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Dein ist das Leid (German Edition)

Dein ist das Leid (German Edition)

Titel: Dein ist das Leid (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Kane
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seines Hotels wieder abzutrainieren, zu duschen und sich zum Mittagessen umzuziehen. Die meisten fänden so einen entspannten Arbeitstag prima. Jede Menge kostenloses Essen, keine anstrengenden Aufgaben. Patrick sah das anders. Wenn bei dem Lunch auch nichts herauskam, würde er jemandem eine reinhauen.
    Um zwanzig nach zwölf lief er unter dem grünen Baldachin zum Eingang des Monocle Restaurants auf dem Capitol Hill. Das Restaurant war erstklassig, aber nicht groß. Von dem Foyer aus konnte er problemlos die Tische überblicken. Weder der Abgeordnete noch Fenton waren zu sehen. Er war also vor ihnen angekommen. Das war gut. Er wollte schon an seinem für ihn reservierten Tisch sitzen und unverdächtig erscheinen, wenn die Zielpersonen auftauchten.
    Lange brauchte er nicht zu warten.
    Er hatte gerade sein iPad aufgeklappt und tat so, als wäre er auf irgendetwas voll konzentriert, als Mercer hereinkam, kurz daraufFenton. Die beiden Männer schüttelten sich eifrig die Hand.
    Patrick erkannte sie von den Fotos, die er von Ryan hatte, aber vermutlich hätte er sie sowieso erkannt. Mercer gab oft Interviews im Fernsehen, und Fentons Bild war häufig in den Wirtschaftsseiten der New Yorker Zeitungen zu sehen.
    Von der Statur her waren beide nicht sonderlich beeindruckend, aber jeder von ihnen besaß eine ganz individuelle, gebieterische Präsenz. Mercer war wesentlich jünger, vermutlich Mitte vierzig, und er war ein begeisterter Sportler, also muskulös und durchtrainiert. Fenton sah für einen Mann über sechzig auch ziemlich gut aus, dafür sorgten die vielen Stunden auf dem Golfplatz. Doch war er etwas untersetzter als Mercer. Sein grau meliertes Haar war immer noch voll, und auch im Winter war er sonnengebräunt. Klar. An ihm erkannte man Geld und Macht sofort. Mercer wollte sich den Luxus von Sonnenbräune im Dezember wahrscheinlich nicht leisten. Seine Wähler könnten denken, er würde nur faul auf der Sonnenbank liegen.
    Ein Kellner reichte Patrick die Speisekarte und füllte sein Wasserglas, sodass Patrick seine abschätzende Musterung der beiden abbrechen musste. Der Maître d’hôtel führte Mercer und Fenton zu ihrem Tisch. Patrick hielt den Kopf gesenkt, konzentriert auf den Monitor seines iPad. Er bedankte sich bei dem Kellner und studierte die Speisekarte, bis die beiden an ihm vorbei waren. Beinahe hätte er laut aufgelacht, als er sah, welchen Tisch sie bekamen – direkt schräg rechts von ihm. Dieser Ryan war ein verfluchter Zauberer.
    Nun, langsam wurde es Zeit, dass Patrick eine seiner eigenen beneidenswerten Fähigkeiten zum Einsatz brachte. Er besaß die seltene Eigenschaft, sämtliche Aktivitäten und den Lärm in seiner Umgebung ausblenden zu können und sich ganz auf das zu konzentrieren, was ihn interessierte – ob das eine Unterhaltung war, ein Text im Internet oder ein Fußballspiel. Wenn er sich auf diese einzigartige Weise konzentrierte, konnte ein Erdbeben einsetzen, und er würde es überhaupt nicht mitbekommen.
    Er selbst hielt diese Fähigkeit für ein Geschenk. Seine Frau hielt es für etwas ganz anderes – besonders wenn sie ihn etwas fünfmal hintereinander fragte, ohne eine Antwort zu bekommen.
    Bevor er sich derart einstimmen konnte, kam der Kellner wieder. „Was darf ich Ihnen bringen, Sir?“
    „Einen Angusbeefburger bitte, mit extra viel Pfeffer.“
    „Wie wünschen Sie ihn?“
    „Medium, bitte.“
    „Und zu trinken?“
    Patrick zeigte auf sein Glas. „Im Augenblick reicht Wasser. Später vielleicht noch einen Kaffee.“ Er gab die Karte zurück. „Vielen Dank.“
    „Sehr wohl, Sir.“ Der Kellner war gut ausgebildet. Er spürte, wenn ein Gast in Ruhe gelassen werden wollte. Er nahm die Karte und verschwand.
    Von seinem idealen Platz aus hatte Patrick keine Schwierigkeiten, der Unterhaltung zwischen Fenton und Mercer zu folgen. Bis jetzt hatte er nichts Wichtiges verpasst, sie waren noch dabei, Höflichkeiten auszutauschen.
    „Sie sehen prima aus, Cliff“, sagte Fenton gerade. „Vielleicht ein bisschen erschöpft. Aber Ihre Mühen werden ja bald belohnt werden. Die Sitzungsperiode des Kongresses ist bald vorbei, und dann können Sie nach Hause fahren und die Feiertage mit Ihrer Familie genießen. Wie geht es Mary Jane denn so?“
    „Prima.“ Mercers Lächeln wirkte gezwungen, aber Patrick war nicht sicher, ob das bei ihm immer so war oder ob er sich in Fentons Gegenwart unwohl fühlte. „Sie freut sich darauf, mich wieder mal um sich zu haben.“ Er

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