Dein Kuss verraet mir alles
sie’?
Ist sie nicht hier?”, fuhr er auf.
Rey und Leo wechselten beunruhigte Blicke, während Cag sich an ihnen vorbei schob und mit großen Schritten den Korridor zu Tess’ Zimmer hinunter eilte. Es war leer. Ihre Koffer waren weg, ihre Kleider waren weg, ihre Schuhe waren weg. Er schaute hinüber auf den Nachttisch neben ihrem Bett.
Aber da lagen keine Abschiedszeilen. Cags Herz schlug schwer, als er erkannte, was Tess getan hatte. Sie war davongerannt. Sie hatte ihn verlassen.
Er ballte die Hände zu Fäusten. Plötzlich hatte er das Gefühl, die Hälfte seines Körpers fehlte. Er war innerlich ganz leer.
Kalt. Allein. So allein, wie er es noch nie zuvor gewesen war.
Er hörte die Schritte seiner Brüder, die ihm gefolgt waren.
“Ihre Sachen sind weg”, stellte er mit ausdrucksloser Stimme fest.
“Keine Zeilen?”, fragte Leo.
Cag schüttelte den Kopf.
“Ganz sicher wird sie eine Notiz hinterlassen haben”, murmelte Rey. “Ich sehe im Büro nach.”
Leo lehnte sich gegen die Wand und starrte seinen Bruder an.
“Hast ihr ganz schön zugesetzt, nicht wahr?”, fragte er betont unfreundlich.
Cag mied Leos Blick. Seine Augen waren auf den offenen Schrank gerichtet. “Sie hat ge logen. Sie hat mich in die Ehe hineingetrickst.” Er wandte sich Leo zu. “Du hast ihr dabei geholfen.”
“Ihr geholfen? Es war meine Idee”, erwiderte Leo ruhig. “Du hättest sie nie geheiratet, wenn es nach dir gegangen wäre. Du warst auf dem besten Wege zu ve rknöchern. Du wärst alt geworden und hättest auf ein freudloses Leben zurückgeschaut.
Und hier war Tess, die dich genug liebte, um es zu riskieren.
Und ich habe gehofft, dass du sie genug lieben würdest, um ihr zu vergeben. Offensichtlich habe ich mich auf der ganzen Linie geirrt. Es tut mir Leid. Es war absolut nicht meine Absicht, eine solche Katastrophe zu verursachen.”
“Es war deine Idee, nicht ihre?”, hakte Cag nach.
Leo zuckte die Schultern. “Sie wollte zuerst nicht. Sie sagte, sie würde nichts tun, um dich auf irgendeine Weise, gleichgültig welche, dazu zu bekommen, sie zu heiraten. Aber ich habe sie überreden können. Dann haben Rey und ich dafür gesorgt, dass ihr beide vor der Hochzeit keine Zeit füreinander fandet, in der Tess durch ein Geständnis den Plan hätte durchkreuzen können.”
Er musterte seinen Bruder mit gerunzelter Stirn. “Wir mögen dich alle, nur der Himmel weiß, warum. Du bist der verdammt noch mal größte Idiot der Familie. Ein solches Mädchen, ein liebevolle, verführerische Frau, ohne Falschheit oder Tücke, sehnt sich danach, dich zu lieben, und du schmeißt die Kleine raus.” Er schüttelte traurig den Kopf. “Du und Herman, ihr beide gehört zueinander. Ich hoffe, du wirst sehr glücklich.”
Damit drehte er sich um und ging den Korridor hinunter, um Rey zu suchen.
Cag wischte sich die Stirn mit dem Ärmel und starrte blind vor sich hin. Tess war unabhängig, aber sie war jung. Und zusätzlich zu all seinen Fehlern hatte er einen gemacht, der die anderen aussehen ließ wie unbedeutende Patzer: Tess könnte schwanger sein, und er wusste nicht, wo sie war!
11. KAPITEL
St. Louis war riesig. Tess sah Lastkähne, die den weiten Mississippi hinunterfuhren, und dachte, wie nett es wäre, in einer Stadt am Fluss zu leben. Ihr schien, dass sie ihr ganzes Leben im Binnenland verbracht hatte.
Sie fand ein kleines möbliertes Apartment und zahlte die Miete für eine Woche voraus. Dann kaufte sie sich eine Tageszeitung sowie ein Sandwich in einem Delikatessenladen in der Nähe und kehrte in ihr Apartment zur ück, um die Stellenanzeigen zu lesen und dabei zu essen.
Es gab nicht viele Jobs, die für sie in Frage kamen. Natürlich, sie war in der Lage zu warten und auf eine Arbeit zu hoffen, die sie verrichten konnte und die einen anständigen Lohn zahlte.
Aber ihre Fachkenntnisse waren begrenzt, und Kochen war eine ihrer besten Fähigkeiten. Und so kam es ihr wie eine Hilfe von oben vor, dass ein lokales Restaurant - dazu auch noch ganz in ihrer Nähe - eine Köchin suchte!
Gleich am nächsten Morgen ging sie hin, um sich zu bewerben. Die Frau, mit der sie das Vorstellungsgespräch hatte, hatte ihre Zweifel, als sie hörte, wie alt Tess war. Aber Tess versicherte ihr, dass sie den Job ausfüllen könne. Wie es sich herausstellte, war es der Job eines Küchenchefs.
Die Frau, die immer noch skeptisch, aber verzweifelt die Stelle besetzen musste, heuerte Tess zur Probe an. Froh, dass sie einen
Weitere Kostenlose Bücher