Dein ist das Leid (German Edition)
von einer viel größeren Sache.“
Hutch gab keine Antwort. Aber das musste er auch nicht.
„Ich höre dich laut und deutlich“, teilte Casey ihm mit. „Das heißt also, wir müssen herausfinden, was für eine größere Sache das ist.“
„Nein.“ Hutch klang sehr entschlossen. „Euer Job ist es, irgendeinen anderen Weg zu finden, um Justin Gleason zu retten. Paul Everett kommt nicht infrage.“
„Das mag die Ansicht des FBI sein. Meine ist es nicht.“
„Du spielst mit dem Feuer, Casey. So viel kann ich dir sagen. Ich weiß so gut wie keine Einzelheiten – aber genug, um zu wissen, dass du dich in allergrößte Gefahr begeben würdest. Also, lass die Finger davon.“
„Auf gar keinen Fall. Hast du die geringste Ahnung, wie gut die Chancen stehen, dass Paul Everett der einzige geeignete Spender für Justin sein könnte? Wie viele Menschen schon getestet wurden, die nicht infrage kommen? Dass dieser verkommene Onkel, ihr nächster lebender Verwandter, auch nicht geeignet ist? Ist dir nicht klar, dass auch Mercer und seine Kinder nur durch ein Wunder Spender sein könnten?“ Zorn flackerte in Caseys Augen auf. „Kapierst du nicht, dass du mich praktisch dazu aufforderst, ein Baby sterben zu lassen, um deine so wertvolle Behörde zu schützen?“
„Ich sage nichts dergleichen.“ Langsam wurde auch Hutch wütend. „Aber es haben schon ganz andere Leute als ihr – mit ganz anderen Ressourcen – versucht, Paul Everett zu finden, ohne Ergebnis. Das heißt, Forensic Instincts kann ihn auch nicht finden. Selbst wenn du recht hättest – und ich bestätige das keineswegs – und er ist Teil irgendeiner gewaltigen Ermittlung der Bundesbehörden, verschwendest du mit deiner Suche nach ihm nur deine Zeit. Die Zeit könntest du viel besser nutzen, indem du einen Spender für Justin findest.“
„Weißt du, wo er ist?“, wollte Casey wissen.
„Ich habe nicht die geringste Ahnung.“ Er mahlte mit den Kiefern.„Und wenn, dürfte ich es dir nicht sagen.“
„Du dürftest nicht? Oder du würdest nicht?“
„Beides.“
„Verdammt noch mal, Hutch.“ Casey kochte. „Ich versuche hier, ein Baby zu retten. Und du reitest auf irgendwelchen bürokratischen Regeln herum?“
„Diese Regeln bestimmen nun einmal unser ganzes Rechtssystem. Ohne sie …“ Hutch brach ab und stöhnte frustriert. „Lass uns nicht zum tausendsten Mal darüber streiten. Wir sind in diesem Punkt eben anderer Meinung. Deshalb hast du Forensic Instincts gegründet, deshalb bin ich beim FBI.“
Casey gab sich alle Mühe, sich zusammenzureißen und die Angelegenheit objektiv zu betrachten. Hutch war eben Hutch, er tat, was er für richtig hielt. Aber bei diesem Fall konnte sie das einfach nicht fassen.
„Wir reden von einem neugeborenen Baby“, sagte sie in ganz ruhigem Tonfall. „Ohne eine Transplantation kann er nicht lange überleben. Vielleicht überlebt er sowieso nicht. Hutch, ich will nicht, dass du deine Prinzipien verletzt. Aber erzähl mir, so viel du kannst. Ich werde dann versuchen, die Lücken zu füllen. Bitte. Ich flehe dich an. Ich werde keinem verraten, woher ich die Informationen habe, nicht einmal dem Team.“
„Darum geht’s doch gar nicht, Casey.“ Hutch klang ähnlich mitgenommen. „Alles, was ich dir erzählen kann, könnte ich auch deinem Team erzählen. Hier geht es nicht um etwas Persönliches, sondern um Professionelles.“ Hutch zögerte und suchte nach den richtigen Worten. „Ich habe nicht gelogen. Ich habe keine Ahnung, wo Paul Everett steckt. Oder irgendeine Vorstellung, wie man ihn finden könnte. Ich bin nicht sicher, ob das überhaupt jemand weiß. All diese Informationen unterliegen der Geheimhaltung, davon erfahren nur ganz wenige Leute, die es unbedingt erfahren müssen.“
„Ich verstehe schon.“ Casey überlegte, was Hutch sagte – und was nicht. Paul Everett war Teil einer Ermittlung der Bundesbehörden. Es gab Unterlagen über ihn, die geheim waren. Die Ermittlung musste von großer Bedeutung sein. So groß, dass nicht einmal Hutch etwas in Erfahrung bringen konnte.
„Ist Paul noch am Leben?“, fragte sie.
„Auch das weiß ich nicht. Ich kann da nur spekulieren.“
„Okay, und wenn du spekulierst?“
„Dann würde ich sagen, dass er wahrscheinlich noch lebt.“
„Der Meinung bin ich auch. Sonst würde das FBI nicht unbedingt den Deckel daraufhalten wollen.“
„Vielleicht, vielleicht auch nicht.“ Hutch zuckte mit den Achseln. „Es kann auch sein, dass es
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