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Deine Spuren im Sand

Deine Spuren im Sand

Titel: Deine Spuren im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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gefolgt?«
    »Aufgefallen ist mir niemand! Aber diesem Gesindel ist alles zuzutrauen.«
    Ängstlich starrte ich auf seinen Rücken, als er vorsichtig die Balkontür öffnete. »Überleg dir erst, ob du wirklich morgen in der Bildzeitung stehen willst.«
    Entmutigt wich er zurück und drückte die Tür wieder zu. »Du meinst, es könnte wirklich jemand auf meinen Balkon gestiegen sein …«
    »… und eine Kamera um den Hals hängen haben? Ja, das meine ich!«
    So wütend riss er nun die Balkontür auf, dass jeder Sensationsreporter daran seine helle Freude gehabt hätte. Promis oder solche, die mit ihnen umgingen, wurden immer am liebsten im Zustand höchster Erregung abgelichtet.
    Aber das Blitzlichtgewitter, das ich erwartet hatte, blieb aus.
    »Ein Blumentopf ist umgekippt«, sagte Maik erleichtert und schloss die Tür wieder. Dann setzte er sich erneut zu mir und nahm mit einer feierlichen Geste meine Hand. »Der Wind! Hast du vergessen, dass es auf Sylt immer windig ist?«
    Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich darauf antworten musste. Sein Gesicht war plötzlich so nah, dass mir jedes Wort in den Augen stecken blieb.
    »Willst du wirklich bei mir bleiben?«, fragte er so leise, dass ich ihn kaum verstand.

10.
    S ie küssten sich!
    Berno blickte vorsichtig um den aufgestellten Fensterladen herum. Ja, sie küssten sich tatsächlich! Er umklammerte die Kante des Fensterladens so heftig, dass er leise knarrte, aber Sorgen brauchte er sich nicht zu machen. Das Paar auf dem roten Ledersofa hatte nur Ohren für das Geflüster des anderen. Und nun öffnete der Wirt sogar die hässliche Kapuzenjacke, die Emily trug, und sie … sie riss sie sich ungeduldig herunter und knöpfte mit fliegenden Fingern sein Hemd auf.
    Nein! Berno grub die Zähne in seine Lippen, um nicht zu schreien. Warum nur war er auf diesen Balkon gestiegen? Warum tat er sich das an? Am besten, er verschwand so schnell wie möglich von der Insel und fuhr nach Hamburg zurück, um dort seinen Job zu retten, indem er Piet Röder irgendein Märchen auftischte. Und dann konnte er nur noch darauf hoffen, dass Emily sich in der Wattrose so gut versteckt hatte, dass niemand sie auf der Insel entdeckte. Wenn in den nächsten Tagen ein Konkurrenzblatt ein Foto auf den Titel setzte, das Emily Funke auf Sylt zeigte, würde man ihn feuern, soviel stand fest. Berno konnte nur hoffen, dass Emily hier sicher war, dann bestand die schwache Hoffnung, dass Piet Röder ihm verzieh, Emily Funke in Süddeutschland aus den Augen verloren zu haben.
    Warum nur starrte er weiter durch das Fenster? Warum stieg er nicht einfach von diesem Balkon herunter und versuchte zu vergessen, was er gesehen hatte? Berno machte einen langen Hals, um über das Geländer in den Hof zu blicken. Nun erst wurde er sich seiner prekären Lage bewusst. Die Leiter stand nicht mehr am Geländer! Wie, um Himmels willen, sollte er von diesem Balkon herunterkommen? Springen? Unmöglich! Andererseits … welche Alternative hatte er? Abwarten, bis der Wirt der Wattrose am nächsten Morgen mit seiner Liebsten auf den Balkon trat, um in den blauen Himmel zu seufzen, wie wunderschön die vergangene Nacht gewesen war?
    Nein! Berno musste sich irgendwas einfallen lassen! Sich vom Geländer abseilen! An dem Fallrohr, das in der Nähe des Balkons nach unten führte, in den Küchenhof klettern! Oder durch die Balkontür in die Wohnung huschen und von dort auf die Straße!
    Aber welchen Entschluss er auch fasste, umsetzen konnte er ihn erst, nachdem hinter der Balkontür das Licht erloschen war. Das Abseilen konnte er vergessen, dazu fehlte ihm das Seil. Da die Balkontür verschlossen war, stand ihm der Weg durch die Wohnung auch nicht offen. Und das Fallrohr sah derart altersschwach aus, dass es in sich zusammenfallen würde, wenn er sich daran festklammerte. Vorausgesetzt, er würde es überhaupt erreichen! Der Gedanke, aufs Geländer zu klettern und den Meter bis zu diesem Rohr im Flug zu überwinden, war alles andere als motivierend.
    Blieb also nur der Sprung vom Balkon! Berno spürte, wie Kälte in ihm aufstieg. Dass diese Kälte nackte Angst war, gestand er sich noch nicht ein. Wenn Emily auch nichts von seiner Anwesenheit ahnte – einen Feigling sollte sie ihn nicht auch noch nennen, nachdem sie ihn einen Verräter geschimpft hatte.
    Berno richtete sich unmerklich auf. Frischer Mut machte ihn ein paar Zentimeter größer. Mit diesem entsetzlichen Wagnis würde er es Emily zeigen! Aber natürlich erst,

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