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Deine Spuren im Sand

Deine Spuren im Sand

Titel: Deine Spuren im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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hängen, weil sie schwer waren vom Gießwasser.
    Ich fuhr herum. Der alte Mann stand nahe der Kirche und schien mich zu beobachten. Oder irrte ich mich? Warf er nur einen Blick zurück auf den blühenden Kirchhof, der ein schönes, friedliches Bild abgab?
    Nun drehte er sich um und lief eilig davon. Ich wandte dem Grab meiner Eltern so lange den Rücken zu, bis ich nicht mehr damit rechnen konnte, dass ein Motor gestartet wurde und ein Auto davonfuhr. Er hatte den Friedhof wohl zu Fuß oder mit dem Fahrrad verlassen.
    Berno kam mit der ersten Dämmerung auf Sylt an. Erst während der Fahrt über den Hindenburgdamm hatte er darüber nachgedacht, wie er vorgehen wollte. Noch in Niebüll vor der Verladerampe war in ihm das sichere Gefühl gewesen, Emily auf Sylt nahe zu sein, so nahe, dass er sie finden, dass er sie nicht einmal suchen musste, dass er ihr begegnen würde, sobald er auf Sylt war. Erst während er im Bistro auf den Beginn des Verladens gewartet hatte, war ihm so richtig klar geworden, wie vernunftwidrig seine Zuversicht war, wie unwahrscheinlich es war, Emily zu finden. Zwar glaubte er fest daran, dass sie auf ihre Insel geflohen war, aber in welchen Ort? Und zu welchen Menschen? Verwandte hatte sie nicht mehr auf Sylt, Freunde auch nicht, und Fremden konnte sie nicht vertrauen. Was, wenn sie sich in irgendeiner Ferienwohnung vor ihren Verfolgern versteckte und diese nur nachts verließ? Wie sollte er sie dann finden?
    Er hatte im Bistro lange vor dem Zeitschriftenregal gestanden und auf die Sonderausgabe der Close up gestarrt. »Der Skandal um Emily Funke erschüttert sogar die Queen!« Während er diese Titelzeile betrachtete, hatte sich mindestens fünfmal ein Arm an ihm vorbeigeschoben und nach der Zeitung gegriffen. Keine Frage, die ganze Nation nahm Anteil an den Geschicken, die am Abend vorher entschieden worden waren. An dem der Prinzessin von und zu Salenburg, die gesellschaftlich unten durch war, an dem ihres Gemahls, der von der Einladungsliste der Queen gestrichen worden war, an dem Schicksal seiner Tochter und ihres Verlobten und dem Konrad Kipps, dem alle anderen Schicksale egal sein würden, weil sein eigenes ihn vermutlich noch ein Stück reicher und prominenter gemacht hatte. Und nicht zuletzt ging es um das Schicksal Emily Funkes und den Skandal, den sie ausgelöst hatte. Zwischen zwei Fischbrötchen wurde darüber diskutiert, ob man ihr vorwerfen musste, die junge Prinzessin um die Chance ihres Lebens gebracht zu haben, während an einem Stehtisch die einhellige Meinung bestand, dass auf keinen Fall Emily Funke schuld sei, sondern die Ehefrau des Prinzen, die sich auf einen bürgerlichen Großkotz wie Konrad Kipp eingelassen und damit alles andere heraufbeschworen hatte. »So was gehört sich einfach nicht für eine Hochwohlgeborene!« Genauso einhellig war man dort der Ansicht gewesen, dass Konrad Kipp von nun an nicht mehr nur ein Ekelpaket, sondern auch ein toller Hecht war. »Eine Prinzessin flachlegen! Donnerwetter! Und dann noch eine, die beinahe mit der Queen verwandt ist!« Die Biergläser schlugen aneinander, es gab keinen an diesem Stehtisch, der nicht genauso für Konrad Kipp war, wie er gegen ihn war.
    Während der Überfahrt hatte Berno keinen Blick für die Schönheiten des Watts gehabt. Ihm war klar geworden, dass seine Gefühle ihm die falschen Ideen eingegeben hatten. Wie war er darauf gekommen, Emily zu suchen? Sie würde sich von ihm genauso wenig finden lassen wollen wie von allen anderen. Und sollte er sie tatsächlich aufspüren, würde sie sich von ihm nicht beschützen lassen wollen. Nein, er hatte nur eine Aufgabe: Er musste dafür sorgen, dass Alex Traum sie nicht fand. Also musste er nicht nach Emily suchen, sondern nach seinem Kollegen. Und wenn er ihn gefunden hatte, musste er ihm auf den Fersen bleiben, um notfalls zu verhindern, dass Piet Röder an seine nächste Schlagzeile kam.
    Es hatte nur eines einzigen Anrufs bedurft, danach wusste Berno, wo Alex’ Vater wohnte, der soeben seinen siebzigsten Geburtstag gefeiert hatte. Also machte er sich, kaum dass er vom Autozug heruntergerollt war, auf den Weg nach Keitum.

6.
    W er pflegte das Grab meiner Eltern? Verwandte gab es keine, gute Freunde meiner Eltern auch nicht, Menschen, die es meinetwegen taten, fielen mir ebenfalls nicht ein. Aber es musste jemanden geben, dem es wichtig war, das Andenken meiner Eltern zu erhalten. Ich war gerührt, und ich hätte demjenigen gern gedankt.
    Eigentlich hatte ich

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