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schreiben, was auch immer, sich nicht mit der Apathie abzufinden in der Hoffnung, sie lieÃe sich durch Beharrlichkeit beeindrucken oder verziehe sich aus Langeweile. Ob er diese Postkarten kenne, die von Menschen ohne Arme und Beine gemalt seien, fragt der berühmte Schriftsteller. Richtig, die mit dem Mund gemalt würden. Der Verlag, der sie vertreibe, heiÃe Dennoch Verlag . Dort könnten wir unsere Bücher auch demnächst veröffentlichen, im Dennoch Verlag . â Ja, sagt der jüngere Kollege, und wenn sie mich nicht einmal dort haben wollen, gründe ich den Egal Verlag . Daà ihm keineswegs zum Scherzen zumute ist, ihn wieder Neid und wenn schon nicht Existenzangst quälen, dann die Aussicht, spätestens nach Rom einen Brotberuf ergreifen zu müssen, da heute die fünfzehn, zwanzig oder wie in der Bundesliga wahrscheinlich achtzehn Bücher bekanntgegeben worden sind, die die bekanntesten Kritiker aus allen deutschsprachigen Neuveröffentlichungen ausgewählt haben, um daraus die sechs besten und schlieÃlich den besten Roman des Jahres zu wählen, bringt der jüngere Kollege nicht zur Sprache. Wenn sich schon die Romane, die er früher schrieb, nicht für die erste Liga qualifizieren, wie dann ein Papierkorb ohne Handlung, Thema, Erzählstrategie und am schlimmsten: ohne Ende. Vor ihm hat bereits sein Verleger begriffen, daà der jüngere Kollege bei aller Liebe, trotz Werbung und Poleposition ihm nicht mal als Negerliteratur reüssieren wird. Es ist nicht einmal gesagt, daà dem Verleger der Roman miÃfällt, den ich schreibe. Er hat nur die Fortsetzung, die er letztes Jahr erhielt, so lang ist das schon her, gar nicht mehr gelesen, es lohnt einfach nicht, sich damit zu beschäftigen. â Würden Sie mal lesen? fragt der jüngere Kollege rasch den berühmten Schriftsteller, der aufgestanden ist, um durch den Park der Deutschen Akademie zur Wohnung des Ehrengastes zu gehen, und druckt so viele Seiten der Urschrift aus, wie Papier im Drucker liegt.
Um Jean Paul zu FüÃen zu liegen, muà man ihn eine Weile verlassen haben, am besten aus Unmut oder Langeweile wie eine Frau. Man muà Romane gelesen haben, Romane, wie sie heute geschrieben werden, am besten als Juror nacheinander eine ganze Reihe, wie mancher nacheinander mit einer anderen schläft, einen arabischen Roman über Auswanderer in die Vereinigten Staaten, politisch bedeutsam, stimmen die Rezensenten überein, einen spanischen voller literaturgeschichtlicher Querverweise, der Gefühlshaushalt einer Wiener GroÃdichterin oder amerikanische Avantgarde, manches enttäuschend, vieles erträglich, Entdeckungen darunter wie der junge Ungar, der die Mitjuroren ebenfalls begeisterte, es geht also gar nicht um die Qualität im einzelnen, meine bisherigen Bücher, ob gut oder schlecht, gebe ich sofort dabei, sondern den heutigen Roman als solchen, man muà hinhören, was innerhalb der heutigen Themen, Motive und Stile überhaupt sagbar ist, um wieder den Reichtum seiner Literatur zu achten, der nicht nur sprachlich mehr Möglichkeiten zur Verfügung stehen, Wirklichkeit zu erfassen, das Ungeordnete unserer Eindrücke, das Zufällige ihrer Verknüpfung, das Illusionäre, das jedem Satz anhängt, der ein Ich hat, die Lüge, zu der jeder Satz wird, der das Ich verleugnet. Vom Titan , den ich schlieÃlich entnervt beiseite legte, ohne die Unstimmigkeit allein meinem Zustand zuzuschreiben, vielmehr dem Kostümhaften des Sujets und dem Konzepthaften der Handlung, ging ich über zum vierten Band der Dünndruckausgabe, in dem ich auf das Leben des Quintus Fixlein aus fünfzehn Zettelkästen nebst einem MuÃteil und einigen Jus de tablette stieÃ, und verlief mich schon vor dem ersten Zettelkasten, wie die Kapitel heiÃen, aufs neue in seinen Einfällen, Vorrede nach Vorrede und diesmal zusätzlich noch die Geschichte der Vorrede, für die Disposition weitere Gleichnisse, die obligatorischen Appendixe und am Ende des Bandes mit kleineren erzählenden Schriften noch ein Buch, das nur aus einem Appendix besteht sowie dem Appendix jenes Appendix. Hier wird selbst dann eine Vorrede geschrieben, nur um eine Vorrede geschrieben zu haben, im Sinne des Zen-Meisters Baso Matsu könnte man sagen: eine Vorrede, die eine Vorrede ist: »Ich schreibe sie bloÃ, damit man nicht das erste Kapitel für eine nimmt und nicht dieses
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