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Nordatlantikpakts â sogar das Wachpersonal, das die Soldaten beschützt! â meist aus Ländern wie Nepal oder Indien stammen, erfolgt wiederum nicht aus Gründen der Hygiene, sondern der Sicherheit. Natürlich würde er lieber Afghanen einstellen, sagt der Küchenchef. Die seien billiger und dabei wirklich sympathisch. Aber das dürfe er nun einmal nicht, das sei im Vertrag ausdrücklich untersagt, und das müsse man verstehen. â Ja, natürlich, sagt der Berichterstatter. Aber auch in diesem Gespräch wie in so vielen gelangt er rasch an den Punkt, an dem auch sein Gegenüber nicht mehr versteht. â Also, wenn ich manchmal über alles nachdenke, dann wundere ich mich schon, sagt der Küchenchef, als sich der Berichterstatter nach dem Abendessen zu ihm und seinen nepalesischen und indischen Angestellten setzt. â Worüber? â Ãber alles halt, wie das so läuft. Wir sind hier in Afghanistan, aber mit Afghanistan hat das nichts zu tun, das Obst aus Südamerika, das Schnitzel aus Deutschland, das Wasser vom Persischen Golf, die Köche aus Nepal. â Da haben Sie wohl recht. â Aber richtig verrückt wird es erst bei den Amerikanern in Bagram. â Wieso? â Die gehen so weit, die lassen Hummer aus Kuba einfliegen. Aus Kuba! Stellen Sie sich das mal vor. Dann zuckt der Küchenchef, der gern mehr Afghanen einstellen würde und an dem es nun wirklich nicht liegt, daà das Land nicht vorankommt, melancholisch die Schultern. Aber woran liegt es?
0:51 Uhr afghanische Zeit, eine halbe Stunde früher als in Usbekistan, der 28. November 2008. Weil die Soldaten nicht mehr als täglich ein Bier trinken dürfen, feierte der Berichterstatter spontan Geburtstag und spendierte mit Erlaubnis des Ranghöchsten unter den Gästen des Café Milano, das nicht gemütlicher als die Abflughalle in Urgensch ist, allen Anwesenden eine zweite Dose: Winning hearts and minds lautet schlieÃlich der Schlachtruf, der jedes Powerpoint eröffnet. Der Photograph kann offenbar nicht schlafen, solange das einzige Licht im Raum brennt, eine Neonrohre, die noch die Pofalten ausleuchtet. Daà der Betonverhau, in dem selbst höherstehende Gäste untergebracht werden, in Europa nicht als Jugendherberge durchginge, soll vielleicht eine Demonstration sein. »Der Reisende von heute, der auf so viele andere folgt, möge sich also mit der gebührenden Bescheidenheit präsentieren und nicht meinen, daà er irgend jemanden in Erstaunen setzt«, schrieb schon Bouvier als Mahnung: »Dann werden ihn die Afghanen aufs beste empfangen. Im übrigen haben die meisten ihre Geschichte völlig vergessen.« Bevor er das Neonlicht ausschaltet, bedankt der Berichterstatter sich noch für die Kurzmitteilungen, die zu seinem Geburtstag eingegangen sind, und beantwortet die Fragen: »Bist du später noch in der Kneipe?« »Sonntag Stadion?«
Der Brigadegeneral und der Colonel haben eine imponierende Art: humorvoll, höflich, direkt, entwaffnend offen, entwaffnend in dem Sinne, daà sie einem die Argumente aus der Hand schlagen, indem sie sie bestätigen. Die afghanische Polizei, die von den Amerikanern und Deutschen ausgebildet wird? Wenig effektiv, schlecht geführt, korrupt, dazu eine Pyramide, die auf dem Kopf steht: mehr Offiziere als Wachleute. Die hohe Absprungquote? Kein Wunder, wenn ein Polizist, der von uns ausgebildet wurde, mehr verdient, wenn er anschlieÃend für uns putzt. Die Warlords, die der afghanische Präsident als Sicherheitschefs in der Provinz einsetzt? Gangster. Die Korruption? Raten Sie mal, warum der Bruder des Präsidenten so reich ist. Die Amerikaner? Well, ihre Polizeiausbildung ist im Gegensatz zur deutschen wirklich gut. Die Deutschen, wissen Sie, und der Colonel fängt an zu kichern, wissen Sie, die Deutschen sind sehr sehr gründlich, und das ist auch gut, das respektiere er, aber man bilde in Afghanistan eben keine Kommissare für den mittleren Dienst in einer europäischen Provinzstadt aus. Die Polizeiausbildung der Amerikaner hingegen sei vielleicht ein biÃchen oberflächlich, also versuche man jetzt einen Mittelweg zu gehen. Sehr schön, aber der Widerspruch zwischen dem Auftrag der Amerikaner und dem Auftrag des Nordatlantikpakts, zwischen dem Krieg gegen den Terror und dem Wiederaufbau? Hm, gute Frage. Der Süden? Was ist mit dem Süden, die Kämpfe, die vielen
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