Deine Spuren im Sand
Sie das?«
Berno hatte Röder nur schweigend angesehen. So lange, bis der sich abgewandt hatte. »Die Fotos und sämtliche Informationen sind mir per E-Mail geschickt worden. Von einem Informanten.«
»Was ist das für ein Informant?«
»Ein treuer Leser, der uns einen Gefallen tun wollte!«
»Kann man dem vertrauen? Was, wenn die Informationen gefälscht sind! Wenn die Fotos jemandem gehören, der auf sein Urheberrecht pocht!«
»Was spielt das für eine Rolle? Wir haben private Fotos von der Funke, die sonst keiner hat! Die Auflage ist weggegangen wie warme Semmeln. Welches Blatt sonst liefert seinen Lesern gleich die Urlaubsadresse eines Stars mit?« Röder hatte ihn mit einem Grinsen angesehen, das Berno nicht gefiel. »Warum interessiert Sie das eigentlich, Kaiser?« Dann hatte sich sein Gesicht in die Breite gezogen, sodass man beinahe von einem Lächeln reden konnte. »Ach ja, Sie kennen Emily Funke ja besser als alle anderen!«
Berno hatte kein zweites Mal gefragt, wie die Fotos, die er selbst von Emily gemacht hatte, in die Zeitung gekommen waren und woher Piet Röder wusste, dass Emily die Absicht gehabt hatte, Urlaub in Thailand zu machen.
Berno lauschte auf das Freizeichen, dann prallte die Stimme des Chefredakteurs an sein Ohr. »Endlich! Ich habe schon hundertmal versucht, Sie zu erreichen!«
Berno lächelte leicht. »Ich habe frei heute.«
»Es gibt was Wichtigeres als Ihren freien Tag!« Piet Röder holte tief Luft. »Emily Funke!« Eine winzige Stille trat ein, dann fuhr der Chefredakteur fort: »Sie ahnen nicht, was gestern in der Talkshow passiert ist.«
Berno schwieg. Mit Röder war viel besser umzugehen, wenn man ihm die Chance ließ, eine Sensation zu verkünden. Er liebte es, wenn ihm Verblüffung entgegenschlug und er den Informationsvorsprung genießen durfte. Also gab Berno sich ahnungslos, weil er wusste, dass er seinen Chefredakteur dann um den Finger wickeln konnte. Er hatte das dumme Gefühl, dass es nötig sein könnte.
»Kennen Sie diesen widerlichen Musikproduzenten? Diesen …«
»Konrad Kipp?«
»Genau den! Der hat damals die Funke, als sie ihren ersten Hit hatte, unter Vertrag nehmen wollen. Aber er hat sie nicht gekriegt, sie hat mit einer anderen Plattenfirma abgeschlossen. Seitdem sind die beiden sich spinnefeind. Aber … wem erzähle ich das?« Röder schwieg einen Moment, als wartete er auf eine Bestätigung von Berno. Immer, wenn von Emily Funke die Rede war, machte Piet Röder diese kurzen Pausen. Er hatte einmal ein Telefonat zwischen Berno und Emily belauscht und durchschaut, dass sich zwischen seinem Fotografen und der berühmten Sängerin etwas abspielte, von dem er gerne mehr erfahren hätte. Es war mühsam gewesen, Röder diese Idee auszureden, und bis heute glaubte Berno nicht, dass es ihm gelungen war. Aber zugeben? Das hätte er niemals getan! Nicht einmal jetzt, nachdem seine Liebe zu Emily zerbrochen war. Piet Röder war durch und durch Journalist. Der hätte nicht eher Ruhe gegeben, bis er aus Berno ein paar pikante Details herausgefragt hätte. Das Versprechen, keiner Seele etwas zu verraten, hätte er leichten Herzens gegeben und genauso leichten Herzens gebrochen. Wer Röder etwas anvertraute, musste sich am nächsten Morgen damit abfinden, dass die ganze Nation davon wusste.
Also hatte Berno eisern alles abgestritten, war aber nie den Verdacht losgeworden, dass sein Chefredakteur ihn bespitzelte, damit er demnächst aus sicherer Quelle und erster Hand etwas über Emily Funke erfuhr, was sonst niemand wusste und keine andere Zeitung im Blatt hatte.
Allerdings … nachdem die Close up lang und breit berichtet hatte, dass Emily Funke ihren nächsten Urlaub in Thailand verbringen würde und sogar mit dem Namen des Urlaubsortes und des Hotels aufwarten konnte, war Röder die Diskretion in Person gewesen, hatte dichtgehalten und den Namen seines Informanten nicht verraten. Er deckte jemanden, davon war Berno überzeugt. Jemanden, der es irgendwie geschafft hatte, seinen Computer zu knacken und seine privaten Dateien und Fotos zu kopieren.
»Die Funke ist eine couragierte Person«, fuhr Röder in diesem Augenblick fort. »Alle Achtung! Und Kipp ist ein selbstherrlicher Idiot! Der hat anscheinend wirklich geglaubt, dass niemand es wagt, ihm ans Bein zu pinkeln. Macht der die Funke an! Kotzt sich über ihre Plattenfirma aus! Und dann macht er sich noch ganz offen über den Film lustig, in dem sie mitgespielt hat. Aber das hat die Funke sich nicht
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