Dein göttliches Herz versteinert (German Edition)
wie ich gegen so etwas ankämpfen oder es verhindern sollte.
Sebastian stieß mich mit der Schulter an. »Dazu braucht man Übung.«
»Wie bitte?«
»Man braucht Übung, um sich dem Einfluss eines Blutgeborenen zu widersetzen.«
Ich stolperte und lief dann schneller, um Sebastian wieder einzuholen. »Es wäre besser, du würdest damit aufhören.«
»Womit?«
»Meine Gedanken zu lesen oder wie auch immer du das nennst.«
»Deine Gedanken lese ich nicht. Ich lese deine Gefühle und für die Einschätzung von eben brauchte ich mir nicht besonders viel Mühe zu geben. Schließlich kann ich zwei und zwei zusammenzählen. Wenn mir das passieren würde, wäre ich auch sauer.«
»Ja, klar. Irgendwie bezweifle ich, dass du dir jemals Sorgen darüber machen musst, ob Gabriel es schafft, dir in den Hals zu beißen.« Er lächelte und zuckte mit den Schultern. Wir gingen einige Schritte weiter, bevor ich fragte: »Und? Wie halte ich ihn davon ab, mich zu manipulieren?«
Wir verließen den Bürgersteig, wichen einem Haufen Abfall und Trümmerbrocken aus und gingen dann in der Mitte der Straße weiter.
»Du musst dir nur ständig darüber bewusst sein, was er vorhat. Gabriel wartet darauf, dass du abgelenkt bist oder nicht aufpasst. Nur dann kann er dich beeinflussen. Er braucht dazu knapp eine Sekunde, mehr nicht. Du musst die ganze Zeit Widerstand leisten, denn in dem Moment, in dem du das nicht tust, wird er seine Kräfte einsetzen.«
»Er ist so ein Idiot.« Am liebsten hätte ich eine ganze Schimpftirade auf Gabriel losgelassen. »Wenn ich schon nach einem Jungen so verrückt werde, dann nur, weil ich das so will, nicht, weil mich irgend so ein Arsch dazu zwingt.«
Großer Gott, wie bescheuert war das denn? Halt die Klappe, Ari. Bevor es noch peinlicher wird.
»Damit eins klar ist … ein Mädchen dazu zu zwingen, verrückt nach mir zu sein, ist überhaupt nicht meine Art.« Er versuchte nicht einmal, seine Belustigung zu verbergen. »Mir ist es lieber, wenn das Verrücktwerden freiwillig ist.«
Ich verdrehte die Augen und rannte schneller, bevor er sehen konnte, dass meine Gesichtsfarbe von Rot zu Dunkelrot gewechselt hatte.
Dreizehn
M idtown sah aus wie ein Kriegsgebiet.
Aber vor dreizehn Jahren hatte hier wohl tatsächlich Krieg geherrscht. Gigantische Wassermassen hatten Müllcontainer, Fahrzeuge und eine Million anderer Dinge quasi als Frontsoldaten verwendet. Manche der Trümmer waren so groß gewesen, dass sie Stützpfeiler und Ecken mitgerissen hatten und Bürogebäude und Hochhäuser teilweise eingestürzt waren. Orkanartige Winde hatten Fensterscheiben eingedrückt, im Innern gewütet und alles Mögliche herausgeschleudert.
Wir betraten Niemandsland. Einen Ort, vor dem mich Sebastian schon an meinem allerersten Tag in New 2 gewarnt hatte. Einen Ort, an dem man nach Sonnenuntergang nichts mehr verloren hatte.
Und doch liefen wir jetzt mitten auf der South Rampart Street durch Midtown. Bei Nacht. Ich hoffte ernsthaft, dass Sebastian einen Plan hatte.
»Wo gehen wir hin?«, fragte ich leise, obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass ich die Antwort schon kannte.
»Mitten in die Ruinen.« Er nickte in Richtung der Hochhäuser. »Wir nennen es Center City.«
»Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist? Direkt in die Ruinen zu gehen?«
»Wir sind zu zweit. Solange wir zusammenbleiben, dürfte nicht viel passieren. Die Kreaturen hier jagen allein und sie haben es auf Einzelpersonen abgesehen. Wenn eine von ihnen versucht, zwei Leute anzugreifen … müsste sie …«
»Was? Was müsste sie?«
»Sehr hungrig sein.«
»Na großartig. Perfekt«, murmelte ich , während ich die dunklen, leer stehenden Gebäude musterte. Ein Schauder lief mir über den Rücken. »Ich weiß, dass es mir hinterher leidtun wird, aber was genau läuft hier eigentlich rum?«
»Loup-garous, Metamorphe, Revenants … Eine ganze Menge.«
»Ich weiß nicht mal, was das für Kreaturen sind.«
Er warf mir ein schiefes Lächeln zu. »Loups-garous und Metamorphe sind außer Kontrolle geratene Gestaltwandler. Sie sind wild. Sie wissen nichts mehr von ihrem menschlichen Leben. Wenn sie könnten, würden sie ihre eigene Familie jagen. Und ›Revenant‹ kommt aus dem Französischen. Es bedeutet Wiedergänger, jemand, der von den Toten zurückkommt …«
Ich packte Sebastian am Arm und blieb abrupt stehen. »Moment mal. Redest du von Leichen, die als Untote in der Gegend rumlaufen? So was wie Zombies?«
»Ja und nein.« Er
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