyalität zu danken?
"Wenn es stimmt, was hier ausgesagt worden ist, muss Ihr Cousin sehr schockiert gewesen sein, als sein Freund vor seinen Augen getötet wurde", erklärte Fürst Radu. "Dennoch hat er gegen das Gesetz verstoßen, und das kann ich nicht dulden, egal was dazu geführt hat. Deswegen verweise ich ihn hiermit des Landes und lasse meine Leute überall Aushänge anbringen, auf denen verkündet wird, dass er festgenommen werden soll."
"Verzeihung, Hoheit, aber was, wenn dieser Romeo Montague sich diesem Urteil nicht fügt und einfach hierbleibt?", fragte die Gräfin. "Die Montagues haben in diesem Land überall Verbündete, die Romeo Unterschlupf gewähren würden."
"Wenn Romeo innerhalb der walachischen Grenzen aufgegriffen wird, tritt die eigentliche Strafe in Kraft: die Hinrichtung", entschied der Fürst. "Ich werde fünfzig berittene Soldaten abstellen, um nach ihm zu suchen. Und wer ihm Unterschlupf gewährt, kommt in den Kerker."
"Vielen Dank, Hoheit", sagte Gräfin Capulet.
Nach diesen Worten verließen der Fürst und die Gräfin mit den Soldaten die Stadt. Benvolio und die Leute vor dem Wirtshaus scharten sich um Mercutios Leiche, um zu beratschlagen, was nun damit
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