Dein ist mein ganzes Herz
Außerdem würde Großmama es nicht schätzen, wenn ich mich provinziell kleide", fügte sie hinzu.
Lord Hazelmere, der ihr am liebsten applaudiert hätte, mischte sich ein.
"Miss Darent, meine Mutter versucht, unsere Aufmerksamkeit zu erregen. Lady Darent wird uns bestimmt entschuldigen." Er zog Dorothea mit sich.
"Gut gemacht", lobte er, als sie außer Hörweite waren. "Ich hatte schon Schlimmeres auf der Zunge. Erinnern Sie mich bitte daran, daß ich Sie zwar vieles lehren möchte, Ihnen aber nicht beibringen muß, wie man andere Leute beleidigt."
Dorothea brach in Lachen aus, das sie sofort unterdrückte. Sie sah ihn mit blitzenden Augen an. Die Marchioness, die diesen Blickwechsel beobachtete, wußte, daß ihr Sohn noch nie derart verliebt gewesen war.
Gleich darauf kündigte Mellow das Dinner an. Den gesellschaftlichen Regeln entsprechend hätte Lord Hazelmere als ältester der anwesenden Peers Lady Merion zu Tisch führen müssen. Da Herbert Darent das jedoch für seine Pflicht hielt, bot der Marquess Dorothea den Arm. Cecilys Partner war Lord Fanshawe.
Das Dinner verlief ohne Zwischenfall. Die Unterhaltung war lebhaft. Sogar Lady Darent, die an ihrer Seite einen halbtauben Admiral hatte, der in vielen grundsätzlichen Dingen ihre Meinung teilte, amüsierte sich. Lord Hazelmere und Dorothea, ihnen gegenüber Cecily und Lord Fanshawe, achteten nicht auf ihre Umgebung. Das störte niemand, ausgenommen Lord und Lady Darent, die sich von ihren weit entfernten Plätzen jedoch nicht einmischen konnten.
Nach Ende des Dinners begaben sich die Damen in den Salon, die Herren blieben bei ihrem Portwein zurück. Lady Merion, die verhindern wollte, daß Herbert Darent ihre Gäste zu Tode langweilte, hatte den Earl of Eglemont um Hilfe gebeten. Da dieser auch keine Lust hatte, dem aufgeblasenen Schwätzer zuzuhören, unterbrach er dessen Redeschwall über etwaige Ernteaussichten und führte die Herren zurück in den Salon.
Lord Hazelmere ging zu seiner Mutter. "Mama, weißt du, ob meine älteren Schwestern diesen Ball mit ihrer Anwesenheit beehren?" fragte er. "Ich hoffe nicht", erwiderte die Marchioness, die ihre streitsüchtigen Töchter ebenfalls als Zumutung empfand. "Hermione, haben Sie Maria und Susan ebenfalls eingeladen?"
Zum Mißfallen von Mutter und Sohn nickte Lady Merion. ,Ja, und beide haben zugesagt."
Er beugte sich zu ihr herunter und flüsterte ihr ins Ohr: "In diesem Fall wäre es klug, die beiden zu warnen, sich nicht einzumischen, damit ich bei Miss Darent freie Hand habe."
Lady Hazelmere sah ihn überrascht an, doch er lächelte nur und schlenderte weiter. Nachdem sie ein paar Minuten vergeblich versucht hatte, den Sinn dieser rätselhaften Worte zu entschlüsseln, gelangte sie zu dem
Schluß, daß er anscheinend etwas plante, was seine Schwestern ärgern würde.
Als es Zeit für den Ball wurde, nahmen Dorothea und Cecily zu beiden Seiten ihrer Großmutter am oberen Ende der Treppe Aufstellung, um die Gäste zu empfangen. Während der nächsten halben Stunde waren sie vollauf damit beschäftigt, die Mitglieder des ton zu begrüßen. Als sich fast die ganze Londoner Gesellschaft eingefunden hatte, gab Lady Merion Mellow ein Zeichen, daß der Ball eröffnet wäre.
Traditionsgemäß gehörte auf ihrem Einführungsball den Debütantinnen und ihren Partnern beim ersten Walzer die Tanzfläche allein. Wenn man strikt die Regeln befolgt hätte, wäre Dorotheas Partner Herbert Darent, der von Cecily Lord Wigmore, ein Cousin Lady Merions, gewesen. Der letztere lachte, als er erfuhr, daß ein anderer für ihn einspringen sollte. Herbert Darent wurde einfach davon informiert, daß sich für ihn, da er nicht Walzer tanzen konnte, ein Ersatz gefunden hätte. Er ärgerte sich zwar maßlos, hatte aber nicht den Mut, sich öffentlich dagegen aufzulehnen.
Lady Merion hatte ihre Enkelinnen nicht über diese Änderung informiert. "Beeilt auch, meine Lieben", mahnte sie, als die ersten Töne erklangen. "Eure Partner warten bereits. Ich wünsche euch beiden einen wunderschönen Ball."
Die Schwestern schritten Seite an Seite die Treppe hinunter. Dorothea grauste es vor dem Walzer, den Herbert Darent bekannterweise nicht beherrschte. Ihre Augen wurden ganz groß, als statt seiner Lord Hazelmere lächelnd auf sie zutrat.
Während sie sich im Walzertakt drehten, sah sie, daß ihre Schwester mit Lord Fanshawe tanzte. "Sie können sich gar nicht vorstellen, wie erleichtert ich bin, daß Sie es sind", meinte
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