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Dein Blut auf meinen Lippen

Dein Blut auf meinen Lippen

Titel: Dein Blut auf meinen Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gabe
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er sich versteckt hält."
    Überrascht sah Julia den Mönch an. "Ach, wirklich?"
    "Ja, aber ich musste versprechen, dass ich es niemandem verrate - nicht einmal dir, zu deiner eigenen Sicherheit."
    Obwohl Julia zu gern gewusst hätte, wo Romeo sich befand, nickte sie. Nach allem, was der Mönch für sie getan hatte, verdiente er ihr Vertrauen.
    "Trinke das hier eine Stunde vor Mitternacht." Bruder Lorenzo legte den Flakon in Julias zitternde Hände. "Ich muss zwei Glaubensbrüder verständigen, deren Hilfe wir brauchen. Einen schicke ich zu dem Schamanen, den anderen zu Romeo, um ihn in unseren Plan einzuweihen. Romeo kommt dann zu dir, holt dich aus der Gruft und bringt dich hierher, in meine Zelle. Hier werden wir dann deine Rückverwandlung durchführen. Danach zieht ihr, wohin ihr wollt, und könnt in Frieden leben."
    "Danke, Bruder Lorenzo, vielen herzlichen Dank", sagte Julia und küsste den Mönch auf die Wange. "Wenn ich das überlebe, verspreche ich, unseren erstgeborenen Sohn nach Ihnen zu nennen."
    Der Mönch errötete vor Freude. "Das würde eine große Ehre für mich sein."

 

    Kurz hinter der moldawischen Grenze hockte Romeo in einer verfallenen Scheune und blies sich den heißen Atem auf die Hände, um sich warm zu halten. Nach Sonnenuntergang war es empfindlich kalt geworden. In der zunehmenden Dunkelheit tröstete er sich mit dem Gedanken, dass diese verlassene Scheune nur ein vorübergehender Unterschlupf war, bis Bruder Lorenzo jemanden gefunden hatte, der bereit war, ihm an einem hoffentlich komfortableren Ort Zuflucht zu gewähren. In ein, zwei Tagen hoffte er ausgeruht und gestärkt genug zu sein, um in die Walachei zurückzukehren - so wie er es seiner Julia versprochen hatte.
    Allerdings war er sich nicht sicher, ob er vorher nicht erfrieren würde.
    Er zog die Knie an die Brust und klapperte mit den Zähnen, als eine Windböe durch das löchrige Dach pfiff. Um sich abzulenken, schloss er die Augen und versuchte sich vorzustellen, was Julia wohl gerade tat. Leider hatte es den gegenteiligen Effekt, und er machte sich nur umso mehr Sorgen. Obwohl er gerade eine sensationelle Nacht mit Julia verbracht hatte, ehe er aus ihrem Fenster geflohen war, konnte er nicht ohne Beklommenheit an sie denken, denn sie war nicht dazu gekommen, ihm das Verwandlungsritual zu erklären, das ihr bevorstand. Es musste so entsetzlich sein, dass sie kaum darüber zu sprechen wagte.
    Und bis Mitternacht war nicht mehr viel Zeit.
    Draußen vor der Scheune waren alle möglichen Geräusche zu hören - Zweige und Äste, die im Wind rauschten und knarzten. Aber da war noch etwas anderes. Jemand schien sich mit einem Schwert den Weg frei zu schlagen. Mit einem Satz war Romeo auf den Beinen. Seine klammen Finger griffen nach dem Dolch, den er sich ans Bein geschnallt hatte. Als er ihn fest in der Hand hielt, streckte er den Arm nach hinten und machte sich bereit, einem von Fürst Radus Schergen mit der Waffe entgegenzutreten - oder schlimmer noch: einem wütenden Capulet. Der Wind wurde immer stärker und heulte so laut, dass er alle anderen Geräusche übertönte.
    Deshalb hörte Romeo nicht, dass jemand ans Scheunentor klopfte.
    Als es plötzlich aufgestoßen wurde, schleuderte er seinen Dolch auf die vermummte Figur, die eintrat. Die Waffe flog durch den düsteren Raum und blieb im rechten Arm des Eindringlings stecken. Der Mann schrie auf und fiel auf die Knie.
    "Verdammt, Romeo!"
    Diese Stimme kannte Romeo nur zu gut.
    "Benvolio!"
    Der Eindringling nahm die Kapuze seines schwarzen Umhangs ab und zeigte sein Gesicht.
    Romeo eilte zu ihm hinüber und kniete sich neben ihn. "Verzeih mir, Cousin! Ich konnte ja nicht wissen, dass du es bist."
    "Hättest du es gewusst, hättest du erst recht zugeschlagen, was?", erwiderte Benvolio mit Galgenhumor und schnitt eine Grimasse.
    Romeo griff nach seinem Arm, um sich die Verletzung anzuschauen, aber Benvolio riss sich sogleich wieder los. "Komm schon, lass mich einen Blick darauf werfen!", sagte Romeo.
    "Was soll das nützen? Hast du hier in der Scheune etwa Medizin studiert?", fragte Benvolio zynisch.
    "Nein, aber neuerdings habe ich erstklassige Erfahrungen im Straßenkampf. An deiner Stelle würde ich mich also in Acht nehmen." Romeo packte Benvolio am Ellenbogen und zog seinen Arm zu einem Mondstrahl, der durch eines der Wandlöcher in die Scheune fiel.
    "Das brauchst du mir nicht zu sagen", sagte Benvolio. "Das weiß inzwischen ganz Transsilvanien." In seiner Stimme

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